Deutschland bei der U21-EM: Diese fünf Talente der deutschen Junioren sollten Sie kennen

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Deutsche U21 bei der EM in Slowenien

Deutsche U21 bei der EM in Slowenien

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Beautiful Sports / Meusel / picture alliance

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Die U21-EM 2009 in Schweden hat einen großen Platz in den Geschichtsbüchern des DFB. Die Mannschaft, die damals mit spielerischer Leichtigkeit durch das Turnier schritt, war mehr als eine Ansammlung junger Talente: Sie wurde Teil einer goldenen Generation. Im Finale deklassierten die Deutschen die Engländer, mit dabei: Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Sami Khedira und Mesut Özil.

Fünf Jahre später, im Maracanã von Rio de Janeiro, krönten diese sechs ihre Karrieren mit dem WM-Titel. Die U21-EM von 2009 – rückblickend das Vorspiel zu einem der größten Erfolge des deutschen Fußballs.

Große Nachwuchsturniere sind seit jeher ein Schaufenster der Zukunft. Junge Männer, die auf den Sprung zu den Großen drängen, oft schon mit Bundesliga-Erfahrung, präsentieren sich als Versprechen an die Fußballwelt. Nun steht eine neue Generation in den Startlöchern. Die deutsche U21 hat das EM-Viertelfinale (am Sonntag gegen Italien) bereits souverän erreicht – drei Siege, eine Ansage.

Im Fokus: Nick Woltemade, Stürmer vom VfB Stuttgart, 1,98 Meter groß, technisch versiert. Von ihm wird man noch sehr viel hören.

Doch Woltemade ist nicht das einzige Toptalent. Wir blicken auf fünf Akteure, die derzeit besonders im Rampenlicht stehen – und vielleicht schon bald die nächste große Ära des deutschen Fußballs mitprägen werden.

Der Talentierte
Paul Wanner, Mittelfeld

Wanner ist vom FC Bayern an den 1. FC Heidenheim ausgeliehen

Wanner ist vom FC Bayern an den 1. FC Heidenheim ausgeliehen

Foto: Beautiful Sports / Meusel / IMAGO

Durch Hermann Gerlands Hände sind einige der besten deutschen Fußballer der vergangenen Jahrzehnte gegangen: Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller. Mittlerweile ist der 71-Jährige Co-Trainer der deutschen U21-Junioren und sagte über Wanner: »Er hat vom lieben Gott so viel Talent geschenkt bekommen wie nur ganz, ganz wenige andere auf diesem Planeten. Vielleicht noch Wirtz und Musiala.«

Florian Wirtz und Jamal Musiala könnten theoretisch auch noch an dieser U21-EM teilnehmen, sind den Sphären des Juniorenfußballs aber längst entwachsen.

Wanner wurde im ersten Gruppenspiel gegen Slowenien erst in der 87. Minute eingewechselt, beim 4:2 gegen Tschechien saß er 90 Minuten auf der Bank. Beim dritten Spiel gegen England, als die DFB-Junioren schon sicher im Viertelfinale standen, durfte er mit den Ersatzleuten auflaufen. Zu wenig für einen so vielseitig einsetzbaren Offensivspieler, der bereits mit 16 ins Rampenlicht trat. Beim FC Bayern wurde er zum jüngsten Spieler der Vereinsgeschichte in der Champions League und Bundesliga.

Die Frage lautete nur: Wird er A-Nationalspieler für Deutschland oder Österreich? Das ist immer noch offen.

Mittlerweile ist die Fragestellung auch: Ist er nach Lehrjahren in Elversberg und Heidenheim bereit für den großen Sprung zum Rekordmeister?

Es spricht aktuell nicht viel dafür: U21-Kandidaten wie Jonas Urbig und Tom Bischof wurden von den Münchnern für die Klub-WM angefordert, Wanner nicht. Er muss jetzt »Gas geben«, forderte Gerland in der »Bild«-Zeitung. »Wenn ich damals dieses Talent gehabt hätte wie Paul, hätte ich in seinem Alter schon ungefähr 100 Spiele bei Bayern München gemacht.«

Zeit für eine große Karriere hat der 19-Jährige theoretisch noch genügend: Auch bei der kommenden EM 2027 wäre er noch für die deutsche U21 spielberechtigt. Er hätte sicher nichts dagegen, dann dem Juniorenfußball entwachsen zu sein. Wie Musiala, wie Wirtz. Nach 100 Spielen für den FC Bayern München.

