Mit Festivals verbindet mich eine innige Hassliebe. Einerseits freue ich mich (fast) jedes Jahr darauf, mit Freunden zusammen zu feiern, neue Bands zu sehen, mich zu verkleiden und den Alltag zu vergessen. Andererseits habe ich auf Festivals bisher meist bloß extreme Hitze oder Dauerregen mit Gewittern erlebt, die Toilettensituation ist unterirdisch und mein Rücken ruft spätestens nach Nacht zwei auf der Isomatte um Hilfe.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Essen: Meist zahlt man bereits mehrere Hundert Euro für das Einlassticket, muss zusätzlich die Kosten für An- und Abreise einrechnen, vielleicht einen Schlafsack oder ein neues Zelt anschaffen – und dann verlangen sie auf dem Gelände teilweise über sechs Euro für eine kleine Portion Pommes und fast sieben Euro für ein Bier. Das ist zwar noch weit entfernt von den 21-Dollar-Wraps beim Coachella, aber trotzdem eine Frechheit.
Bafög oder Azubigehalt sind schon wieder fast aufgebraucht? Der Obstkorb beim unbezahlten Agenturpraktikum war geräubert? Und bitte nicht schon wieder Pizzatoast? Alles kein Problem: In dieser Kolumne zeigt SPIEGEL-Redakteur und Hobbykoch Sebastian Maas, wie man trotz Flaute auf dem Konto leckere und besondere Gerichte zaubern kann. Dabei gibt es nur zwei Regeln:
Eine Portion darf maximal so viel kosten wie ein Essen in der Mensa, also drei Euro.
Teure Spezialgeräte sind tabu.
Klar, es gibt fairere Festivals. Meiner Erfahrung nach wird einem aber besonders bei den großen Musikfestivals deutlich zu tief in die Tasche gegriffen, wenn man dort einfach nur überleben möchte. Wer knapp bei Kasse ist, muss also versuchen, die eine oder andere Mahlzeit selbst zu organisieren.
In dieser Sonderfolge von Kochen ohne Kohle gibt es daher ein paar Tipps, wie man mit dem Einkauf vor dem Fest einiges sparen kann und welche Klassiker man immer im Gepäck haben sollte. Selbst, wenn man nicht aufs Geld schaut, ist der Weg zur nächsten Fressbude morgens mit einem Kater vielleicht einfach zu weit, sodass sich ein Vorrat an Snacks im Zelt bezahlt macht.
Weil nicht nur die Festivals, sondern auch die Wege dorthin sehr unterschiedlich sein können, habe ich die Tipps in drei Kategorien sortiert:
Holzklasse: Man reist mit Bus oder Bahn an und muss jedes extra Gramm von der eigenen Haustür bis zum Campingplatz auf dem Gelände schleppen. Kochen oder kühlen kann man hier nichts.
Economy Plus: Man hat jemanden in der Gruppe, der mit dem Auto kommt und ein paar schwerere Lebensmittel einpacken kann, hat aber keine Kühlung oder Kochstelle.
Business Class: Man reist mit dem Camper oder Auto an und hat daher ausreichend Platz, um auch schwere Lebensmittel, Getränke, Kühlung und eine Kochgelegenheit mitzubringen.
In allen drei Kategorien gilt anfangs: Recherche ist angesagt! Diese Fragen über das Festival sollte man im Vorfeld beantworten können:
Hat das Festival einen Supermarkt in der Nähe oder sogar auf dem Gelände?
Wenn ja: Welche Lebensmittel und Getränke konnte man dort im Vorjahr kaufen und was haben sie etwa gekostet? Gerade frische Zutaten wie Obst, Gemüse und Grillgut, Platzfresser wie Brot oder schwere Dinge wie Getränke und Grillkohle kann man oft auch hier holen – sofern der Vorrat reicht und die Preise nicht überzogen sind.
Darf man auf dem Campingplatz Grills oder Gaskocher nutzen, oder ist das wegen Feuergefahr verboten?
Sind Glasflaschen erlaubt oder darf man nur Plastik mitnehmen?
Darf man überhaupt eigene Getränke mitbringen, insbesondere alkoholische?
Gibt es auf dem Gelände (verlässlich und kostenlos) Trinkwasser?
Kann man auf dem Gelände mit Karte oder nur Bar zahlen?
Für alle »Reiseklassen« gibt es einige Lebensmittel, die sich als besonders festivaltauglich herauskristallisiert haben:
Ravioli sind der Klassiker, ebenso wie Minisalamis.
Pumpernickel-artiges Schwarzbrot ist ein gesunder Sattmacher mit vielen Ballaststoffen, ebenso wie Müsli.
Vegane Milchalternativen sind super, weil sie auch ungekühlt länger haltbar sind, dasselbe gilt für vegane Brotaufstriche aus dem Glas.
Müsliriegel, Trockenobst, Erdnüsse und Nüsse liefern bei wenig Gewicht viel Energie.
Hart gekochte und nicht abgeschreckte Eier halten sich auch ungekühlt zwei Wochen, als proteinreichen Snack kann man sie gut einplanen.
Auf meine Frage nach den liebsten Festivalsnacks bekam ich von meinen Instagram-Follower:innen noch die Empfehlungen: mit Reis gefüllte Weinblätter, Energy Balls aus Datteln, Bananenbrot, vegane Fleischwurst, Instant-Ramen, Oliven, Dosenfisch, Milchbrötchen, Schoko- oder Haselnusscremes im Glas, Knäckebrot.
Essen für die Holzklasse – Anreise mit Bus oder Bahn

