Der Gipfelbeschluss zur Unterstützung der Ukraine bleibt hinter den Erwartungen zurück. Belgien äußert bei der Verwendung russischer Gelder rechtliche Bedenken.
24. Oktober 2025, 0:38 Uhr Quelle: DIE ZEIT, AFP, dpa, mp
Nach stundenlangen Verhandlungen über die mögliche Verwendung von eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU nur auf einen Minimalkompromiss einigen können. In einer Gipfelerklärung beauftragten sie die EU-Kommission lediglich damit, Optionen für die finanzielle Unterstützung der Ukraine zu prüfen. Die russischen Vermögenswerte sollen demnach solange eingefroren bleiben, bis Russland "die durch seinen Krieg verursachten Schäden kompensiert".
EU-Diplomaten zufolge schließt diese Formulierung nicht aus, dass die Kommission auch die Nutzung russischer Vermögen in ihre Überlegungen einfließen lässt. Die Gipfelerklärung blieb damit allerdings weit hinter der anvisierten Einigung zurück. Geplant war ursprünglich, die Kommission konkret damit zu beauftragen, eine rechtssichere Umsetzung des Vorhabens zu erarbeiten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor vorgeschlagen, rund 140 Milliarden Euro russischer Zentralbankgelder, die in Belgien eingefroren sind, für Kredite an die Ukraine zu nutzen. Russland sollte demnach erst dann wieder auf das Geld zugreifen können, wenn es Reparationen an die Ukraine zahlt. Haften würden zunächst die EU-Mitgliedstaaten für das Geld.
Belgien warnt vor rechtlichen Risiken
Insbesondere Belgien machte jedoch rechtliche Bedenken geltend. Regierungschef Bart de Wever fürchtet unter anderem, dass sein Land finanzielle Risiken durch mögliche Gegenmaßnahmen Russlands alleine tragen müsste. Zudem hatten zwar die meisten EU-Länder grundsätzlich Zustimmung zu dem Plan signalisiert. Dem Vernehmen nach teilten aber auch andere EU-Staaten in Teilen die belgischen Bedenken.
Der gesamte Teil der Gipfelerklärung zum Thema Ukraine wurde zudem nur von 26 der 27 Mitgliedstaaten getragen. Ungarn beteiligte sich wie schon bei vorigen Gipfeln nicht. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban war erst am späten Nachmittag zum Gipfel angereist und verpasste so den Großteil der Diskussion zur Ukraine. Er hatte Sanktionen gegen Russland in der Vergangenheit immer wieder blockiert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nahm am Vormittag an den Gipfelberatungen teil und forderte die EU-Staaten dazu auf, Russland für die Unterstützung für seines Landes bezahlen zu lassen. Wer die Entscheidung zur Verwendung der russischen Vermögen verzögere, "schränkt nicht nur unsere Verteidigung ein, sondern verlangsamt auch den Fortschritt der EU selbst", schrieb er auf X. Die Ergebnisse des Gipfeltreffens sieht Selenskyj dennoch positiv."Die Europäische Union hat zugesichert, dass die finanzielle Unterstützung für die Ukraine nicht nur im nächsten Jahr, sondern auch im Jahr 2027 fortgesetzt wird", schrieb er. Dies sei eine "wichtige einstimmige Entscheidung".
Mitgliedstaaten stimmen Aufbau von Drohnenabwehr zu
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) machte sich für das Vorhaben stark, die russischen Gelder zu nutzen. Er hatte vor drei Wochen die Erwartung geäußert, es werde beim Gipfel "aller Voraussicht nach dazu eine konkrete Entscheidung geben". Kurz vor den Gesprächen räumte er allerdings auch "ernstzunehmende Einwendungen" etwa der Belgier ein.
Der belgische Regierungschef warnte unter anderem vor einer Beschlagnahmung von Vermögenswerten europäischer Unternehmen in Russland. Auch in deutschen Unternehmerkreisen gibt es deswegen starke Vorbehalte gegen das Projekt. "Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp. Zusammengerechnet sei Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr.
In ihrer Abschlusserklärung zur Verteidigung und Sicherheit bekannten sich die Staats- und Regierungschefs weitgehend zu einem Vorschlag der Kommission aus der vergangenen Woche, der unter anderem den Aufbau einer effizienten Drohnenabwehr vorsieht. Sie forderten eine besondere Ausrichtung auf Drohnenabwehr und Luftverteidigung. Die EU reagiert damit auf das Eindringen russischer Drohnen und Kampfflugzeuge in europäischen Luftraum sowie mysteriöse Drohnensichtungen in mehreren EU-Ländern.
Während der Gipfel noch lief, drangen am Donnerstagabend nach Angaben Litauens zwei russische Militärflugzeuge in den Luftraum des baltischen EU- und Nato-Landes ein. Der Kampfjet vom Typ SU-30 und ein Tankflugzeug vom Typ IL-78 hätten aus der russischen Exklave Kaliningrad kommend 18 Sekunden lang litauischen Luftraum durchflogen. Zwei spanische Eurofighter Typhoon, Teil einer Nato-Mission im Baltikum, stiegen demnach zur Aufklärung auf.

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