krimi: Eine Frage der Dramaturgie

vor 1 Tag 3
© Sebastian König für DIE ZEIT

Aus der Serie: Literaturkolumne

Wenn das Handwerk stimmt: Warum man den Thriller "Eisfeld" von Steffen Weinert lesen sollte.

 Leistungsschau bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe auf dem Flugplatz Rechlin
Leistungsschau bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe auf dem Flugplatz Rechlin © Hanns Hubmann/​bpk

Am Ende der Lesung stand plötzlich ein alter Mann vor uns: "Ich wollte Ihnen nur sagen, wie unglaublich wichtig dieses Buch für mich war und ist", sagte er. "Meine Familie stammt von hier. Mein Onkel war auch Pilot, auch er ist hier gestorben. Sie sind gestorben wie die Fliegen. Wir durften nie darüber sprechen. Aber plötzlich gab es dieses Buch. Es erinnert an unsere Toten."

Das Buch heißt Sterben war ihr täglich Brot. Es ist erstmals im Jahr 1958 erschienen und handelt von den Piloten, die während des Zweiten Weltkriegs in der Flugversuchsanstalt Rechlin an der Müritz die neuesten Düsenjäger testeten. Testen bedeutete oft: sterben. Die Piloten waren Versuchskaninchen der besonderen Art. Wann genau ist der kritische Punkt erreicht, an dem sich eine Maschine im Sturzflug nicht mehr nach oben reißen lässt? So was zum Beispiel mussten sie testen. Mehr als 300 Piloten kamen in Rechlin bei diesen Übungsflügen ums Leben. Alles war geheime Reichssache, alles wurde verschwiegen, auch das Sterben. Das Buch hat unser Vater geschrieben, Norbert Lebert. Dieses Mal verzichtete er auf sein Pseudonym Landorff, das wir Brüder uns für einige Krimis und für diese Kolumne ausgeliehen haben. Aus den realen Rechlin-Akten, die ihm damals zugespielt wurden, montierte der Vater den dramatischen Thriller. Wie leben junge Männer im Spiegelbild des allgegenwärtigen Todes? Wen lieben sie? Wovon träumen sie?

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