Mit 33 Toren in 21 Spielen steht Nadine Anstatt vom 1. FSV Mainz 05 als Gewinnerin der "Torjägerkanone® für alle" in den dritten Ligen der Frauen fest. Durch die Regionalliga-Meisterschaft und den Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga kehrt die 30-Jährige in bekanntes Terrain zurück, welches vor allem eines erfordert: gutes Zeitmanagement.

Nadine Anstatt schnappt sich die "Torjägerkanone® für alle" in den 3. Ligen der Frauen. IMAGO/HMB-Media
Nadine Anstatt vom 1. FSV Mainz 05 blickt auf eine Saison zurück, "die kaum besser hätte laufen können". Die 30-jährige Masterstudentin im Bereich Sportwissenschaften feierte mit ihren Nullfünferinnen nicht nur die Meisterschaft in der Regionalliga Südwest und den damit verbundenen Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga, sondern kurz darauf auch das Double mit dem Gewinn des Landespokals. Anstatt winkt außerdem noch eine persönliche Auszeichnung: Mit 33 Toren in 21 Spielen schoss sie die meisten Tore in den fünf deutschen Frauen-Regionalligen und steht damit als Siegerin der "Torjägerkanone® für alle" fest.
"Das ist eine tolle Auszeichnung", freut sich die Offensivspielerin - die am liebsten im zentralen Mittelfeld auf der Sechs oder Acht spielt, aufgrund des Mainzer Systems in dieser Spielzeit aber meist auf der Zehn eingesetzt wurde - über die schneeweiße Trophäe. Die Kanone gleicht für sie jedoch nur dem i-Tüpfelchen auf einer insgesamt makellosen Saison. "Das ist eine schöne Würdigung, aber nicht nur für mich, sondern auch für die gesamte Mannschaft", ohne deren Mithilfe sie wohl nie so viele Treffer erzielt hätte.
Ich bin häufiger vor dem Tor aufgetaucht, als ich erwartet habe.
Dass in dieser Saison ein Erfolg den nächsten jagen und sie am Ende mit ihren Toren an der bundesweiten Drittliga-Spitze landen würde, war für Anstatt "in keinster Weise zu erwarten". Und wie erklärt sich die erfahrene Torjägerin ihren Lauf? "Ich bin häufiger vor dem Tor aufgetaucht, als ich erwartet hatte", analysiert Anstatt. Das sei auf die Mainzer Spielanlage zurückzuführen, die auf dominanten Ballbesitzfußball setzt und sie damit zwangsläufig häufiger in die Box führte. Dadurch musste sie weniger finale Pässe spielen, als sie es von sich selbst als Spielmacherin gewohnt ist.
Im Strafraum konnte sie dann ihre Stärken ausspielen. Dazu zählt trotz einer Körpergröße von 1,72 Metern überraschenderweise das Kopfballspiel. Rund ein Drittel ihrer Tore erzielte Anstatt laut eigenen Angaben per Kopf. Bei den restlichen Treffern profitierte die Allrounderin, deren große Schwäche der Antritt ist, von ihrer Erfahrung und Abgeklärtheit vor dem Tor.
Zurück im Profi-Fußball
Apropos Erfahrung: Davon hat Anstatt reichlich. In ihrer Karriere ist die Mainzerin schon viel herumgekommen. Für den TuS Wörrstadt - rund 30 Minuten von Mainz entfernt -, den TSV Schott Mainz, den 1. FC Saarbrücken und den 1. FSV Mainz 05 spielte sie bereits in der Regionalliga.
Mit dem jüngsten Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga begibt sich Anstatt nun zurück in bekanntes Terrain. Dort stand sie nämlich erstmals schon in der Saison 2014/15 für den FFC Frankfurt auf dem Feld. Für den FFC gab sie ein Jahr später auch ihr Debüt in der Bundesliga. Es war die erste Station in ihrer Karriere, die nicht im direkten Umfeld ihrer Heimatstadt Mainz lag. Um den Traum von einer Profi-Karriere aufrechtzuerhalten, musste Anstatt viel Zeit und Energie investieren.
Neben den zahlreichen Trainingseinheiten und Spielen in ganz Deutschland musste sie sich auch noch den Lebensunterhalt verdienen. Nebenjobs während des Studiums gehörten deshalb zum Alltag. "Je nach Verein verdient man vermutlich im Herrenfußball schon in der Bezirksliga mehr", zieht die Offensivspielerin den Vergleich.
Dazu kamen viele Stunden auf der Autobahn. Während ihrer Zeit in Wetzlar pendelte sie meist die rund 100 Kilometer. Dasselbe tat sie auch zu Beginn in Frankfurt, ehe sie dann doch in eine WG zog.
Je nach Verein verdient man vermutlich im Herrenfußball schon in der Bezirksliga mehr als im Frauen-Profifußball.
Der ganze Aufwand hielt die fußballverrückte Anstatt dennoch nicht davon ab, 2019 sogar für ein Jahr nach Niedersachsen zum über 400 Kilometer entfernten BV Cloppenburg zu wechseln. Neben dem Zweitliga-Alltag arbeitete sie Teilzeit in der Cloppenburger Physio-Abteilung und schrieb zudem an ihrer Bachelorarbeit. Warum tut man sich dieses Nomadendasein an? "Das machen zu dürfen, woran man Freude hat, ist ein Privileg", stellt Anstatt klar, nennt aber auch die Kehrseite der Medaille: "Es gehört eine Menge Arbeit dazu. Man muss schon für den Sport brennen, sonst funktioniert das nicht."
Seit 2022 ist sie zurück in ihrer Heimat Mainz. Zunächst spielte sie für den TSV Schott Mainz, dessen Frauenmannschaft später aufgelöst wurde und fortan unter dem Banner des FSV Mainz 05 in der Regionalliga antrat. Die Vorgabe des Bundesligisten ist klar: Langfristig sollen auch die Frauen in der höchsten deutschen Spielklasse vertreten sein. Für Anstatt sind das optimale Bedingungen: "Ich freue mich auf die kommende Zweitliga-Saison und kann mir gut vorstellen, noch ein paar Jahre auf diesem Niveau zu spielen, vorausgesetzt, dass der Körper mitmacht und ich meinen eigenen Erwartungen gerecht werde."
Lukas Karakas