Jetzt ist es überstanden, das Baby ist da – wenn auch kein echtes. Diese Geburt wurde nur simuliert, damit die angehende Hebamme Helen Nowack üben kann – möglichst nah an der Realität.
Helen Nowack, angehende Hebamme:
»Klar, wir sind nicht in der Klinik, also hundertprozentig schafft man es nicht, aber es ist schon sehr, sehr nah dran. Aufregend, aber alles gut gegangen – Kind kam gut zur Welt.«
Nowack ist 23 Jahre alt und studiert Hebammenwissenschaft in Halle an der Saale. Im neuen Simulationslabor der Unimedizin geht es darum, in einem geschützten Raum Fehler machen zu dürfen und zu lernen.
Wie hier beim Rollenspiel der ersten Untersuchung nach der Geburt. Die Studierenden nutzen dabei sehr realistische Puppen.
Helen Nowack, angehende Hebamme:
»Die ist wirklich so schwer wie ein echtes Kind und auch anatomisch ist es wirklich alles sehr, sehr gut nachempfunden.«
All das soll Nowack möglichst gut vorbereiten auf einen wichtigen Beruf, den in Deutschland verhältnismäßig zu wenige Menschen machen.
Auf 677.000 Geburten in 2024 kommen in Deutschland nur rund 28.000 Hebammen. Und einige davon betreuen Frauen nur vor und nach der Geburt, nicht im Kreißsaal, andere arbeiten in Teilzeit. Bei den Vollzeitkräften in der Geburtshilfe ist die Quote also noch schlechter: Laut einer Studie von 2019 – eine aktuellere gibt es nicht – begleiten sie durchschnittlich mehr als 90 Geburten pro Jahr. Für eine Eins-zu-eins-Betreuung dürfte eine Vollzeit-Hebamme maximal 60 Geburten pro Jahr betreuen. In vielen Ländern ist das bereits Standard. Deutschland hinkt deutlich hinterher.
Das bedeutet Stress – für die Hebammen und die Mütter.
Helen Nowack, Studentin:
»Man versucht immer, zwischen den Sälen hin und her zu springen. Aber man versucht trotzdem, den Frauen die bestmögliche Betreuung, die man gerade bieten kann, zu gewährleisten. Es sind oft Dienste ohne Pause, wo man auch Überstunden macht. Und es zehrt dann schon sehr selbst an einem. Und man hofft, dass die Frauen trotzdem mit einem guten Geburtserlebnis dann rausgehen. Aber man kann das nicht immer garantieren, wenn man vielleicht zwei, drei Geburten gleichzeitig betreuen muss.«
Helen Nowack, Studentin:
»Versuch schön ruhig zu atmen, ganz tief durch die Nase ein und dann lange durch den Mund auspusten.«
Die Eins-zu-eins-Betreuung würde die Arbeitsbelastung verringern. Die neue Bundesregierung gibt sie als Ziel vor – das hatte allerdings auch die Ampel-Koalition schon getan, ohne den Plan umzusetzen.
Nowack schreckt das nicht ab. Sie freut sich darauf, Frauen über die gesamte Schwangerschaft begleiten zu können. Aktuell lernt sie in der Ausbildung verschiedene Szenarien aus dem Klinikalltag kennen, unter Aufsicht.
In der Regie beobachtet Professorin Sabine Striebich jeden Handgriff und leitet die Statistinnen für das Rollenspiel an. Die haben einen Knopf im Ohr. Nowack hingegen muss spontan reagieren, wie später im Job.
Sabine Striebich, Studiengangsleitung:
»Sie kommt in eine Situation, weiß nur in etwa die Rahmenbedingungen und muss dann mit den Gegebenheiten umgehen und auch zum Beispiel Informationen erfragen. Sie muss die Situation erfassen, mit der sie es da jetzt zu tun hat.«
Die Übungen werden per Video aufgenommen, so können die angehenden Hebammen selbst kleine Fehler besser verstehen.
Sabine Striebich, Professorin:
»Da habe ich gesehen, dass die Position der Beine, also die Füße, relativ nah am Hocker waren. Haben Sie darüber nachgedacht, wie sie die Position der Beine, der Füße wählen sollte?«
Helen Nowack, Studentin:
»Da habe ich in dem Moment tatsächlich nicht dran gedacht. Weil ich da schon so beschäftigt war damit, dass ich jetzt für die Geburt alles vorbereite. Und dass ich darauf achte, ob das Kind jetzt kommt. Aber ich hätte darauf achten können, dass sie ihre Beine besser positioniert.«
Helen Nowack und ihre Kommilitoninnen sind die Ersten, die in Halle als studierte Hebammen abschließen werden. Ende des Jahres startet sie dann in den Beruf. Einige Monate bleiben also noch, um mit der Puppe zu üben, dann bekommt sie es mit echten Müttern und Babys zu tun.
Helen Nowack, Studentin:
»Es wird sich zeigen, wie wir uns in der Praxis dann schlagen, aber ich denke, es wird gut.«
Wo sie dann anfangen möchte, kann Nowack sich praktisch aussuchen. Gebraucht werden Hebammen überall.