Die Angst geht um in Köln: "Der Grundton ist gefühlt Abstiegskampf"

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Im Aufstiegskampf patzt der 1. FC Köln gegen Schlusslicht Regensburg und plötzlich ist die Angst zurück beim Ex-Bundesligisten. Die Verantwortlichen werben weiter für Geduld, und der Sport-Geschäftsführer schließt einen Trainerwechsel aus.

 Gerhard Struber will mit dem 1. FC Köln aufsteigen.

Trainer in der Kritik: Gerhard Struber will mit dem 1. FC Köln aufsteigen. picture alliance/dpa

30 Minuten waren gespielt, da zeigten die Fans das erste Mal ihren Unmut. Kurz nach dem Pausenpfiff war es nicht mehr zu überhören: "Wir wollen euch kämpfen sehen" machte den Beginn, dann schallte kurz, aber klar hörbar "Struber raus" durchs Müngersdorfer Stadion. Nach dem Schlusspfiff entlud sich die ganze Enttäuschung von fast 50.000 Fans erneut in Richtung Gerhard Struber, auch Sportchef Christian Keller wird mit "Keller raus"-Rufen bedacht. Zwei Spieltage vor Saisonende herrscht beim 1. FC Köln Krisenstimmung.

Über den Sinn und Unsinn solcher Sprechchöre lässt sich streiten. Tatsache ist: Die Anhänger haben ein feines Gespür für Krisen und drohendes Ungemach. Nach dem 1:1 des FC gegen Jahn Regensburg am Samstagabend spürten nun offenbar viele Menschen, dass etwas im Argen liegt bei den Geißböcken.

"Wenn ich eines nicht teilen kann, dann den Ruf 'Wir wollen euch kämpfen sehen'", setzte Keller dem entgegen. Er betonte: "Die Mannschaft hat gekämpft. Es ist nicht angemessen gewesen, sie so an den Pranger zu stellen." Kellers Gefühl: "Die Stimmung ist so, als wenn wir gerade etwas komplett versaut hätten."

Noch hat der FC nichts versaut, trotz nur fünf eingefahrener Zähler aus den vergangenen fünf Partien ist die Mannschaft von Trainer Struber noch zweiter und hat fünf Punkte Vorsprung auf Platz 4. Aber viele Fans haben offenbar das Gefühl, ganz bald könnte etwas versaut werden, und zwar der Wiederaufstieg. Zu harmlos hatte sich Köln erneut präsentiert, zu einfach dem Jahn ein Tor geschenkt.

"Wir waren in vielen Momenten zu ineffizient", ärgerte sich Struber über die zahlreichen vergebenen Chancen und sagte: "Es ist ein ernüchternder Moment, weil ich eine ganz andere Erwartung gehabt habe, das Spiel klar auf unsere Seite zu ziehen." Eine Erwartungshaltung, die bitter enttäuscht wurde.

Hübers zeigt Verständnis für den Unmut

An der Motivation und dem Einsatz lag es nicht, da waren sich Kapitän Timo Hübers und Keller einig. Und doch: "Es ist Wut, Enttäuschung dabei, dass wir das Spiel als vormals Tabellenerster gegen den Letzten nicht gewinnen können", gab Hübers zu. "Deswegen ist Verständnis dabei. Wir haben die letzten zwei Spiele wirklich gar kein gutes Gesicht gezeigt."

Nur wieso? Köln hat doch seit Wochen alle Trümpfe in der Hand. "Ob das jetzt Angst ist, zu viel Respekt, das weiß ich nicht", sagte Hübers und gab zu: "Fakt ist, dass wir es nicht hinbekommen, so dominant aufzutreten, dass wir einen klaren Sieg einfahren." Die Angst, das sehen Woche für Woche Tausende, geht um. Die Angst, es auf den letzten Metern doch noch zu verbaseln. Da machen es Spiele wie nun gegen Regensburg nicht gerade besser.

Keller steht zu Struber

Was also tun? Ruhe bewahren, sagen alle Kölner unisono. "Wir müssen die Kirche im Dorf lassen", betont Hübers. "Der Grundton ist gefühlt Abstiegskampf, was ich für den Moment auch verstehen kann. Aber letztendlich können wir eine Riesensache schaffen." Einen "Tritt in den Hintern" werde es vom Trainerteam wohl geben, aber das eher intern. "Es ist doch klar, dass keine Geschenke vom Himmel fallen", bekräftigte Struber, der sich auch mit seiner Rolle als "Blitzableiter" abfinden kann.

Richtig ist, dass der FC nach wie vor in einer "eine komfortablen Position" steckt, wie Struber formulierte. Gleichzeitig sind die Sorgen der Kölner Fans nur allzu verständlich. Aus der Ruhe bringen lassen will sich davon aber niemand am Geißbockheim. Einen kurzfristigen Trainerwechsel, wie in der 2. Liga zuletzt so oft praktiziert, wird es mit Keller nicht geben: "Das kann ich ausschließen, weil ich von sowas nichts halte."

Jim Decker

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