"Herausragende Arbeit": Sandhausen präsentiert sich zum Auftakt runderneuert

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Lieber tief stapeln als tief fallen: Mit beinahe 20 Zugängen startete beim SV Sandhausen die Vorbereitung. Die Neuen klingen ambitionierter als die Verantwortlichen neben dem Platz. Coach Olaf Janßen will dem Absteiger "eine neue DNA" geben.

Olaf Janßen hat derzeit viel zu tun in Sandhausen.

Olaf Janßen hat derzeit viel zu tun in Sandhausen. IMAGO/foto2press

Regionalliga Südwest

Die Work-Life-Balance von Olaf Janßen hat gelitten, seit er vor knapp vier Wochen seinen Job beim SV Sandhausen angetreten hat. "Aber das war alternativlos", sagte der Trainer am Dienstagvormittag und strahlte - trotz Arbeitsstress - mit der Sonne um die Wette. Nach dem Abstieg aus der 3. Liga stand der Verein vor einem Scherbenhaufen. Aus dem alten Kader ist nur noch Ersatztorwart Luis Idjakovic übrig. 35 Spieler wurden verabschiedet. Viele wollte man, wenige konnte man nicht halten. Und doch begrüßte Janßen zum Trainingsauftakt fast zwei Dutzend Profis. "In nicht einmal einem Monat fast 20 Spieler zu verpflichten - das geht eigentlich gar nicht", sagte Janßen. "Da haben alle im Verein herausragende Arbeit gemacht."

Mit dabei waren auch die A-Junioren Rafael Monteiro, Noah Loos, Arbrias Shala, Semin Zulum und Fynn Lienert sowie Ivica Erceg, Trainer der U 19, und Max Köhler, Coach der U 16. Denn Nachwuchsförderung soll beim SV Sandhausen, wie ihn sich Janßen vorstellt, mehr als nur eine leere Worthülse sein. "Die jungen Spieler sind mir wichtig. Mindestens genauso wichtig ist aber, dass die Jugend-Trainer fest bei mir sind, die Abläufe kennen, wissen, wie wir spielen wollen. Nur so können wir Durchlässigkeit sicherstellen", betonte Janßen.

Rund 30 Zaungäste

Am Hardtwald, das wurde schon bei der Vorstellung des 58-Jährigen Ende Mai deutlich, soll künftig ein neuer Wind wehen. Auch bei den rund 30 Zaungästen, die den in Schwarz gekleideten Spielern bei hochsommerlichen Temperaturen zuschauten, war Aufbruchsstimmung zu spüren. "Gestern hat mich ein Mann beim Einkaufen angesprochen", berichtete Janßen. "Er hat gesagt, dass er sicher ist, dass wir den Verein wieder in die richtige Bahn lenken." Ein Haar in der Suppe fand einer der anwesenden Fans dann aber doch noch. "Bis man jetzt wieder weiß, wer von den Buben wer ist - das dauert", seufzte er angesichts der vielen neuen Gesichter. Eine Dauerkarte, daran ließ der Rentner keinen Zweifel aufkommen, werde er sich trotzdem wieder kaufen.

Zwar betonte Präsident Jürgen Machmeier nach dem zweiten Abstieg binnen drei Jahren, dass es ihm in der kommenden Saison vor allem "um die Entwicklung der Mannschaft" gehe. Er sagte: "Mit der Vorgabe, aufsteigen zu müssen, haben wir uns in den zwei Drittliga-Jahren selbst viel Druck auferlegt."

Die Lehre daraus? Lieber tief stapeln als tief fallen. Intern dürften die Ambitionen aber doch etwas größer sein. Das zeigt schon ein Blick auf die - für Regionalliga-Verhältnisse - hochkarätigen Transfers: Pascal Testroet brachte es in der vergangenen Drittliga-Saison noch auf elf Scorer (acht Tore, drei Vorlagen) für den FC Ingolstadt, Jahn Herrmann wird beim FSV Zwickau, wo er in der Regionalliga Nordost zehn Tore schoss und acht Vorlagen lieferte, schmerzlich vermisst werden. Vom Understatement des Klubbosses hatte der eine oder andere Neuzugang offenbar auch noch nichts mitbekommen. Phil Halbauer, der von Energie Cottbus in die Kurpfalz kam, wollte in seinem Wechsel vom Beinahe-Aufsteiger in die 2. Liga zum Absteiger in die vierte Liga "keinen Rückschritt" erkennen. "Ich denke, wir wollen direkt wieder hoch", sagte der 26-Jährige, der bei den Lausitzern als "Party-Kapitän" galt. Auch Niklas Tarnat machte aus seinem Herzen keine Mördergrube. "Alle, die zum Verein gekommen sind, haben noch große Ziele", sagte der Sohn des 19-maligen Nationalspielers Michael Tarnat.

"Eine neue DNA"

Das war in den vergangenen Jahren nicht immer so. "Letzte Ausfahrt SV Sandhausen", sagte Machmeier selbst über die Transferstrategie vergangener Tage. Oft wurden für viel Geld Spieler mit prominenten Namen, dafür weniger herausragenden Ambitionen in die 15.000-Einwohner-Gemeinde geholt. "Neben dem sportlichen Erfolg ist das das Hauptziel meiner Arbeit", erläuterte Janßen, "dem Verein ein neues Gesicht zu geben, eine neue DNA." Dass es dabei auch Widerstände zu beseitigen und Rückschläge zu verkraften gebe, ist für den Rheinländer "völlig klar". Er sagte: "Entscheidend wird sein, wie gefestigt wir sind. Daran müssen wir in den kommenden Wochen arbeiten."

Die Work-Life-Balance von Olaf Janßen dürfte sich bis zum Saisonbeginn am ersten Augustwochenende erst einmal nicht erholen.

Christoph Offner

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