Krieg in Nahost: Tausende Demonstranten in Israel fordern Ende des Gaza-Kriegs

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Wichtige Updates

Wadephul: „Unser Platz ist im Zweifel an der Seite Israels"

Trump an Israels Justiz: Lasst Netanjahu gehen

Trump schließt neue Angriffe auf Iran bei erneuter Urananreicherung nicht aus

Trump rechnet nächste Woche mit Waffenruhe im Gaza-Krieg

Bericht: Ermittlungen wegen Toten bei Verteilzentren in Gaza

Tausende Demonstranten in Israel fordern Ende des Gaza-Kriegs 

In Israel haben Tausende Menschen für ein Ende des Krieges im Gazastreifen und die Freilassung der dort festgehaltenen Geiseln demonstriert. Auf einer Kundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv rief eine frühere Geisel laut Medienberichten die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie US-Präsident Donald Trump auf: „Sie haben eine mutige Entscheidung zu Iran getroffen. Treffen Sie nun eine mutige Entscheidung, die die Kämpfe in Gaza beendet und alle (Geiseln) zurückbringt“. Die Demonstrantin bezog sich dabei auf die kürzlich erzielte Waffenruhe zwischen Israel und Iran. 

Trump hatte am Freitag gesagt, er gehe davon aus, dass „innerhalb der nächsten Woche“ eine Waffenruhe auch in Gaza erreicht werden könne. Israelische Beamte dämpften laut Medienberichten jedoch die Erwartungen. Demnach habe es bislang keine bedeutende Veränderung in den Positionen beider Seiten in den wichtigsten Streitpunkten gegeben, darunter die Forderung der Terrororganisation Hamas nach Garantien für ein Ende des Krieges in Gaza. 

Wadephul: „Unser Platz ist im Zweifel an der Seite Israels"

Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat auf einer Veranstaltung der Wochenzeitung Zeit Verständnis für den israelischen Angriff auf Iran gezeigt. „Wir Deutschen haben nicht alle nachrichtendienstlichen Informationen, die die Vereinigten Staaten und auch die Israelis haben. Sie haben uns gesagt, dass das aus ihrer Sicht notwendig ist und das müssen wir so akzeptieren", so Wadephul gegenüber der Zeitung. Israel habe wegen der wiederholten Angriffe Irans in der Vergangenheit ernsthafte Gründe, Maßnahmen zu ergreifen. „Dann ist unser Platz im Zweifel an der Seite Israels", so der Außenminister. Es seien aber „vernünftige Zweifel daran erlaubt", ob das iranische Atomprogramm vollständig zerstört wurde.

Wadephul äußerte auch deutliche Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen. Trotz der Verantwortung gegenüber den Jüdinnen und Juden weltweit und in Deutschland habe man das Recht, Politik zu kritisieren, die im Staat Israel von der jeweiligen Regierung gemacht werde. Laut Wadephul ist ein Waffenstillstand zwischen der islamistischen Hamas und Israel fast erreicht. Darüber würden im Hintergrund viele Gespräche geführt. Auf die Frage nach einem möglichen Stopp deutscher Waffenlieferungen an Israel wollte er keine Auskunft geben. „Wir unterstützen Israel mit Waffen, schon immer. Weil wir der Existenz und der Sicherheit Israels verpflichtet sind", sagte der Außenminister im Gespräch mit der Zeitung. 

Trump an Israels Justiz: Lasst Netanjahu gehen

US-Präsident Donald Trump wirft Israels Justiz öffentlich vor, mit dem Korruptionsverfahren gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Bemühungen um ein Abkommen im Gaza-Krieg und mit Iran zu behindern. „Das ist eine POLITISCHE HEXENJAGD, ganz ähnlich wie die Hexenjagd, die ich erdulden musste“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. „Diese Farce der 'Gerechtigkeit' wird sowohl die Verhandlungen mit Iran als auch mit der Hamas beeinträchtigen“. Damit wettert Trump zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage gegen Israels Justiz.

