Extrem-Oper »Sancta«: Jetzt gibt es Kritik von der katholischen Kirche in Stuttgart

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Die Oper »Sancta« sorgt weiter für Aufregung in Stuttgart. Schon die ersten beiden Aufführungen sorgten für Schlagzeilen, weil die extremen Darbietungen auf der Bühne das Publikum teils so überforderten, dass der Notarzt ausrücken musste. Jetzt hat sich auch die katholische Kirche zu Wort gemeldet, und zwar in Person des Stuttgarter Stadtdekans Christian Hermes.

Das Stück zelebriere »naive, um nicht zu sagen kitschige sexuell-spirituelle Erlösungsträume«, erklärte  Hermes gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur. Bei ihm kämen seit der Premiere am Samstag zudem »wirklich beunruhigende Rückmeldungen« an, berichtete der Stadtdekan.

Die Performance-Künstlerin Florentina Holzinger bringt in »Sancta« lesbische Liebesszenen, aber auch sexuelle Gewalt und körperliche Verletzungen auf die Bühne. Das Stück richtet sich explizit gegen die Morallehre der katholischen Kirche, zieht christliche Rituale ins Lächerliche und prangert die sexuelle Unterdrückung der Frau an. Auf ihrer Homepage  warnt die Stuttgarter Oper, es seien »explizite sexuelle Handlungen sowie Darstellungen und Beschreibungen von (sexueller) Gewalt« zu sehen, außerdem »echtes Blut sowie Kunstblut, Piercingvorgänge und das Zufügen einer Wunde«. Es ist erst ab 18 Jahren freigegeben.

Stadtdekan Hermes beklagte, »dass Mitarbeitende und Besucher brutal an und über die Grenzen des ästhetisch und psychisch Erträglichen geführt werden«. Außerdem würden »religiöse Gefühle entgegen aller sonst gepflegten politischen Korrektheit obszön verletzt«, dazu werde »ganz bewusst mit der mentalen Gesundheit der Menschen gespielt«.

Zugleich äußerte Hermes »Respekt vor der künstlerischen Radikalität« von Regisseurin Florentina Holzinger. »Sie legt schonungslos den Finger in die Wunde patriarchaler und klerikal-religiöser Herrschaft.« Das sei »richtig und wichtig«, denn es gebe »eine schlimme Schuldgeschichte unserer Kirche«.

Holzingers Inszenierung war schon vorher aus der Kirche kritisiert worden. Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück kritisierte zum Anlass der Wiener Aufführung von »Sancta«, das Stück reproduziere bekannte Klischees. Nonnen, die aus den klösterlichen Mauern ausbrechen, um sexuelle Befreiung zu erleben, sei »ein etwas schlichtes Narrativ«.

Das Interesse des Publikums haben die Berichte aber offenbar trotzdem geweckt: Aktuell sind alle Aufführungen in Stuttgart ausgebucht.

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