Der Kronprinz
Noah Atubolu, Torwart

Atubolu spielt im Verein beim SC Freiburg

Atubolu spielt im Verein beim SC Freiburg

Foto: Christian Hofer / Getty Images

Der gebürtige Freiburger hat gerade seine zweite Saison als Stammtorhüter seines Heimatklubs abgeschlossen. In seiner Premierensaison wackelte er noch mehrfach bedenklich, doch in der Folgespielzeit war er Leistungsträger eines Teams, das nur knapp die Qualifikation für die Champions League verpasste.

Mit 1,90 Meter Körpergröße und fast 100 Kilogramm ist er bemerkenswert stark in Eins-gegen-Eins-Situationen. Weitere Vorzüge des 23-Jährigen: sein Positionsspiel und der Aufbau von hinten heraus.

Atubolu gehört bei der Paradenquote und den Ballkontakten zu den Topkeepern der Bundesliga, als ehemaliger Feldspieler ist er sowohl für Klubtrainer Julian Schuster als auch für U21-Nationalcoach Antonio di Salvo als mitspielender Torhüter ein Gewinn.

Die Entwicklung kommt zu einem günstigen Zeitpunkt, wo bald ein Generationswechsel im DFB-Tor ansteht. »Manuel Neuer ist nicht mehr da und Marc-André ter Stegen wird wohl auch nicht mehr lange für die Nationalmannschaft spielen«, sagte Atubolu der »Bild«.

Damit würde er auch deutsche Fußballgeschichte schreiben. »Der erste schwarze Torhüter [der deutschen Nationalmannschaft] zu werden, wäre etwas Besonderes«, so Atubolu.

Einen Automatismus gibt es allerdings nicht: Wenn man in Deutschland von erfolgreichen Juniorennationaltorhütern spricht, dann wird meist auf Neuer verwiesen, der nach dem U21-Titelgewinn 2009 fast nahtlos im A-Team durchstartete.

Allerdings: Die beiden letzten deutschen U21-Europameister im Tor hießen Julian Pollersbeck (2017) und Finn Dahmen (2021). Mit der A-Nationalmannschaft kamen sie seitdem nicht in Berührung.

Der Mutige
Brajan Gruda, Mittelfeld/Angriff

Gruda spielt im Verein bei Brighton

Gruda spielt im Verein bei Brighton

Foto: Beautiful Sports / Meusel / IMAGO

Der Fall von Brajan Gruda zeigt, wie schnell es manchmal gehen kann. Er hatte gerade eine gute Saison bei Mainz 05 gespielt, da entschied Brighton aus der Premier League im vergangenen Sommer, den jungen Offensivspieler nach England zu holen. Für eine Ablöse von rund 32 Millionen Euro. Damit ist er der zwölftteuerste deutsche Spieler der Geschichte und liegt auf diesem Rang zwischen André Schürrle und Mats Hummels, zwei Weltmeistern.

Kritiker sagten, das alles sei für den damals gerade 20-Jährigen viel zu schnell gegangen. Er selbst sagte dazu: »Die Premier League ist ein Traum.« Den wolle er sich einfach erfüllen – egal, wie alt er ist. Mut zeichnet diesen Spieler aus.

In Brighton, trainiert von Landsmann Fabian Hürzeler, musste sich Gruda zunächst hinten anstellen. Eine Verletzung bremste ihn zusätzlich aus, erst kurz vor Weihnachten durfte er erstmals von Beginn an ran. Die erste Torvorlage folgte Ende Februar – ein zäher Start.

Gegen Saisonende jedoch deutete Gruda an, warum Brighton so viel Geld ausgab. Der vielseitige Offensivmann, der bevorzugt über die rechte Seite mit Tempo und Dribbelstärke kommt, fand zu alter Form zurück. Diesen Eindruck bestätigte er nun auch bei der U21-EM.

In der A-Auswahl gibt es auf dem rechten Flügel noch einige andere Bewerber um einen WM-Platz, die meisten sind nicht übermächtig: Karim Adeyemi schwankt in seinen Leistungen, Jamie Leweling vom VfB Stuttgart hat sich bisher nicht als feste Größe etabliert und Leroy Sané, der zu Galatasaray gewechselt ist, spielt nun in einer Liga, die nicht mehr zur europäischen Elite zählt.

