Kampf um Pro Sieben Sat.1: Das Berlusconi-Gespenst

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Italien oder Tschechien? Haupt­sache München! Das könnte man in Abwandlung eines berühmten Fußballerspruchs mit Blick auf die Turbulenzen bei der an der Isar beheimateten Sendergruppe Pro Sieben Sat.1 sagen.

Dort streben die Groß­aktionäre Media for Europe (MFE) und PPF die Vorherrschaft an. PPF will seinen Aktienanteil von 17 auf 29,9 Prozent erhöhen und eine Sperrminorität erlangen. MFE liegt als Teilhaber schon jenseits der 30 Prozent und will weiter aufstocken. Beide haben Besitzern von Pro-Sieben-Sat.1-Aktien ein Kaufangebot gemacht, mit dem diese ein wenig Geld machen. Das Angebot von MFE ist etwas besser als das von PPF: 1,3 MFE-Aktien je Pro-Sieben-Titel und 4,48 Eu­ro in bar.

Kleingeld für Kleinaktionäre

Das ist Kleingeld für Kleinaktionäre, doch geht es zugleich um große Medienpolitik. Media For Europe gehört nämlich den Nachfahren von Silvio Berlusconi, der Medienmogul, viermal italienischer Ministerpräsident und Gründer der Partei Forza Italia war. Vor Viktor Orbán in Ungarn und Donald Trump in den USA gab es den „berlusconismo“. Kein Wunder also, dass in die deutsche Politik Bewegung kommt, wenn sich Berlusconi junior, Pier Silvio, anschickt, eine der beiden großen deutschen Sendergruppen zu dominieren.

Es habe „eine Übernahmeschlacht begonnen, über deren Ausgang ich mir Sorgen mache“, sagte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer im „Spiegel“. Seine „Besorgnis“ kreise „um die Frage, ob die journalistische und wirtschaftliche Unabhängigkeit auch nach einem Eigentümerwechsel gewahrt bleibt“. Fürchtet Weimer einen AfD-Sender? Pro Sieben Sat.1 in Blau? Joyn als Nationalistenplattform?

Einen solchen poli­tischen Zug hat Berlus­coni junior bislang nicht erkennen lassen, allerdings auch keinen Businessplan, der aufzeigte, wie italienisches und deutsches Fernsehen einander gewinnbringend ergänzen.

Besorgt sein kann Weimer; zu sagen hat er nichts. Daran hat ihn nun der bayerische Medien­minister Florian Herrmann erinnert. Das Interesse der Berlusconi-Holding an Pro Sieben Sat.1 zeige, „dass es sich um ein für Investoren hochinteressantes Unternehmen mit sehr viel Potential handelt und dass Bayern zu Recht als Topstandort für Medienunternehmen gilt“, sagte Hermann. Hier gehe es letztlich um eine „wirtschaftliche Entscheidung unter der „medienrechtlichen Aufsicht der staatsfernen Bayerischen Landeszen­trale für neue Medien“.

Genauso ist es, und „letztlich“ sollte der Bundesregierung angesichts des brutalen Dominanzstrebens der USA eine paneuropäische Plattform recht sein. So diese nicht dem „berlusconismo“ dient.

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