Gegen Netanjahu läuft seit fünf Jahren ein Korruptionsprozess. Er ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Anfang des Monats sagte er erstmals im Kreuzverhör aus. Laut der Times of Israel wird erwartet, dass das Verhör bald fortgesetzt wird. „Es ist Wahnsinn, was die außer Kontrolle geratenen Staatsanwälte Bibi Netanjahu antun“, schrieb Trump, der selbst immer wieder Ärger mit der Justiz im eigenen Land hat. Netanjahus Spitzname Bibi ist eine Kurzform seines Vornamens.

„Er ist ein Kriegsheld und ein Ministerpräsident, der zusammen mit den Vereinigten Staaten großartige Arbeit geleistet hat, um die gefährliche nukleare Bedrohung in Iran erfolgreich zu beseitigen. Wichtig ist, dass er gerade dabei ist, ein Abkommen mit der Hamas auszuhandeln, das auch die Rückführung der Geiseln beinhaltet“, fügte der US-Präsident hinzu. „LASST BIBI GEHEN, ER HAT EINE GROSSE AUFGABE ZU ERFÜLLEN!“ Erst vor wenigen Tagen hatte Trump auf seiner Plattform gewettert, er sei „schockiert“, dass der Staat Israel „die lächerliche Hexenjagd gegen seinen Ministerpräsidenten fortsetzt“. 

Festnahmen und Verletzte bei propalästinensischer Demo

Bei einer propalästinensischen Demonstration in Berlin sind drei Einsatzkräfte verletzt und 14 Menschen festgenommen worden. Das postete die Berliner Polizei auf der Plattform X. 

An dem Protestzug von Tempelhof nach Kreuzberg unter dem Titel „Solidarität mit Palästina Stoppt den Gaza Genozid Keine Waffenlieferungen an Israel“ nahmen laut Polizei 400 Menschen teil. Dabei wurden den Angaben zufolge mehrfach Journalisten bei ihrer Arbeit behindert.

Zudem seien wiederholt strafbare Ausrufe skandiert worden. Bei der Festnahme mehrerer Personen hätten Einsatzkräfte unmittelbaren Zwang anwenden müssen, da andere Demonstrierende die Festnahmen verhindern wollten, teilte die Polizei mit.

GHF-Sprecher: Haben keine Kenntnisse über Zwischenfälle an Verteilungsstellen

In einer Erklärung am späten Freitagabend sagte ein Sprecher der umstrittenen Hilfsorganisation GHF im Gazastreifen, dass es bisher keine Zwischenfälle oder Todesopfer an oder in der unmittelbaren Umgebung der Verteilungsstellen gegeben habe. „Die GHF hat keine Kenntnis von diesen Vorfällen, aber diese Anschuldigungen sind zu schwerwiegend, um sie zu ignorieren, und wir fordern Israel daher auf, sie zu untersuchen und die Ergebnisse zeitnah und transparent zu veröffentlichen“, so der Sprecher. In der Erklärung heißt es weiter, dass das israelische Militär die Aufgabe habe, allen humanitären Organisationen, die im Gazastreifen tätig seien, einschließlich der GHF, sicheres Geleit zu gewähren. 

Tausende Menschen versammeln sich täglich vor den Verteilungszentren und warten auf die nächsten Lebensmittellieferungen, aber fast täglich gibt es Berichte über Schießereien und Tote auf den Zufahrtswegen. Nach Angaben von Medizinern wurden am Freitag erneut sechs Menschen durch Schüsse getötet, als sie versuchten, im südlichen Gazastreifen Lebensmittel zu erhalten.

Trump schließt neue Angriffe auf Iran bei erneuter Urananreicherung nicht aus

US-Präsident Donald Trump hat am Freitag Irans obersten Führer Ayatollah Ali Chamenei scharf kritisiert und seine Pläne zur Aufhebung von Sanktionen gegen Iran fallen gelassen. Er ziehe auch einen neuen Angriff auf Iran „ohne Frage“ in Betracht, sollte Teheran Uran wieder in besorgniserregendem Umfang anreichern, sagte Trump auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Trump sagte auch, dass er in den vergangenen Tagen an einer möglichen Aufhebung der Sanktionen gegen Iran gearbeitet habe, um dem Land eine Chance zu geben. Diese Bemühungen habe er aber nun aufgrund von Chameneis Äußerungen aufgegeben. „Ich habe eine Erklärung voller Wut, Hass und Abscheu erhalten und sofort alle Bemühungen um eine Aufhebung der Sanktionen und mehr eingestellt“, sagte er.

