EU-Staaten beschließen abgeschwächtes Klimaziel für 2040

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Vor Klimakonferenz in Belém EU-Staaten beschließen abgeschwächtes Klimaziel für 2040

Nach zwei gerissenen Fristen haben sich die EU-Umweltminister auf ein Klimaziel für die Klimakonferenz in Brasilien geeinigt. Es ist schwächer als der Vorschlag der EU-Kommission und muss noch mit dem EU-Parlament verhandelt werden.

05.11.2025, 12.43 Uhr

Spaziergängern am Rhein vor einem Werk von Thyssenkrupp Stahl

Spaziergängern am Rhein vor einem Werk von Thyssenkrupp Stahl

Foto: Jochen Tack / picture alliance

Bis tief in die Nacht haben sie verhandelt, jetzt steht der Klimaplan fest, den die EU-Umweltminister bei der Weltklimakonferenz COP30 bei den Vereinten Nationen einreichen wollen: Im Vergleich zu 1990 wollen die EU-Staaten ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um mindestens 90 Prozent senken. Nach einem Kompromiss der Umweltminister sollen allerdings fünf Prozentpunkte davon durch Deals mit dem außereuropäischen Ausland erkauft werden können. Das teilte die dänische EU-Ratspräsidentschaft mit. Bis 2035 sollen die Emissionen in der EU zwischen 66,25 Prozent und 72,5 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken.

Über die Einigung muss noch mit dem Europaparlament verhandelt werden. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) lobte trotzdem schon einmal, dass die EU nun nach Deutschland auch ein verbindlich starkes Klimaziel für 2040 habe. »Das ist ein wichtiger Fortschritt für das Klima und eine gute Nachricht für die deutsche Wirtschaft, weil es gleiche Wettbewerbsbedingungen gibt.«

Die Zeit drängt. Die Klimakonferenz (COP30) im brasilianischen Belém beginnt kommenden Montag. Zwei Fristen für die Abgabe von Klimazielen, im Februar und zuletzt im September, wurden gerissen, weil sich die Mitgliedstaaten nicht einig geworden waren.

Widerstand mit Verweis auf Wirtschaftslage

Für 2030 und 2050 hat die EU bereits Klimaziele – das für 2040 steht noch aus. Deshalb hatte die Europäische Kommission im Juli vorgeschlagen, die Emissionen in den nächsten 15 Jahren um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Der Vorschlag entspricht in den wesentlichen Punkten den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Klimazielen der schwarz-roten Bundesregierung.

Den Kommissionsvorschlag schwächten die Länder deutlich ab. Denn mit Blick auf wirtschaftliche Belastungen, ein angespanntes geopolitisches Umfeld und Probleme der Industrie regte sich in einigen EU-Staaten bis zuletzt Widerstand. Jetzt sollen laut Kompromiss unter anderem bis zu fünf Prozentpunkte schon ab 2031 durch Klimazertifikate aus dem Ausland erzielt werden können. Die EU-Kommission hatte drei Prozentpunkte ab 2036 vorgeschlagen, Deutschland unterstützte das.

Weiterer Schritt steht noch aus

Das EU-Parlament muss sich noch zum Kommissionsvorschlag für das Klimaziel für 2040 positionieren. Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Im Anschluss daran müssen noch die EU-Staaten und die Parlamentarier verhandeln. Erst dann kann das Ziel in Kraft treten.

Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss monierte, die Ministerinnen und Minister betrieben politischen Selbstbetrug statt Klimaschutz. »Der Rat beschließt ein Ziel voller Revisionsklauseln, Senken-Ausreden und neuen Hintertüren«, so Bloss. »Weniger Klimaschutz für ein starkes Klimaziel, diese Gleichung geht nicht auf.«

So funktionieren Klimazertifikate

Bislang muss die EU ihre Klimaziele durch Minderungen der Treibhausgasemissionen auf eigenem Boden erreichen. Mit Klimazertifikaten aus Nicht-EU-Ländern sollen Emissionen, die in der EU entstehen, verrechnet werden können: So soll es etwa möglich sein, Emissionsgutschriften für Projekte der Kohlenstoffspeicherung oder -entnahme aus der Atmosphäre zu kaufen und zu den inländischen Reduktionen zu addieren.

Kritiker der Praxis befürchten, dass Staaten im Globalen Süden ihre nationalen Klimaziele bewusst niedriger ansetzen, um sich die Aufstockungen ihres Klimaschutzes von den Europäern bezahlen zu lassen – oder dass Minderungen bei den Emissionen doppelt angerechnet werden könnten.

Nach Einigung der Umweltminister soll die EU-Kommission nach ihrem Willen alle zwei Jahre überprüfen, ob die EU sich in die richtige Richtung bewegt und ob das 2040er-Ziel mit Europas Wettbewerbsfähigkeit und der Wissenschaft vereinbar ist. Wenn nötig, soll die Kommission auch neue Gesetzesvorschläge machen können. Sollten Kohlenstoffsenken wie Wälder oder Moore weniger zur Senkung der Emissionen beitragen als angenommen, soll das Ziel ebenfalls gesenkt werden können.

Die EU-Länder wollen außerdem, dass Brennstoffe erst ab 2028 in das Handelssystem mit Treibhausgas-Zertifikaten eingreifen. Das ist ein Jahr später als geplant. Beim sogenannten Emissionsrechtehandel müssen Unternehmen Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen nachweisen. Eigentlich sollen ab 2027 auch Brennstoffe einbezogen werden, was besonders den Verkehrs- und Gebäudebereich betrifft.

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