Durch den bald offiziell vollzogenen Abzug von neun Punkten wird der KFC Uerdingen 05 in der Regionalliga West tief in den Keller gedrückt. Doch der aktuelle Zustand der Mannschaft lässt die Krefelder an ein aus ihrer Sicht erfreuliches Saisonende glauben.

Absteiger oder Stehaufmännchen? Der KFC Uerdingen 05 steht vor einem schwierigen Saisonfinale. IMAGO/Brauer-Fotoagentur
39 Jahre ist das "Wunder von der Grotenburg", dem 7:3-Heimspielerfolg des damaligen SC Bayer 05 Uerdingen im Europapokal gegen Dynamo Dresden, her. Knapp vier Jahrzehnte später ist der KFC Uerdingen vom Europapokal meilenweit entfernt und wäre einem neuen Wunder von der Grotenburg dennoch nicht abgeneigt. Mit dem insolvenzbedingten und bald rechtskräftigen Abzug von neun Punkten werden dem KFC fünf Spieltage vor dem Ende der Regionalliga-West-Saison sechs Punkte auf den ersten möglichen Nicht-Abstiegsplatz 15 fehlen, der dann reicht, wenn keine West-Mannschaft aus der 3. Liga absteigen sollte.
Dass es ein solches Wunder für den Klassenerhalt benötigt, liegt angesichts des Punktabzugs von neun Zählern sowie der verlorenen drei Punkte aus dem Hinspiel gegen Türkspor Dortmund und der sportlich errungenen, aber juristisch aberkannten drei Zähler vom 2:1-Derbysieg gegen den Wuppertaler SV nicht im Verantwortungsbereich der Mannschaft, muss aber von selbiger umgesetzt werden. Angesichts der oft thematisierten äußeren Umstände einer turbulenten Saison in Uerdingen, wolle KFC-Trainer René Lewejohann sich und seiner Mannschaft keinen Druck von Außen auferlegen lassen und appelliert im Anschluss an das 1:1-Unentschieden gegen den Tabellenzweiten aus Mönchengladbach am vergangenen Samstag stattdessen an das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Vereins: "Nochmal ein riesiges Dankeschön an alle Fans, die hier waren, die diese Mannschaft so leidenschaftlich unterstützt haben. Das sollte die Marschroute für die kommenden fünf Spiele sein, um das Wunder der Grotenburg möglich zu machen."
Zwei Kellerduelle
Nach sechs sieglosen Spielen zum Jahresauftakt 2025 läutete der KFC Uerdingen mit dem 1:1-Unentschieden bei Eintracht Hohkeppel und dem darauffolgenden 3:2-Heimsieg gegen die Zweitvertretung des 1. FC Köln Ende März eine kleine Trendumkehr ein. Zwar folgte Anfang April der Rückschlag in Form einer 1:3-Niederlage beim SC Paderborn II, das 1:1-Unentschieden gegen die Zweitvertretung von Borussia Mönchengladbach bewies aber einmal mehr die Wettbewerbsfähigkeit der leidenschaftlichen Uerdinger. Lewejohann sprach im Anschluss von einem Punktgewinn, der sich "gut" und "echt" angefühlt habe und zollte seinem Team großen Respekt: "Ich muss immer wieder den Hut vor der Mannschaft ziehen, die da in der Kabine sitzt. Wie die immer wieder mit den Umständen umgeht, mit dem Druck umgeht, punkten zu müssen."
Eine unbändige Willenskraft und Leidenschaft zeichnet die Mannschaft des KFC Uerdingen bereits über die gesamte Spielzeit aus - Comeback-Qualitäten, die nun auch im Saisonendspurt gefragt sein werden. Halten - wie aktuell nicht unwahrscheinlich - alle Westvereine der 3. Liga die Klasse, steigen nach dem Rückzug von Türkspor Dortmund nur zwei weitere Vereine aus der Regionalliga West ab. Aktuell spenden vor allem zwei Szenarien dem KFC und seinen Fans Hoffnung und Zuversicht. Zum einen könnten die Uerdinger nach wie vor maßgeblich von einem möglichen Rückzug des 1. FC Düren profitieren, zum anderen stehen dem KFC noch drei Duelle gegen ebenfalls abstiegsbedrohte Konkurrenten bevor.
Zunächst gastieren die Uerdinger am kommenden Samstag bei der Zweitvertretung von Fortuna Düsseldorf, die im Abstiegskampf die beste Ausgangssituation vorweisen kann, eine Woche später reist der Wuppertaler SV zum Derby in die Grotenburg. Am letzten Spieltag folgt das Heimspiel gegen den SC Wiedenbrück, der nach dem KFC mit 21 Punkten die schlechteste Ausgangsposition im Saisonendspurt aufweist. Zwischen den Kellerduellen reisen die Krefelder am 2. Mai zu Fortuna Köln und am 10. Mai zum MSV Duisburg.
Positives nach der Insolvenzeröffnung
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April, ist es dem Regionalligisten gelungen, auch abseits des Platzes positive Nachrichten zu verkünden. So wurde der Spielbetrieb mit finanzieller Unterstützung von KFC-Berater Mehmet Eser sowie Trikotsponsor Herbrand sichergestellt, mit der Autohausgruppe Ulmen wurde zudem ein Jugendhauptsponsor gefunden. Nach turbulenten letzten 15 Monaten ein Hoffnungsschimmer am Horizont der Grotenburg, dem ein neuerliches "Wunder von der Grotenburg" - aus Uerdinger Sicht - gut zu Gesicht stehen würde.
Tobias Parzonka