Trump reagierte damit auf die erste Stellungnahme Chameneis nach dem zwölftägigen Konflikt mit Israel, der am vergangenen Wochenende endete. Chamenei sagte, Iran habe Amerika „ins Gesicht geschlagen“, indem er nach dem US-Bombenangriff einen Angriff auf einen wichtigen US-Stützpunkt in Katar startete. Er sagte auch, dass Iran niemals kapitulieren werde. Trump dagegen betonte, das Leben des obersten Führers in Iran extra verschont zu haben: „Sein Land wurde dezimiert, seine drei bösen Atomanlagen wurden zerstört, und ich wusste genau, wo er sich versteckt hielt, und ich würde nicht zulassen, dass Israel oder die US-Streitkräfte, die bei Weitem die größten und mächtigsten der Welt sind, sein Leben beenden“, schrieb er in einem Social-Media-Post.

Der Außenminister Irans, Abbas Araghchi, schrieb am frühen Samstagmorgen auf X, Trump solle seinen „respektlosen und inakzeptablen Ton“ gegenüber dem Obersten Führer ablegen und „aufhören, seine Millionen Anhänger zu verletzen“, wenn er wirklich ein Atomabkommen mit Iran abschließen wolle.

Trump zufolge strebt Iran nach den Bombenangriffen der USA und Israels den Bau einer Atomwaffe nicht mehr an. Er bezeichnete Iran als „erschöpft“ und würde es begrüßen, wenn Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA die iranischen Atomanlagen inspizieren könnten, nachdem diese am vergangenen Wochenende bombardiert worden waren. Das iranische Parlament stimmte jedoch am Mittwoch der Aussetzung solcher Inspektionen zu.

Trump rechnet nächste Woche mit Waffenruhe im Gaza-Krieg

US-Präsident Donald Trump rechnet mit einer Waffenruhe im Gaza-Krieg in der kommenden Woche. Man sei nahe dran, er habe erst kürzlich mit einigen Beteiligten gesprochen, sagte Trump – wohl mit Blick auf laufende Vermittlungsbemühungen. Auf die Frage eines Journalisten, wie nahe man einer Waffenruhe im Gaza-Krieg sei, sagte der Präsident im Weißen Haus: „Wir denken, dass wir innerhalb der nächsten Woche eine Waffenruhe bekommen.“ Trump nannte dazu keine weiteren Details. Es blieb unklar, worauf sich seine Aussage stützte.

Die Vermittler Katar und Ägypten bemühen sich seit Langem, eine neue Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas zu vereinbaren. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung sollen auch die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln freikommen und viele palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Immer mehr kehren nach Teheran zurück

Seit Beginn der Waffenruhe mit Israel kehren immer mehr Menschen in die iranische Hauptstadt Teheran zurück. Das berichten Einwohner der Stadt und lokale Medien. Viele Bewohner der Millionenstadt waren vor den israelischen Angriffen vor allem in den Norden ans Kaspische Meer oder in die gebirgige Region im Osten des Landes geflohen. Ein Alltag wie vor dem Krieg herrscht in Teheran allerdings weiter nicht.

Bewohner sagen, sie litten weiter unter Angst und Panik und erzählen, sie hätten nach wie vor einen gepackten Koffer bereitstehen. Andere sagen, sie seien auch aus finanziellen Gründen wieder zurückgekehrt, da sie sich Hotels oder andere Ausweichunterkünfte nicht auf Dauer leisten könnten.

Bericht: Ermittlungen wegen Toten bei Verteilzentren in Gaza

Israels Militärstaatsanwaltschaft ermittelt einem Zeitungsbericht zufolge wegen möglicher Kriegsverbrechen in Zusammenhang mit Schüssen auf Palästinenser in der Nähe von Hilfszentren im Gazastreifen. Wie die Tageszeitung Haaretz berichtet, soll die Untersuchungseinheit beim Generalstab der Streitkräfte prüfen, ob israelische Soldaten, die die Verteilzentren der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) sichern sollten, gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen haben.

