Naher Osten: Israel mobilisiert offenbar Zehntausende Reservisten

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Zehntausende Reservisten sollen Medienberichten zufolge in Israel mobilisiert werden, für eine Ausweitung der Kämpfe im Gazastreifen. Demnach sollte das Sicherheitskabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntagabend zusammentreten, um eben jene Neuausrichtung des Militärs zu autorisieren. Besprochen werden sollen der Zeitplan, der Umfang und die Zahl der zusätzlich eingesetzten Kräfte in Gaza. Die Zeitung Jedi'ot Acharonot zitierte einen Armeegeneral, der sagte, man stehe vor einer „bedeutenden Veränderung“, einer breit angelegten Operation „in großen Gebieten, in denen wir bislang nicht operiert haben“.

Bereits jetzt sind mehr als zwei Drittel des dicht von Palästinensern besiedelten Küstenstreifens zu No-go-Zonen oder Evakuierungsgebieten erklärt worden. Hilfsorganisationen, die noch in Gaza arbeiten, berichten von katastrophalen Zuständen, von Hunger und sehr begrenzten Wasserressourcen. „Seit zwei Monaten sind Kinder im Gazastreifen unerbittlichen Bombardierungen ausgesetzt und sind von lebenswichtigen Hilfsgütern, Dienstleistungen und Versorgung abgeschnitten“, heißt es etwa in einem Statement des Kinderhilfswerks Unicef, welches die anhaltende Blockade Israels sämtlicher humanitärer Hilfe nach Gaza kritisiert: Mit jedem weiteren Tag wachse „das Risiko der Kinder, durch Hunger, Krankheit und Tod“ zu sterben: „Das ist durch nichts zu rechtfertigen.“

Am Samstag waren Tausende Israelis auf die Straße gegangen, um für ein Ende des Krieges zu demonstrieren

Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Gebäude im Süden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben zuletzt mindestens elf Menschen getötet worden. Darunter seien auch Frauen und Minderjährige gewesen, teilte ein Sprecher des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes mit. Eine israelische Armeesprecherin sagte, es habe einen Angriff auf einen Hamas-Terroristen in der Gegend gegeben.

Die jüngste Ankündigung einer Ausweitung der Kämpfe in Gaza folgt einem gerade erst gescheiterten Versuch, eine Verhandlungslösung zwischen Israel und Hamas zu erwirken – und deutlich schärferen Aussagen der israelischen Regierung in den vergangenen Tagen. So hatte Netanjahu erstmals ausgesprochen, dass die Befreiung der 59 israelischen Geiseln, die sich derzeit noch in Gaza befinden und von denen wohl noch mehr als 20 am Leben sind, nicht mehr das „oberste Ziel“ des Krieges sei. Offiziell folgt Israels Militäroperation dem Ziel, die Geiseln zu befreien und auch, die islamistische Palästinenserorganisation Hamas aus Gaza zu vertreiben.

Am Samstagabend waren wieder Tausende Israelis auf die Straße gegangen, um für ein Ende des Krieges und ein Abkommen zu demonstrieren, das die Geiseln befreit. Eine Mehrheit der Israelis lehnt mittlerweile den Krieg ab, zuletzt protestierten auch Ex-Soldaten und Reservisten mit Briefen gegen den Militäreinsatz.

Verteidigungsminister Israel Katz drohte nach dem Angriff mit einem Gegenschlag

Am Sonntagmorgen war eine aus Jemen abgefeuerte Rakete der Huthi-Miliz in der Nähe des Flughafens von Tel Aviv eingeschlagen. Die in Israel hoch entwickelte Luftabwehr hatte in diesem Fall versagt. Trotz mehrerer Versuche, hieß es, habe sie das Geschoss nicht stoppen können. In zahlreichen Gebieten Israels heulten während des Angriffs Warnsirenen, darunter auch in Tel Aviv und Jerusalem. Der Flugverkehr wurde zeitweilig unterbrochen und die Zufahrtsstraßen zum Flughafen wurden vorübergehend gesperrt. Seit Israels Armee die Angriffe in Gaza am 18. März wieder aufgenommen hat, feuert auch die Huthi-Miliz aus Solidarität mit der Hamas wieder regelmäßig Geschosse Richtung Israel. Die mit Iran verbündete Gruppe reklamierte den Angriff auf den Tel Aviver Flughafen für sich. Sie habe mit einer „Hyperschallrakete“ auf den Flughafen Ben Gurion gezielt, hieß es in einer Erklärung. Die Huthi forderten internationale Airlines auf, den Flughafen aus Sicherheitsgründen zu meiden.

Verteidigungsminister Israel Katz drohte nach dem Angriff mit einem Gegenschlag, der um ein Vielfaches härter sein solle: „Wer uns angreift, gegen den werden wir siebenfach zurückschlagen“, teilte Katz mit, offenbar mit einem religiösen Bezug. Israels Armee hatte seit rund vier Monaten selbst keine Ziele in Jemen mehr angegriffen – wohl in Abstimmung mit den USA, deren Militär seit März immer wieder Ziele der Huthi bombardiert.

Mehrere Fluglinien reagierten auf den Vorfall und setzten ihre Flüge von und nach Tel Aviv vorerst aus, darunter auch die Lufthansa-Gruppe. Die Maßnahme soll bis einschließlich 6. Mai gelten, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Der Grund sei die drohende Ausweitung des Konflikts. Betroffene Gäste würden benachrichtigt und bei Verfügbarkeit auf alternative Flüge umgebucht. Betroffen sind damit unter anderem die Fluglinien Lufthansa und Swiss sowie der Cargo-Transport.

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