JAIF: Deutsche KI-Infrastruktur für Start-Ups, Industrie und Forschende

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Europa will sich im Bereich KI nicht abhängen lassen und auch nicht abhängig von Unternehmen aus den USA werden. Daher gibt es den Aktionsplan für den KI-Kontinent. Zu diesem gehört der Aufbau von KI-Fabriken. Eine solche entsteht für rund 55 Millionen Euro in Jülich. Den Baufortschritt hat sich die Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie, Henna Virkkunen, angeschaut: Container an Container voll mit GPU-Beschleunigern von Nvidia und Kabeln.

Die Jülicher KI-Fabrik nennt sich JAIF – Jupiter AI Factory. Jupiter ist der Exascale-Supercomputer des Forschungszentrums Jülich, an den die KI-Fabrik angegliedert wird. Jupiter steht für Joint Undertaking Pioneer for Innovative and Transformative Exascale Research. Der Supercomputer besteht bereits aus den beiden Modulen Cluster und Booster und soll um eine Cloud-Plattform für Inferenz-Anwendungen erweitert werden – die nennt sich dann Jarvis (Jupiter Advanced Research Vehicle for Inference Services). Das heißt, das Training von KI-Modellen läuft im Modul Booster ab, der aus 24.000 Nvidia GH200 besteht. Weil KI-Algorithmen mit simplen Datenformaten wie FP8 und INT8 auskommen, erreicht das System eine hohe Leistung von 40 Trillionen Rechenoperationen pro Sekunde (40 Exaflops). Die Inferenz, also die Verarbeitung von Anfragen an die KI sowie nachgelagerte Prozesse wie das Finetuning, laufen dann über Jarvis.

Diese Kabel verbinden Jupiter mit der Außenwelt. Sie führen gesammelt aus dem Containerbau heraus.

(Bild: emw)

Henna Virkkunen darf bei einem Rundgang mit Helm und Warnweste die Schränke voller Chips besuchen. Alles ist noch im Bau befindlich; in den kommenden Wochen soll das System zur Abnahme bereit sein. Wann aber tatsächlich eröffnet wird, ist noch unklar. Virkkunen gratuliert jedoch schon mal: Es sei die erste europäische KI-Fabrik, die von einem Exascale-Computer angetrieben wird – "einem der leistungsstärksten und dabei energieeffizientesten Supercomputer der Welt." Sie sei sich sicher, dass Europa bei KI mithalten kann. Es gebe eine sehr starke traditionelle Industrie, man müsse nur sicherstellen, dass man diese mit neuen Technologien vereint.

Auf Jupiter hat beispielsweise schon das Forschungsprojekt OpenGPT-X Teuken-7B trainiert. Es ist ein europäisches, großes Sprachmodell, das besonders gut hiesige Sprachen versteht. Nicht nur Virkkunen glaubt an Europa, auch die Verantwortlichen des Forschungszentrums Jülich, in dem Jupiter und seine J-Ableger stehen, sehen große Chancen. Man habe die Talente und die Technik, man könne etwa mit besseren Daten auch bessere Modelle und Anwendungen entwickeln als die großen Konzerne aus den USA mit ihren riesigen Datenmengen.

Schränke von JAIF.

(Bild: emw)

Damit die aber nicht aus Gründen der Regulierung und der Bürokratie einen Vorteil haben, sollen die europäischen Gesetze simplifiziert werden. Dazu gehört der AI Act. Die Verordnung zur KI-Regelung ist noch nicht ganz in Anwendung gelangt, da soll sie schon angepasst werden. Zudem sollen neue Instanzen bei der Umsetzung und Einhaltung helfen. Aber auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bleibt nicht verschont, bestätigt Virkkunen, was Beobachter seit einigen Wochen vermuten. Sich überlappende Gesetze sollen angepasst werden. Man müsse zudem die qualitativ hochwertigen Daten sicher und sinnvoll nutzbar machen.

JAIF soll die Forschung und Industrie in strategisch wichtigen Anwendungsfeldern der KI stärken, heißt es in einer Pressemitteilung. Dabei geht es um die Bereiche Gesundheit, Energie, Klimawandel, Bildung, Medien, öffentlicher Sektor und Finanzen. Fraglich ist nur, wer wie Zugang zu der Rechenpower bekommt. Auf Nachfrage heißt es, die Frage sei schon mehrfach aufgetaucht. Abschließend beantwortet ist sie aber offenbar bisher nicht. Das Forschungszentrum wird auf jeden Fall auch Schulungen und passende Beratung anbieten. Finanziert wird aus Mitteln öffentlicher und privatwirtschaftlicher Hand.

Geplant sind europaweit insgesamt 13 KI-Fabriken, darunter mit HammerHai am Stuttgarter HLRS auch ein zweites deutsches System. Sie alle sollen ein zusammenhängendes Netz bilden. "KI braucht Geschwindigkeit, und wir sind stolz darauf, dass Jupiter blitzschnell aufgebaut wird und blitzschnell rechnet", sagt Kobus Kuipers, Mitglied des Vorstands des Forschungszentrums Jülich. JAIF werde ein "offenes Innovationsökosystem für KI, das wissenschaftliche Exzellenz, wirtschaftliche Wertschöpfung und gesellschaftlichen Nutzen miteinander verbindet". Dass das Netz noch größer werden soll, ist bei dem Rundgang mehrfach zu vernehmen.

Übersicht der geplanten KI-Fabriken in Europa. Deutschland ist zweimal dabei.

(Bild: EuroHPC JU)

JAIF wird von verschiedenen Einrichtungen betreut und organisiert. Neben dem Jülich Supercomputing Centre (JSC) sind beteiligt: das KI-Center der RWTH Aachen University, die Fraunhofer-Institute für Angewandte Informationstechnik (FIT) und für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) sowie das Hessian Center for Artificial Intelligence (hessian.AI), die KI-Servicezentren WestAI, hessian.AISC, das Institut für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz (LAMARR) und der KI-Bundesverband.

Henna Virkkunen zwischen Verantwortlichen des Forschungszentrums.

(Bild: emw)

(emw)

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