Für Gruda spricht vielleicht der erste Eindruck. Bereits vor der Heim-EM im vergangenen Jahr durfte Gruda als Trainingsgast bei DFB-Auswahl mitspielen. Bundestrainer Julian Nagelsmann zeigte sich beeindruckt von Grudas Mut im Eins-gegen-eins und seiner Schnelligkeit.

Der Zwei-Optionen-Mann
Paul Nebel, Mittelfeld

Nebel spielt im Verein bei Mainz 05

Nebel spielt im Verein bei Mainz 05

Foto: Branislav Racko / IMAGO

Mainz 05 spielt in der kommenden Saison in der Conference League, vom Fast-Absteiger nach Europa. Einer der Gründe ist Paul Nebel: Der offensive Mittelfeldspieler kam auf zehn Treffer und sechs Torvorlagen. Beeindruckende Zahlen für einen 22-Jährigen, der im Jahr davor noch in der zweiten Liga gespielt hat.

Bei der U21-Europameisterschaft dirigiert er das deutsche Offensivspiel, findet Lösungen selbst unter Druck, trifft kluge Entscheidungen. Trainer und Experten loben immer wieder seine außergewöhnliche Spielintelligenz, seine Fähigkeit, das Geschehen zu antizipieren und zu lenken.

Doch so strahlend Nebels Zukunft scheint, so ungewiss ist ihr Verlauf. Im DFB-Team versperren ihm mit Florian Wirtz – dem wohl bald teuersten deutschen Fußballer der Geschichte – und Jamal Musiala, dem Gesicht des FC Bayern, zwei Ausnahmespieler den Weg.

Möglich, dass die U21-EM bereits Nebels Abschiedsvorstellung im DFB-Trikot ist.

Denn Nebel hat eine Alternative: Seine Großmutter ist Irin, der irische Fußballverband wirbt intensiv um das Talent.

Nebel selbst schließt einen Wechsel nicht aus. »Wenn das beim DFB irgendwann nicht mehr klappen sollte, dann muss man sich auch Gedanken machen, weil auch Irland in meinem Herzen ist«, sagt er.

Das Ziel, sich in Deutschlands Auswahl durchzusetzen, habe er allerdings.

Die Hoffnung
Nathaniel Brown, Abwehr

Brown spielt im Verein bei Eintracht Frankfurt

Brown spielt im Verein bei Eintracht Frankfurt

Foto: Jan Huebner / IMAGO

Die Talentschmiede des 1. FC Nürnberg hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der renommiertesten Ausbildungsstätten im deutschen Fußball entwickelt. Einer ihrer jüngsten Entdeckungen ist Nathaniel Brown, 22 Jahre, inzwischen für Eintracht Frankfurt aktiv.

Für drei Millionen Euro sicherten sich die Frankfurter im vergangenen Jahr die Dienste des Linksverteidigers – eine Investition, die sich rasch auszahlen sollte.

Brown wurde in der abgelaufenen Saison zum Stammspieler und überzeugte mit bemerkenswerter Offensivfreude: Sieben Tore bereitete er vor, dreimal traf er selbst. Zahlen, die für einen Defensivspieler besonders stark sind.

Dabei hat er fast ein kleines Tempoproblem: In der abgelaufenen Saison kam Brown gerade einmal auf eine Top-Geschwindigkeit von 34,27 Kilometern pro Stunde und ist damit nicht einmal unter den 100 schnellsten Bundesligaprofis vertreten.

Und trotzdem ist Brown nun Teil einer Frankfurter Mannschaft, die in der kommenden Saison in der Champions League spielen wird, sowie als Stammspieler ein wichtiger Teil der U21, die um den EM-Titel kämpft.

Damit wird er automatisch zu einem wichtigen Hoffnungsträger für eine Problemposition im DFB-Team: die des linken Außenverteidigers.

Die jüngsten Kandidaten Maximilian Mittelstädt, David Raum und Robin Gosens konnten jedenfalls in der Vergangenheit nicht nachhaltig beweisen, dass ihnen die Zukunft auf dieser Position gehört.

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