Nach UN-Angaben sollen im Umfeld der Essensverteilung der GHF seit Ende Mai mindestens 410 Palästinenser getötet worden sein. In fast allen Fällen sollen israelische Soldaten ohne Anlass auf unbewaffnete Menschenmengen geschossen haben, die sich vor der Öffnung dieser Zentren angestellt hatten.

Dem Haaretz-Bericht zufolge bestätigen beteiligte Soldaten und Offiziere die unbegründete Tötung von Palästinensern in der Nähe der Verteilzentren. Demnach würden die Soldaten auf die Menschen feuern, um sie von den Zentren fernzuhalten, bevor sie öffnen. „Es ist eine Todeszone“, zitierte das Blatt einen Armeeangehörigen, der selbst vor Ort war. „Sie werden wie eine Feindmacht behandelt, da gibt es keine Maßnahmen zur Kontrolle von Menschenmengen, kein Tränengas, nur Feuer aus allen erdenklichen Waffen, aus Maschinengewehren, Granatwerfern, Mörsern.“ Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, das Militär habe mitgeteilt, dass die israelischen Verteidigungsstreitkräfte ihre Soldaten nicht angewiesen hätten, absichtlich auf Zivilisten zu schießen.

Die GHF-Zentren werden von privaten amerikanischen Sicherheitsfirmen betrieben, das weitere Umfeld soll von israelischen Einheiten gesichert werden. Dabei handelt es sich um klassische Kampftruppen, die für die Kontrolle von Menschenmengen nicht ausgebildet sind. „Unsere Art der Kommunikation (mit palästinensischen Hilfsbedürftigen) ist zu schießen“, zitierte Haaretz den beteiligten Soldaten.

Der Bericht schlug in Israel hohe Wellen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz bezeichneten ihn in einer gemeinsamen Erklärung als „böswillige Lüge“. Diese würde nur dazu dienen, um „die moralischste Armee der Welt zu diffamieren“. Frühere Vorwürfe, das Militär würde willkürlich auf Palästinenser im Umfeld der GHF-Zentren schießen, hatte die Armee mit dem Argument zurückgewiesen, dass in allen diesen Fällen für die betroffenen Soldaten eine Bedrohung geherrscht habe.

Philipp Saul

Bericht: Milliardeninvestitionen in Irans ziviles Atomprogramm in Aussicht

Um der iranischen Regierung eine Rückkehr an den Verhandlungstisch schmackhaft zu machen, wird laut einem Bericht von CNN in Washington über ein milliardenschweres Investitionspaket in ein ziviles Atomprogramm in Iran diskutiert. Bedingung sei, dass künftig kein Uran mehr angereicht werde, berichtete der US-Sender unter Berufung auf mehrere mit den Plänen vertraute Personen.

Neben Investitionen von bis zu 30 Milliarden US-Dollar in das zivile Atomprogramm sei die Aufhebung einiger Sanktionen gegen den Iran sowie die Freigabe gesperrter Bankkonten bei ausländischen Banken im Gespräch. An den Überlegungen seien neben den Vereinigten Staaten auch mehrere arabische Länder beteiligt, die nach der Vorstellung der US-Regierung die Investitionen stemmen sollen, hieß es in dem Bericht. 

Juri Auel

Wadephul zu Iran-Verhandlungen: „Wir haben einen echten Trumpf“ 

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sieht die Europäer bei möglichen Verhandlungen mit Iran über dessen Atomprogramm in einer guten Position. „Wir haben ein ganz gutes Blatt“, sagte Wadephul in der ZDF-Talksendung „Maybrit Illner“. Die Europäer könnten mit dem sogenannten Snapback-Mechanismus Sanktionen gegen Teheran auslösen. „Wir haben einen echten Trumpf. Das weiß man in Washington und das werden wir gemeinsam abgestimmt nutzen.“ Ziel sei es weiter, zu einer Verhandlungslösung zu kommen.

