Vor dem Hintergrund der Hungerkrise im Gazastreifen fordern die Grünen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine europäische Initiative, um im Nahostkonflikt auf eine Friedenslösung hinzuarbeiten. »Angesichts der dramatischen und nicht hinnehmbaren humanitären Lage in Gaza muss die deutsche Bundesregierung endlich von der kommentierenden Seitenlinie ins Handeln kommen«, sagte Parteichefin Franziska Brantner.
»Eine sofortige Waffenruhe, die Lieferung humanitärer Hilfe, die Freilassung aller Geiseln können dabei nur der erste Schritt sein. Vor allem braucht es dringend eine europäische Initiative für einen politischen Prozess, dieser kann nicht nur in Händen Trumps liegen«, betonte Brantner.
Dieser Prozess muss Brantner zufolge das Existenzrecht Israels ebenso sichern wie das Überleben in Würde und die Selbstbestimmung der Palästinenser mit einem eigenen Staat. Dieser Prozess gehe realistischerweise nur mit der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Sitz im Westjordanland. »Die nötige Kapitulation der Hamas würde die Anerkennung Palästinas dabei massiv beschleunigen«, sagte Brantner.
Die internationale Besorgnis über die humanitäre Lage hatte unter anderem Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron dazu bewogen, die Anerkennung eines palästinensischen Staats für September anzukündigen. Israel und die USA lehnten den Vorstoß ab. Von der deutschen Bundesregierung hieß es, man plane »kurzfristig« keine Anerkennung eines Palästinenserstaats. Deutschland sei aber »bereit, den Druck zu erhöhen«, wenn Fortschritte bei der Lösung des Nahostkonflikts ausblieben, so ein Regierungssprecher.
Waffenexportstopp, Sanktionen
Grünenchefin Brantner erklärte jetzt mit Blick auf Israel, das im abgeriegelten Gazastreifen die islamistische Hamas bekämpft, es brauche endlich ernsthaften Druck: »Dazu gehört ein Waffenexportstopp für den Einsatz in Gaza, die Aussetzung von Handelserleichterungen und Sanktionen gegen die israelischen Minister (Bezalel) Smotrich und (Itamar) Ben-Gvir.« Die beiden ultrarechten Politiker unterstützen unter anderem die Annexion des besetzten Westjordanlands.
Brantner erklärte, Merz gehöre an die Spitze einer solchen Initiative, zusammen mit der EU, Frankreich und Großbritannien. Tatsächlich hatte sich Merz erst am Samstag erneut mit Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer über den Kurs in der dramatischen Lage im Nahen Osten abgestimmt. Der Bundeskanzler erklärte danach: »Wir werden in den kommenden Tagen sehr eng koordiniert die nächsten Schritte unternehmen.«
Vonseiten der britischen Regierung hieß es, Starmer, Merz und Macron hätten über die Lage im Gazastreifen gesprochen, die sie als entsetzlich einschätzten. Sie hätten die dringende Notwendigkeit eines Waffenstillstands betont. Ferner ging es darum, dass Israel alle Beschränkungen für Hilfen aufheben müsse und die Not leidenden Menschen im Gazastreifen mit Nahrungsmitteln versorgt werden könnten.
Hilfsorganisationen hatten vor einer Hungerkatastrophe unter den 2,2 Millionen Bewohnern des Gazastreifens gewarnt. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Kriegsbeginn 127 Menschen an Unterernährung gestorben, darunter 85 Kinder.
Nach heftiger internationaler Kritik an der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen hat Israel am Sonntag Hilfslieferungen über humanitäre Korridore in dem Palästinensergebiet gestattet. Am Morgen verkündete die israelische Armee im Onlinedienst Telegram eine »taktische Pause« ihres Militäreinsatzes in Teilen des Gazastreifens, um die Durchfahrt von Konvois mit Hilfsgütern zu ermöglichen.
Der Krieg begann am 7. Oktober 2023 mit dem Überfall der Hamas auf Israel, bei dem rund 1200 Menschen getötet und 251 Geiseln verschleppt wurden. Bei der seither andauernden israelischen Offensive wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde fast 60.000 Menschen im Gazastreifen getötet. Das Gebiet ist größtenteils zerstört.