Auf die Jugend setzen - mit diesem seit Längerem praktizierten Kurs hat der 1. FC Nürnberg bekanntlich beste Erfahrungen gemacht. Was der konkret bedeutet, wird im Trainingslager in Südtirol deutlich.

Youngster Tim Janisch genießt das volle Vertrauen beim FCN. IMAGO/Zink
Bei der Abfahrt nach Gais ist Oliver Villadsen noch an Bord gewesen, bei der Heimreise am Sonntag wird sein Platz leerbleiben. Der Rechtsverteidiger hat am Mittwoch sein Köfferchen gepackt, um in seine dänische Heimat zu fahren. Genauer nach Kopenhagen, um sich den dort ansässigen Verein Bröndby IF anzuschließen. Er erhält dort einen Vierjahresvertrag, der FCN soll als Sockelablöse 600 00 Euro erhalten, also in etwas mehr als jene Summe, die er vor einem Jahr in die Hand nahm, um Villadsen vom dänischen Erstligisten FC Nordsjaelland loszueisen.
Dass der 23-Jährige nur ein Jahr bleiben sollte, zeichnete sich im vergangenen Sommer nicht ab. Im Gegenteil, der Club wähnte einen Spieler verpflichtet zu haben, der so viel Potenzial in den Füßen stecken hat, um zur festen Größe zu werden: nissig im Zweikampf, schnell, mit Vorwärtsdrang, kurz, der ideale Schienenspieler, der zudem auch links spielen kann.
Von Janisch überholt
All diese Attribute zeigte er auch auf Anhieb, erspielte, erkämpfte und ersprintete sich somit einen Stammplatz, was sich an seinen 26 Einsätzen in der 2. Liga ablesen lässt. Das Aber: Danish Dynamite zündete nach seinem rasanten, vielversprechenden Start nicht die nächste Stufe und musste deswegen im Verlauf der Rückrunde mitansehen, wie ihn Youngster Tim Janisch überholte. Am 19-jährigen Eigengewächs gab es für ihn kein Vorbeikommen, sodass er bereits gegen Ende der vergangenen Saison mit dem Gedanken an einen Wechsel kokettierte. Der Rat seines Trainers hingegen: bleiben, Gas geben! Und Miroslav Klose garnierte dies mit dem Hinweis, dass er ihn gerne weiter in seinem Kader sehen würde.
Diesen Rat setzte Villadsen auch um, hängen ließ er sich jedenfalls nie, und doch sah er im Verlauf der Vorbereitung, dass er es schwer haben würde, Janisch das Stammelf-Ticket wieder zu entreißen. Hinzu kam, dass der FCN mit Justin von der Hitz vom 1. FC Köln einen Youngster für die rechte Seite verpflichtet hat. Ein 18-Jähriger, der bislang beim Club bestätigen konnte, warum er als großes Talent gilt.
Zwei bärenstarke Talente, da kam für Villadsen der Ruf aus der Heimat gerade recht, zumal Bröndby mit einer langfristigen Perspektive lockte. Beim in der dänischen Hauptstadt beheimateten Klub ist er als Nachfolger für Sebastian Sebulonsen vorgesehen, den sich der Bundesliga-Aufsteiger Köln geangelt hat.
Für den Club hat das neben einer weiteren Transfereinnahme zur Folge, dass er aktuell auf der rechten Seite keinen gestandenen Akteur mehr in seiner Kaderliste stehen hat. Mit einem 18- und einen 19-Jährigen in die Saison zu gehen, dies klingt erst mal nach Risiko und danach, als würde der FCN für diese Position noch mal tätig werden.
Vertrauen auf die Talente
Sportvorstand Joti Chatzialexiou indes sieht dies anders, verweist auf den Jugendkurs und dabei vor allem auf den notwendigen Mut, ihn durchzuziehen. Getreu der Devise, wer A sagt, muss auch das B folgen lassen, verweist er darauf, dass man eben dann auch den Talenten vertrauen muss. "Ich sehe keine Notwendigkeit, diese Position dreifach abzusichern. Wir sind absolut überzeugt von den beiden. Wir sind ja schon in der Vergangenheit mutig gewesen - und sehen keinen Grund, dies jetzt zu ändern", betont der FCN-Sportboss. Sein Trainer pflichtet ihm wenig überraschend auf ganzer Linie bei: "Die beiden haben genügend Qualität, deswegen haben wir ja auch Oliver gehen lassen. Ich habe da keinerlei Bedenken."
Chris Biechele