Israelische Soldaten haben auf einen Rettungswagen im Gazastreifen geschossen und Sanitäter getötet. Das Militär gibt jetzt Fehler zu: Es habe einen Regelverstoß gegeben.
20. April 2025, 22:26 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, iyf
Das israelische Militär hat nach der Tötung von 15 palästinensischen Sanitätern Fehler eingeräumt. Der Zwischenfall am 23. März, bei dem israelische Uniformierte auf Ambulanz- und Feuerwehrfahrzeuge der palästinensischen Rettungsdienste geschossen hatten, sei durch ein "operatives Missverständnis" hervorgerufen worden, hieß es in einer Pressemitteilung, die sich auf einen Untersuchungsbericht beruft.
In Rafah habe es drei bewaffnete Zwischenfälle gegeben – bei dem mit den Rettungsmannschaften habe es sich um den zweiten gehandelt, teilte das Militär mit. "Die Untersuchung stellte fest, dass der Schusswaffengebrauch in den beiden ersten Zwischenfällen aus einem operativen Missverständnis seitens der (israelischen) Truppe resultierte", hieß es. Die Soldaten hätten geglaubt, dass sie einer realen Bedrohung durch feindliche Kräfte ausgesetzt waren.
"Sie haben ein UN-Fahrzeug erkannt, und trotzdem geschossen"
Bei dem dritten Vorfall, in dem Soldaten auf ein UN-Fahrzeug geschossen haben, habe es jedoch einen klaren Regelverstoß gegeben. "Sie haben ein UN-Fahrzeug erkannt, und trotzdem geschossen", sagte Generalmajor Joav Har-Even, der die Untersuchung geleitet hatte, vor Journalisten in Tel Aviv. Dabei sei ein UN-Mitarbeiter getötet worden.
Das Militär empfiehlt Disziplinarmaßnahmen gegen die befehlshabenden Offiziere des in den Zwischenfall verwickelten Aufklärungsbataillons. Der Vize-Kommandeur des Bataillons, der die Aktion vor Ort befehligt hatte, werde seines Postens enthoben. Er habe einen "unvollständigen und unzutreffenden" Bericht vorgelegt. Der ihm vorgesetzte Brigadekommandeur erhalte eine Verwarnung.
Die Tötung der Rettungskräfte hatte international für große Empörung gesorgt. Israel hatte den Zwischenfall ursprünglich so dargestellt, dass die Rettungsfahrzeuge nicht markiert gewesen und ohne Blaulicht gefahren seien. Zwei Wochen später konnte der Palästinensische Rote Halbmond (PRCS) die Handykamera eines der getöteten Sanitäter sicherstellen. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, dass die Wagen als Rettungsfahrzeuge markiert waren und mit Blaulicht fuhren. Israel kündigte daraufhin eine Untersuchung des Vorfalls an. Schlechte Sicht habe die Soldaten – die Nachtsichtkameras getragen hätten – im Dunkeln daran gehindert, das Blaulicht zu erkennen, sagte Har-Even nun.
Laut Israel waren unter den Sanitätern Hamas-Mitglieder
In dem Bericht der israelischen Streitkräfte bedauert das Militär, dass unbeteiligten Zivilisten Schaden zugefügt wurden sei. Zugleich hält der Bericht fest, dass unter den 15 Getöteten sechs Hamas-Mitglieder gewesen seien. Diese hätten nicht gleichzeitig als Rettungssanitäter oder Mitglieder des Zivilschutzes gearbeitet, sagte Har-Even. In keinem der Fahrzeuge seien jedoch Waffen gefunden worden.
Vorwürfe gegen die Soldaten wies der Bericht zurück. Es habe keine Hinrichtungen gegeben und niemand sei an den Händen gefesselt worden. Ein Mann sei bei dem Einsatz aber festgenommen worden. Was ihm genau vorgeworfen wird, wurde nicht bekannt.
Zudem teilte die Armee mit, die Soldaten hätten die Leichen zunächst vergraben, um etwa wilde Tiere fernzuhalten. Einen Fehler hätten sie jedoch begangen, indem sie die Rettungsfahrzeuge demolierten. Es sei nicht versucht worden, den Vorfall zu vertuschen. Man habe vielmehr internationale Hilfsorganisationen über den Ort informiert, an dem die Leichen vergraben wurden.
"Auch wir finden, dass eine umfassende Untersuchung der Vorfälle notwendig ist"
Die deutsche Bundesregierung hatte die Forderungen nach einer Untersuchung unterstützt. "Auch wir finden, dass eine umfassende Untersuchung der Vorfälle notwendig ist", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Sie bezeichnete die Bilder aus Rafah als "bestürzend" und betonte, medizinisches Personal und humanitäre Helfer dürften niemals Ziel von Angriffen werden.