Das Wiener Abkommen von 2015 zum iranischen Atomprogramm läuft – auch wenn es faktisch nicht mehr angewendet wird – formal im Oktober 2025 aus. Bis dahin bleibt den Europäern als Mitunterzeichnern die Möglichkeit, über den sogenannten Snapback-Mechanismus frühere und strenge UN-Sanktionen gegen Iran ohne großen Widerstand wieder in Kraft zu setzen. Wadephul betonte, er stehe in Kontakt mit den USA, aber auch mit seinem iranischen Kollegen. Die aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien bestehenden sogenannten E3 seien „diejenigen, die mit den Iranern sprechen“ und zu ihnen Kontakte herstellten.

Am Donnerstag hatte der iranische Außenminister Abbas Araghchi gesagt, bei dem Treffen Irans mit den Außenministern der E3 in Genf vergangene Woche sei „eines der kontroversen Themen“ die mögliche Aktivierung des Snapback-Mechanismus für Sanktionen gegen sein Land durch den UN-Sicherheitsrat gewesen. Bei dem Treffen habe er klargestellt, „dass die Nutzung dieses Mechanismus der größte strategische Fehler wäre, der die Rolle Europas in den Atomverhandlungen für immer beenden würde“.

Wadephul sprach sich erneut dafür aus, im Israel-Iran-Konflikt gemeinsam auf eine Verhandlungslösung hinzuarbeiten. „Ich bleibe dabei, dass am Ende nur eine Verhandlungslösung zum Ziel führt“, sagte er. Er halte es mit dem früheren amerikanischen Außenminister John Kerry, der gesagt habe, man könne nicht alle Fähigkeiten, alle Menschen und alle Techniken wegbomben. „Das ist richtig.“

Felix Stephan hat sich die Sendung angeschaut (SZ Plus):

Christoph Heinlein

Irans Außenminister kritisiert deutschen Kanzler

Gegenüber dem iranischen Staatsrundfunk hat Außenminister Abbas Araghtschi auch die Europäer angesprochen. Die E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien - insbesondere Deutschland - müssten erklären, welchen Stellenwert das Völkerrecht in ihrer Politik habe, sagte er. Völkerrechtsexperten hatten den Angriff der USA und Israels auf die Atomanlagen als rechtswidrig eingestuft.

Araghtschi fragte zudem, wie es sein könne, dass der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz mit hässlicher Rhetorik behaupte, Israel habe die „Drecksarbeit“ vollbracht und die Aggressionen Israels als etwas darstelle, wonach sich alle gesehnt hätten. 

Der Außenminister warnte vor einer Wiedereinsetzung früherer Sanktionen gegen sein Land durch die E3-Staaten. Dies würde die Rolle Europas in den Atomverhandlungen für immer beenden, so Araghtschi. 

Christoph Heinlein

Irans Außenminister: Schäden an Atomanlagen „erheblich“

Als erster hochrangiger Regierungsvertreter Irans hat sich Außenminister Abbas Araghchi zu den Folgen der Angriffe der USA auf das Atomprogramm seines Landes geäußert. Die Schäden seien „erheblich“, sagte Araghchi dem Staatssender Irib. Die Behörden seien dabei, die neuen Gegebenheiten für das iranische Atomprogramm herauszuarbeiten. Das werde auch die künftige diplomatische Haltung Irans beeinflussen. 

Zu möglichen neuen Atomverhandlungen mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump äußerte sich der Außenminister zurückhaltend. „Was die Verhandlungen mit den USA betrifft, so evaluieren wir gerade, was das Beste für unsere nationalen Interessen ist“, sagte Araghchi. Bislang gebe es weder Pläne noch Zusagen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen. 

Trump hatte am Mittwoch beim Nato-Gipfel neue Gespräche mit Iran für die kommende Woche angekündigt, nannte allerdings keine Details. Seine Sprecherin sagte am Donnerstag, momentan sei noch nichts Konkretes geplant. Auch das „Thema der Inspekteure der IAEA“ müsse geprüft daraufhin werden, ob dieses im Einklang mit den Bestimmungen des Parlaments stehe.

