Es gibt viele gute Gründe, Franken zu bereisen, die traumhaften Landschaften zum Wandern oder Radeln, dazu legendäre Schlösser und bedeutende Klöster, deren Besuch lohnt. Den Bierfreund erwartet die höchste Brauereidichte Europas, und Weintrinker setzen auf die guten Tropfen der Region, deren Wurst- und Brotspezialitäten ebenfalls den Ruf großer Köstlichkeit genießen. Dann noch die Musik: In Bayreuth starten jetzt die Richard-Wagner-Festspiele, gleich setzt dann auch die Bachwoche in Ansbach ein, und im Pommersfeldener Schloss haben junge Musici ihr mehrwöchiges Musizieren schon begonnen.
In Bamberg nutzen die Kunst- und Antiquitätenhändler zum dreißigsten Mal die Gelegenheit, Besucher des fränkischen Musiksommers zum Augenschmaus zu bitten. Während die Instrumente Pause haben, so die Erfahrung, kommt man gern auf einen Sprung vorbei, streift durch die vielleicht schönste Altstadt Deutschlands und kann in den pittoresken Gassen die dicht beieinanderliegenden Kunsthandlungen aufsuchen. Davon gab es mal einige mehr, doch der harte Kern ist weiterhin hochaktiv.

Das Geschäft, das Walter Senger, einst Mitbegründer und treibende Kraft der Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen, der nächsten Generation übertrug, setzt weiterhin auf alte Kunst, erweitert aber das Angebot kontinuierlich um Werke der Moderne. Die Wand neben den bildschönen Relieffiguren der heiligen Genoveva und Dorothea, von Jörg Lederer um 1525 geschnitzt und in originaler Fassung erhalten (280.000 Euro), schmückt deshalb eine Gouache, die Marianne von Werefkin 1919 vom sommerlichen Garten ihres Künstlerfreundes Cuno Amiet anfertigte und auf der Rückseite beschriftete (185.000). Auch teilen sich nun Arbeiten aus den Werkstätten von Lucas Cranach oder Tilman Riemenschneider das Interesse mit zeitgenössischen Gemälden wie einem Kornerntebild von Seo. Die gebürtige Südkoreanerin war Meisterschülerin von Georg Baselitz. Laut Senger-Geschäftsführer und -schwiegersohn Thomas Herzog reagieren vor allem jüngere Passanten positiv auf die offenbar Schwellenangst senkende Mischung.
Vom Mittelalter zur Moderne
Einen ersten Schritt in diese Richtung setzen die ausgewiesenen Generalisten Christian Eduard Franke-Landwers, der jetzt privat nurmehr Landwers heißt, und Christoph von Seckendorff mit Bildern des Tiroler Bergdorfmalers Alfons Walde. Doch muss man sie fast wie Stecknadeln im Heuhaufen suchen, so reichlich sind beide Geschäftsetagen mit edelster Möbelkunst und Kunsthandwerk, Gemälden und Skulpturen angefüllt. In einer Vitrine sitzt eine kleine rote Katze, kaum drei Zentimeter hoch, und funkelt aus grünen Demantoid-Augen. Sie wurde um 1900 bei Fabergé aus Purpurin geschnitzt, einem roten, opaken, nach altem Rezept hergestellten Gemisch aus Glas und anderen Ingredienzien. Die Echtheit der Preziose garantiert eine Expertise Alexander von Solodkoffs (156.000). Ein anderes Tier liegt auf dem Deckel einer Fayenceterrine. Es ist ein Hase, der anzeigt, welche Pastetensorte darin um 1790 in Frankreich serviert wurde (18.600).
Wie emsig es Mitte desselben Jahrhunderts in Malerei- und Bildhauerateliers zuging, hat J. G. Fux etliche Arbeitsschritte abbildend auf einem Gemäldepaar geschildert, das Matthias Wenzel für 28.000 Euro anbietet. Auch er ist Generalist, hat eine große gotische Madonnenfigur schwäbischer Herkunft im Angebot. Das Kind in ihrem Arm spielt mit einem Distelfink (39.000). Ein Blickfänger im nächsten Raum, die bunte Fotoarbeit „Bounty Flowers,“ lädt zu einem Besuch ihres Schöpfers Thomas Eller. Im nah gelegenen Fachwerkdorf Mürsbach betreibt der Künstler und heutige Galerist The Gallery in einer alten Wassermühle. Aktuell präsentiert er deutsches Informel und zeitgenössische Kunst aus China und Amerika.

Seit mehr als 45 Jahren führt Julia Heiss ihr Silberkontor in ungebrochener Begeisterung für die dänischen Schmieden. Sechs Gefäße, die Georg Jensen in den Zwanzigerjahren entwarf, könnte man für Eierbecher halten, wäre nicht der Traubendekor am Fuß. Also sind sie für ein Schlückchen Wein gedacht oder einen Grappa. Eine Arbeit unserer Zeit steht mit Erik Sjodahls Paar schmaler hoher Silberleuchter auf ovalem Fuß bereit (3500). Das Silberkontor sitzt in einem kleinen gotischen Haus, ein Beispiel für die mittelalterliche Basis der später großenteils barockisierten Altstadt.
Auch das Geschäftshaus des Ehepaars Schmidt-Felderhoff stammt im Kern von 1307 und wurde von den beiden mit der eigenen Werkstatt vorbildlich restauriert. Zu ihren Neuerrungenschaften zählt ein figurenbekröntes bronzenes Tintenfass auf Raubtierkrallen, welches dem Renaissancebildhauer Severo Calzetta zugeschrieben wird (8500). Ein besonderes Erlebnis ist der Gang durchs phantastisch schöne Palais Bibra, das der große Barockarchitekt Johann Dientzenhofer entwarf. Das darin ansässige Auktionshaus Schlosser versteigert am heutigen Samstag im stuckgeschmückten Saal Kunsthandwerk und Antiquitäten vom gotischen Buffet alpenländischer Herkunft (Taxe 3200 Euro) bis zur mächtigen, prismenbehängten Reifenkrone Karl Friedrich Schinkels mit zwölf Leuchterarmen (32.000).
Internationale Einlieferungen, wie man sie aus Großstädten nicht besser kennt, treffen hier auf ebensolche Nachfrage und dürften auch den ortsansässigen Händlern immer wieder als Nachschubquelle dienen. Fünfzehn Jahre lang hat Fiona Freifrau Loeffelholz von Colberg die Kunst- und Antiquitätenwochen organisiert. Jetzt will sie sich neuen Aufgaben widmen – und es ist an den Händlern zu überlegen, wie es mit dem beliebten Format weitergehen soll.
Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen. Bis 23. August, montags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 16 Uhr