Die Absetzung von Schin-Bet-Chef Ronen Bar war laut dem Obersten Gericht Israels nicht rechtens. Die Generalstaatsanwältin hat die Ernennung eines Nachfolgers untersagt.
22. Mai 2025, 2:02 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, Reuters, eca
Israels Oberstes Gericht hat die Entlassung des Chefs des
Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, für rechtswidrig erklärt. Die
Entscheidung sei "in einem unsachgemäßen und rechtswidrigen Verfahren" erfolgt, urteilte der Gerichtshof. In der Folge untersagte die Generalstaatsanwaltschaft der israelischen
Regierung die Ernennung eines Nachfolgers.
Das Oberste Gericht habe geurteilt, dass der Ministerpräsident bei der Entlassung von Bar "in einer Situation des Interessenkonflikts" gehandelt habe, teilte Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara mit. Daher müsse Netanjahu "von allen Schritten im Zusammenhang mit der Ernennung eines neuen Schin-Bet-Chefs Abstand nehmen, bis rechtliche Leitlinien ausgearbeitet sind, die ein ordnungsgemäßes Verfahren gewährleisten".
Netanjahu zeigte sich am Abend in einer Fernsehansprache
unbeeindruckt von dem Urteil und der Erklärung der Generalstaatsanwältin:
"Unter meiner Führung wird die Regierung von Israel einen neuen Schin-Bet-Chef ernennen", sagte der Ministerpräsident bei einer Pressekonferenz.
Konflikt zwischen Netanjahu und Bar
Zwischen Netanjahu und Bar läuft seit Längerem ein politischer und juristischer Streit. Netanjahus Kabinett hatte Bars Entlassung am 21. März einstimmig beschlossen. Netanjahu begründete den Schritt mit mangelndem Vertrauen in Bar und dem Versagen des Schin Bet beim Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023, weil der Geheimdienst nicht vor dem Terrorangriff gewarnt hatte.
Der Schin Bet ist für die Beobachtung der Aktivitäten von palästinensischen Extremisten zuständig. Bar hatte zuvor Versäumnisse seiner Behörde dabei eingeräumt, den Terrorangriff von 2023 zu verhindern. In einem Bericht vom März übte der Geheimdienst jedoch auch Kritik an Netanjahu. Eine schlechte Regierungspolitik habe zu dem Klima beigetragen, das den Angriff nach sich gezogen habe.
Bar bezeichnete seine Entlassung als politisch motiviert.
Unter Eid warf er Netanjahu vor, von ihm persönliche Loyalität verlangt und ihn
unter anderem zur Bespitzelung regierungskritischer Demonstranten aufgefordert
zu haben.
Proteste gegen Entlassung
Die Entlassung von Bar löste in Israel landesweite Proteste aus, weil der Schin Bet zu jenem Zeitpunkt zu Verbindungen zwischen Netanjahus Büro und Katar ermittelte. Katar war ein wichtiger Vermittler zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas im Gazakrieg. Es gibt Vorwürfe, Berater Netanjahus hätten parallel zu ihrer Tätigkeit für den Regierungschef als Berater für Katar gearbeitet. Netanjahu ist in dem Zusammenhang nicht direkt beschuldigt worden.
Das Oberste Gericht hat die Entlassung von Bar zunächst ausgesetzt. Dieser hat inzwischen seinen Rücktritt für den 15. Juni angekündigt.