French Open: Max Schönhaus und Niels McDonald stehen im Finale der Junioren

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Center Court bei den French Open

Center Court bei den French Open

Foto: Christophe Ena / AP

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Max Schönhaus steht an der Rampe, die ins Innere des Court Suzanne Lenglen führt, und tänzelt hin und her. Der 17-Jährige wartet auf seinen Gegner, die blaue Pulloverkapuze über den blonden Haaren, noch in den Shorts und Tennisschuhen, in denen er eben sein Halbfinale bestritten hat.

Schönhaus ist nicht allein, um ihn herum steht ein kleiner Tross aus Schlag- und Fitnesstrainern, auch der deutsche Jugend-Bundestrainer. Mit großen Schritten tritt ein junger Schlaks an die Gruppe heran, 1,91 Meter groß, braune Locken, auch er noch im Tennisoutfit: Schönhaus' Gegner.

 Der Trainer muss zum Friseur

Finalgegner Max Schönhaus: Der Trainer muss zum Friseur

Foto: Paul Zimmer / IMAGO

Ein paar Meter liegen noch zwischen den beiden, dann hüpfen sie aufeinander zu, vor Freude schreiend, und fallen sich in die Arme.

Schönhaus und Niels McDonald, beide 17 Jahre jung, spielen bei den French Open um den Juniorentitel.

 »Außergewöhnlicher Erfolg«

Nachwuchsspieler Niels McDonald: »Außergewöhnlicher Erfolg«

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Daniel Kopatsch / Getty Images

Beide gewannen ihre Halbfinals souverän, Schönhaus schlug den Bulgaren Iwan Iwanow 6:3, 6:4, McDonald legte mit einem 6:2, 6:2 gegen den Japaner Ryo Tabata nach.

Letzter deutscher Junior-Champion: Zverev 2014

Im Finale am Samstagvormittag treffen sie nun aufeinander, damit steht fest: Der Titel geht nach Deutschland, zum ersten Mal seit dem Sieg von Alexander Zverev 2014 in Australien, bei den Juniorinnen hieß die letzte deutsche Siegerin Annika Beck, das war 2012 in Paris.

Unter den Zuschauern der beiden Halbfinals war auch ein großgewachsener Mann in Turnschuhen und Tweedjacket: DTB-Präsident Dietloff von Arnim. Er ist sichtlich zufrieden mit den Auftritten des deutschen Nachwuchses. Dem SPIEGEL sagt er, das sei ein »außergewöhnlicher Erfolg für das Nachwuchstennis und den deutschen Tennissport im Allgemeinen«.

Der kleine Partytross in Paris zieht weiter in Richtung der Katakomben, wo beide Spieler mit den Journalisten sprechen sollen. Es wird gescherzt und gelacht, Hauptthema sind die Haare von Nachwuchs-Bundestrainer Philipp Petzschner. Der 41-Jährige, früher selbst Profi und zweimaliger Grand-Slam-Sieger, hatte vor dem Turnier gesagt, bei einer deutschen Finalteilnahme dürften die Spieler mit seinen Haaren »machen, was sie wollen«.

»Bin brutal stolz auf sie.«

DTB-Trainer Petzschner

Petzschner lässt die Gruppe weiterziehen und bleibt in einer ruhigen Ecke stehen. Man sieht ihm die Zufriedenheit an. Er sei zwar überzeugt gewesen, dass jemand aus seinem Juniorenteam weit kommen könne, sagt er. »Zwei Jungs im Finale zu haben, kann man aber sicher nicht erwarten. Die ganze Woche lief gut für uns, beide Jungs hatten im Turnier schwierige Phasen und haben sich super durchgekämpft. Ich bin brutal stolz auf sie.«

Petzschner arbeitet regelmäßig mit den Spielern, reist zu ihren Trainingsorten, gibt regelmäßig Feedback. »Ich versuche ein bisschen eine Mentorenrolle einzunehmen und meine Erfahrung bei solchen Turnieren weiterzugeben«, sagt er.

Beide Spieler haben aber auch individuelle Coaches. Niels McDonald wurde in Cardiff geboren und wuchs in Schwerin auf, trainiert aber meist in einer Akademie in Schweden. Er schlägt erst zum zweiten Mal überhaupt bei einem Junioren-Grand-Slam-Turnier auf, schied bei den Australian Open im Januar in der ersten Runde aus.

Schönhaus, der mit sechs Jahren mit dem Tennisspielen begonnen hat und anfangs bei Martina Struff trainierte, der Mutter der aktuellen deutschen Nummer drei Jan-Lennard Struff, könnte es bereits der zweite große Titelgewinn werden. Im vergangenen Jahr gewann er in Wimbledon überraschend an der Seite eines US-Amerikaners das Doppel-Turnier der Junioren. Im Einzel spielte er bereits 2024 bei allen vier Turnieren in Melbourne, Paris, London und New York mit.

Essen, Eistonne, Einschlagen

Die Stärken der beiden sieht DTB-Mann Petzschner vor allem beim Aufschlag, der Beinarbeit und der jeweils »giftigen Vorhand«. Ein »Mega-Spieler« sei Schönhaus, sagt McDonald. Die beiden sind gut miteinander befreundet, McDonald sagt: »Das wird ein großer Spaß.«

Petzschner erzählt, beide hätten die ganze Zeit in Paris miteinander verbracht: »Die haben sich zusammen eingeschlagen, waren zusammen essen, gehen zusammen ins Eisbad, schlagen sich auch morgen zusammen ein.«

Steht das deutsch-deutsche Finale für einen Aufschwung im heimischen Männertennis? Petzschner wehrt etwas ab, ob das jetzt eine strukturelle Entwicklung sei, wolle er gar nicht beurteilen. Er lobt die harte Arbeit der beiden Spieler und ihrer Trainer. »Die Leistung steht für sich«, sagt Petzschner. Man habe aber eine gute Gruppe in dieser Altersklasse: Justin Engel und Diego Dedura-Palomero, ebenfalls beide 17, haben schon für erstes Aufsehen auf der Profitour gesorgt. »Die Jungs stacheln sich gegenseitig an«, sagt Petzschner.

In der Vergangenheit gab es viel Kritik am deutschen Tennis, weil wenige Talente den Sprung vom Nachwuchs in den Profibereich schafften. Außer Zverev bei den Männern und vereinzelten Erfolgen von Jule Niemeier und Eva Lys konnte der DTB in den vergangenen Jahren wenig vorweisen.

 »Da wächst etwas heran«

DTB-Präsident von Arnim: »Da wächst etwas heran«

Foto: Sven Hoppe / dpa

Präsident von Arnim sagt dem SPIEGEL: »Wir haben uns 2023 auf den Weg gemacht, uns in der Talentförderung neu aufzustellen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken. Die jüngsten Entwicklungen zeigen: Da wächst etwas heran, das zukunftsträchtig ist.«

In den Stadionkatakomben von Paris verabschiedet sich Petzschner. Er freut sich auf das besondere Finale am Samstag, erstmal muss er aber zum Friseur, seine Wette einlösen. »Ich bin gespannt, was sie machen. Ich fürchte, so eine Anime-Frisur. Wahrscheinlich werde ich ab morgen verstärkt mit Kappe rumlaufen.« Aber immerhin hat er dann einen Grand-Slam-Champion in seinem Nachwuchsteam.

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