Das iranische Parlament hatte am Mittwoch für eine Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA gestimmt, bis die „Sicherheit“ der nuklearen Anlagen gewährleistet ist. Iranische Offizielle hatten in den vergangenen Tagen der IAEA vorgeworfen, wegen ihrer Berichte über das iranische Atomprogramm eine Mitschuld am israelischen und US-Angriff auf Iran zu tragen. 

Kassian Stroh

Pentagon: Geheimdienst-Einschätzung zu Angriffsfolgen in Iran ist nur eine vorläufige

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hält eine am Dienstag bekannt gewordene erste Einschätzung des Militärgeheimdienstes DIA zu den Auswirkungen der US-Angriffe auf iranische Atomanlagen für wenig aussagekräftig. Der Geheimdienst habe klargemacht, dass es sich um einen vorläufigen Bericht handele, betonte Hegseth auf einer Pressekonferenz. Die Einschätzungen seien demnach aktuell nur wenig vertrauenswürdig – sie müssten verfeinert werden, sobald zusätzliche Informationen verfügbar seien. Die Einschätzung sei auch nicht mit anderen Geheimdiensten koordiniert worden.

Das als „streng geheim“ eingestufte DIA-Gutachten sieht das iranische Atomprogramm durch die schweren Luftangriffe der US-Streitkräfte wohl nur um einige Monate zurückgeworfen, anders als US-Präsident Donald Trump, der von einer völligen Zerstörung der Anlagen sprach. Über das Papier berichteten mehrere Medien, was das Weiße Haus mehrmals kritisiert hat. Auch Hegseth kritisierte, dass die Medienberichterstattung den Tatsachen nicht gerecht werde. Allerdings wurde in vielen dieser Veröffentlichungen betont, dass es sich um einen ersten Bericht handele und weitere Untersuchungen zu anderen Schlussfolgerungen führen könnten. 

Auch der Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, John Ratcliffe, erklärte, dass die iranischen Atomanlagen bei den Angriffen am Wochenende schweren Schaden genommen hätten. Ihr Wiederaufbau würde nach seiner Darstellung „Jahre“ dauern. Die Einschätzung stützt sich demnach auf eine Quelle, die sich in der Vergangenheit als „zuverlässig und zutreffend“ erwiesen habe.

Kassian Stroh

Israel setzt Lieferung von Hilfsgütern aus

Israel hat die Hilfslieferungen für den Gazastreifen für zwei Tage ausgesetzt, um eine Beschlagnahmung der Güter durch die radikal-islamische Hamas zu verhindern. Dies teilte ein Regierungsvertreter mit, zuvor hatten Bilder von bewaffneten Männern auf Hilfslastwagen Aufsehen erregt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe das Militär angewiesen, innerhalb von zwei Tagen einen Plan vorzulegen, wie die Kontrolle der Hilfsgüter durch die Hamas verhindert werden könne, hieß es am späten Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mit Verteidigungsminister Israel Katz. 

In der Erklärung ist die Rede von neuen Informationen, dass die Hamas für Zivilisten im Norden des Gazastreifens bestimmte Hilfsgüter an sich reiße – Details werden nicht genannt. Ein am Mittwoch verbreitetes Video zeigt aber Dutzende maskierte Männer auf Lastwagen, einige mit Gewehren, die meisten jedoch mit Stöcken bewaffnet. 

Die Hohe Kommission für Stammesangelegenheiten, die einflussreiche Clans in dem Gebiet vertritt, erklärte hingegen, die Lastwagen seien im Rahmen eines Sicherheitsprozesses für Hilfsgüter geschützt worden. Es habe sich bei den Männern nicht um Hamas-Kämpfer gehandelt. Keine palästinensische Fraktion, ein Verweis auf die Hamas, habe sich an dem Prozess beteiligt. Die Hamas bestritt ebenfalls jegliche Beteiligung. Sie regiert den Gazastreifen seit mehr als zwei Jahrzehnten, kontrolliert nach fast zwei Jahren Krieg mit Israel aber nur noch Teile des Gebiets.

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