Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten war zu hören, nun müsse die Europäische Union endlich lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Diese Woche gab es Gelegenheit zu überprüfen, welche Fortschritte die europäische Demokratie macht. Die neue EU-Kommission wurde vom Europaparlament im Amt bestätigt, deren Chefin Ursula von der Leyen erklärte im Plenum ihre Strategie, um den Kontinent wettbewerbsfähiger und sicherer zu machen. Aber leider wurde ein großer Teil der Aufmerksamkeit, zumindest in Deutschland, absorbiert von einem anderen Thema. In eine Schlagzeile gepackt: EU immer irrer –will sie uns auch noch das Rauchen verbieten?
Das Europaparlament befasste sich, neben der Abstimmung über die Kommission, in Straßburg mit einer Resolution zum Rauchen in Außenbereich – selbstverständlich mit guten Gründen und besten Absichten. Ihrem eigenen „Plan gegen den Krebs“ folgend, will die EU durchsetzen, dass es 2040 eine „Generation rauchfrei“ in Europa gibt, das heißt: Statt heute 25 Prozent sollen nur noch fünf Prozent der Menschen Tabak konsumieren. Deshalb soll auch das Rauchen im Außenbereich eingeschränkt werden – wie, darüber entbrannte im Parlament ein heftiger Streit.
Eine Frage war beispielsweise, ob man wirklich so weit gehen sollte, das Rauchen auch in der Außengastronomie – im Biergarten zum Beispiel – zu verbieten. Reichen nicht auch Beschränkungen in der Nähe von Kindergärten, Spielplätzen, Schulen, Krankenhäusern? Eine andere Frage: Sind Aerosole, die von E-Zigaretten verursacht werden, genauso gefährlich wie Tabakrauch? Nein, fand eine Mehrheit im Parlament, deshalb wurde die Resolution abgelehnt. Aber das Thema ist noch längst nicht erledigt.
Was man wissen sollte: Die EU hat keinerlei Befugnis für Rauchverbote
Anlass der Debatte im Parlament war eine Empfehlung der EU-Kommission vom September. Die EU-Länder sollen demnach Rauchverbote „auf wichtige Außenbereiche“ ausweiten, darunter „Freizeitbereiche im Freien für Kinder wie öffentliche Spielplätze, Freizeitparks und Freibäder sowie öffentliche Gebäude, Haltestellen und Bahnhofsbereiche“. In die Verbote einbeziehen solle man auch „neuartige Produkte wie erhitzte Tabakerzeugnisse und elektronische Zigaretten“. Darüber wird nächste Woche im Rat der Mitgliedsländer abgestimmt.
Was man unbedingt wissen muss: Es handelt sich um eine „Empfehlung“ der Kommission. Die EU hat keinerlei Befugnis, irgendwo Rauchverbote zu verhängen. Das ist Sache der Mitgliedsländer. Auch die im Parlament debattierte Resolution wäre völlig folgenlos geblieben. Aber so ist sie nun mal, die EU.
In einer idealen Welt würden die Bürgerinnen und Bürger Bescheid wissen über die Funktionsweise der europäischen Institutionen und deren Einsatz im Kampf gegen Krebs würdigen. In der richtigen Welt sollte man wissen, dass die Bürgerinnen und Bürger sich durch solche Debatten in ihrem vagen Verdacht bestätigt fühlen, Brüssel wolle ihr Leben immer weiter normieren – und dass EU-kritische deutsche Großkommentatoren den Eindruck erwecken, die EU befasse sich in diesen schweren Zeiten nur mit Pipifax.
Ursula von der Leyen nannte übrigens im Parlament den Abbau von Bürokratie als Schwerpunkt ihrer neuen Kommission.