Keir Starmer bringt Sozialreform in »unwürdigstem Spektakel« durchs Parlament

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Der britische Premierminister Keir Starmer hat am Dienstagabend eine zentrale Abstimmung über seine geplanten Sozialreformen gewonnen. Der Preis dafür war allerdings hoch: Starmer musste die größte parlamentarische Rebellion innerhalb seiner Labour-Partei seit Amtsantritt hinnehmen und war gezwungen, wichtige Teile des Pakets zurückzuziehen. Am Ende stimmten 49 Labour-Abgeordnete gegen das Vorhaben, mit dem der Premierminister das britische Sozialsystem laut eigener Aussage langfristig sichern will.

Die Reformpläne sehen unter anderem strengere Zugangskriterien für Erwerbsunfähigkeits- und Behindertenleistungen vor. Das soll die rapide wachsenden Sozialausgaben eindämmen. Nach offiziellen Prognosen könnten die Ausgaben in diesem Bereich bis 2030 auf über 100 Milliarden Pfund steigen – aktuell liegen sie bei 65 Milliarden Pfund. Besonders der Anstieg psychischer Erkrankungen seit der Coronapandemie trägt laut Studien zu dieser Entwicklung bei.

Zugeständnisse in letzter Minute

Ursprünglich sollten auch bestehende Leistungsbezieher von den Änderungen betroffen sein. Nach massiver Kritik aus der eigenen Fraktion und von fast 90 Menschenrechts- und Behindertenorganisationen sah sich die Regierung jedoch zu einem Rückzieher gezwungen: Die neuen Regeln sollen nun nur noch für künftige Antragsteller gelten. Damit schrumpfen auch die erwarteten Einsparungen deutlich – von geplanten fünf Milliarden Pfund jährlich auf geschätzte zwei Milliarden.

Der Abstimmung war eine intensive interne Auseinandersetzung vorausgegangen. Noch in letzter Minute hatten Minister und Parteivertreter versucht, unentschlossene Abgeordnete für sich zu gewinnen. Zwei Stunden vor der Abstimmung hatte die Regierung zudem ein weiteres Zugeständnis an die Gegner gemacht und erklärt, sie werde die Änderungen bei den Anspruchsvoraussetzungen erst nach Abschluss einer Überprüfung des Sozialsystems beschließen.

Die Labour-Abgeordnete Paula Barker bezeichnete den Versuch, die Pläne zu verabschieden, als »das unwürdigste Spektakel, das ich je gesehen habe«. Am Ende stellte das Ergebnis den jüngsten Rückschlag für Starmer in den Schatten: Anfang des Monats hatten sich 16 Labour-Abgeordnete gegen ein Infrastrukturgesetz ausgesprochen.

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