Kein Platz für Nonsens: Der Rucksackinhalt will wohlüberlegt sein
Foto: Sina Schuldt / dpaWer alles zum Campingplatz tragen muss, sollte Kilos und Kilokalorien ins Verhältnis bringen. Eine Salatgurke bringt bei 400 Gramm nur etwa 50 Kilokalorien an Energie – sie kann zusammen mit anderem Diätessen getrost zu Hause bleiben. Wir haben im Rucksack ohnehin keinen Platz für Messer oder Schneidebrettchen. Getränke und Konservendosen sind uns auch zu schwer.
Besser ist es, hier auf hochkalorische Lebensmittel und Leitungswasser zu setzen. Müsliriegel, Studentenfutter oder andere Nüsse stehen ganz oben auf der Einkaufsliste, außerdem Minisalami (auch vegan) und Dosenfisch. Für die Kohlenhydrate packen wir Kekse (im Sommer natürlich ohne Schokolade) und Knäckebrot ein.
Sofern es auf dem Festivalgelände einen Supermarkt gibt, sollte man hier zuerst nach frischem Obst schauen, danach folgen gekühlte Lebensmittel wie Joghurts oder Milch, die man dann tagesaktuell aufbrauchen kann.
Zudem brauchen wir eine leere Trinkflasche, um regelmäßig Wasser auffüllen zu können. Hinein kommen gelegentlich Brausetabletten mit Vitaminen und/oder Elektrolyten. Damit schmeckt auch das angebliche Trinkwasser aus dem zweifelhaften Hahn beim Campingplatz.
Als Protein- und Fettquelle kann man sich hart gekochte Eier einstecken. Aber bitte nicht schon im Bus zum Festival pellen.
Essen für Economy Plus – jemand in der Gruppe hat ein Auto

Ruhiger schlafen, weil man nicht alles schleppen musste
Foto: Lucy Nicholson / REUTERSIn dieser Klasse kann man sich teilweise auf Fertigmahlzeiten in Dosen verlassen, wenn man dem alten Festivalgrundsatz »Rot geht auch kalt« vertrauen möchte. Soll heißen: Gerichte mit Tomatensoße, die in sterilen Konserven gekauft werden können, kann man teilweise auch ohne Erhitzen essen. Ich selbst würde mir trotzdem ungern über mehrere Tage kalte Ravioli reinschaufeln, weil sich mein Verdauungstrakt sonst schneller verabschiedet als mein Rücken.
Wir brauchen also zumindest stellenweise mal ein Gericht mit echten Nährstoffen. Besonders gut eignen sich hier schnelle Salate mit vorgekochten Hülsenfrüchten aus der Dose, etwa Kichererbsen, Linsen, weißen Bohnen oder Kidneybohnen – die enthalten Proteine und Ballaststoffe. Dazu kommt frisches Gemüse wie rote Paprika, die netterweise auch viel Vitamin C enthält und nicht geschält werden muss.
Um sich auf dem Campingplatz Arbeit zu ersparen, kann man sich in kleinen Flaschen oder Gläsern bereits zu Hause Dressing und Gewürze anmischen. Eine Essig-Öl-Senf-Vinaigrette hält sich auch im Sommer problemlos. Ein kleines Glas mit einer Mischung aus Salz, Pfeffer und Paprikapulver peppt jede herzhafte Mahlzeit auf.
Essen für die Business Class – Anreise mit eigenem Auto

Wenn man den Platz hat, kann man auch ein Sofa mitbringen. Oder seine eigene Küche?
Foto: Felix Kästle / dpaWer mit dem eigenen Auto oder Camper anreist, hat oft genug Platz, um nicht nur eigene Verpflegung, sondern auch einen Campingtisch und Stühle, einen Pavillon, eine Kühltruhe voller Eis und einen Campingkocher oder einen Grill mitzunehmen. Schön muss es sein, das Leben auf der Sonnenseite. Nicht alles kilometerweit über das Gelände schleppen zu müssen, spart hier Kräfte und Geduld.
Wer trotzdem nicht bloß auf Dosenfutter und Grillwurst zurückgreifen möchte, kann sich natürlich Gemüse, Salate und Obst mitbringen. Wo eine Kochstelle für heißes Wasser ist, kann in kurzer Zeit Couscous zubereitet werden. Auf einem Grill kann man Käsesandwiches heiß machen.
Oder: einfach zu Hause Mahlzeiten vorkochen und diese dann einfrieren. In der Kühltruhe halten diese dann bis zum nächsten Hunger. Gerade bei kurzen Festivals ohne 35 Grad im Schatten ist es so kein Problem, lecker und abwechslungsreich zu essen. Außerdem halten die TK-Gerichte in der Truhe das Bier oder den Kartoffelsalat kalt, eine Win-win-Situation. Diese Rezepte eignen sich besonders dafür: