Unter der Woche hatte Alexander Sebald einen Trauerfall in der Familie zu verkraften, nun stand die eigentliche Nummer 2 von Energie Cottbus unverhofft im DFB-Pokal im Tor. Und avancierte zum gefeierten Helden.

Der Mann des Tages: Cottbus-Ersatzkeeper Alexander Sebald (weißes Trikot). IMAGO/Matthias Koch
Der Mann, der am Ende auf dem Zaun vor den elektrisierten Fans stand und die Party-Stimmung weiter anheizte, hätte eigentlich gar nicht spielen sollen. Im Normalfall hätte Alexander Sebald am späten Samstagnachmittag 90 Minuten die Bank von Energie Cottbus gedrückt, so wie er es in der kompletten vergangenen Saison - mit Ausnahme dreier Spiele im Landespokal - getan hatte.
Sebald, die Nummer 2 im Cottbuser Tor, aber musste kurzfristig einspringen. Weil Elias Bethke beim Warmmachen im Rasen hängen blieb und sich offenbar schwerer verletzt hatte, bekam Sebald seine Chance. 90 Minuten gegen Zweitligist Hannover, mehrere Paraden und einen gehaltenen Elfmeter später stand er dort oben auf dem Zaun und feierte mit den Fans den ersten Sieg im DFB-Pokal seit August 2013 (1:0 beim damaligen Regionalligisten Magdeburg).
"Da kommt heute alles zusammen nach der harten Woche für mich persönlich", fasste Sebald, ausgezeichnet als Man of the Match, anschließend im Sky-Interview zusammen und berichtete von einem Todesfall in der Familie. "Deswegen freut es mich heute umso mehr, dass ich der Mannschaft mit meiner Leistung helfen konnte."
Cottbus' Führung ein Sinnbild fürs Weiterkommen
Und das bei seinem "Kaltstart" eben nicht nur mit dem gehaltenen Elfmeter gegen Hannovers Boris Tomiak (42. Minute), sondern auch mit weiteren Glanztaten im zweiten Durchgang, als die klassenhöheren Gäste immer mehr auf den Ausgleich drückten. Die Führung und damit auch den Siegtreffer hatte Tolcay Cigerci bereits in der 12. Minute erzielt.
Ein Sinnbild für diesen Tag, wie Trainer Claus-Dieter Wollitz später meinte. Denn um den ambitionierten Zweitligisten zu schlagen, musste einfach viel zusammenkommen. Cigercis Treffer aus spitzem Winkel unter die Latte "konnte nirgends anders reingehen als so wie er reingegangen ist", staunte Wollitz, der auch die Defensivarbeit, vor allem in Hälfte eins, lobte.
Diese war der Fokus des FC Energie. "Zur Wahrheit gehört auch", gab Wollitz zu, "dass wir wenig Fußball gespielt haben." Das Gegenpressing der Hannoveraner sollte sein Team vielmehr mit langen Bällen überspielen, "was grundsätzlich nicht unsere Art ist". Die Defensive aber stand stabil, erst in Durchgang zwei kamen die Gäste zu mehr Torchancen. Wollitz: "Da brauchst du das nötige Glück, das Publikum, diese Einstellung, diese Leidenschaft, dass du aus so einem Spiel mal als Sieger herausgehst."
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Ganz Cottbus ist sich einig: Sebald "hat es sich verdient"
All diese Eigenschaften legte Cottbus an den Tag, für Keeper Sebald hatte der Coach aber noch ein Extralob parat. "Er ist ein unfassbarer Typ, der hat eine tolle Einstellung im Training, der pusht die Mannschaft", so der 60-Jährige. "Der hat sich heute für diese Menschlichkeit, die er vor einigen Jahren in den Klub gebracht hat, belohnt. Er hat es heute verdient."
Das scheinen auch die Teamkollegen so zu sehen. Der verletzte Bethke, verriet Sebald, sagte nach dem Spiel zu ihm, "dass ich mir das verdient habe. Ich würde schon fast sagen, wir sind wie Brüder." Ob Sebald seine Nummer 1 auch in der Liga ersetzen muss - am kommenden Samstag geht er Alltag bei Hoffenheim II (14 Uhr, LIVE! bei kicker) weiter - ist bislang noch offen.
Die eigentliche Nummer 2 aber müsse nach diesem "absolut besonderen Tag für die ganze Region" nun aber "erstmal runterkommen", meinte der 29-Jährige. Und dann: "Ich hoffe, dass wir aus dem Tag heute was mitnehmen können für die Spiele in der 3. Liga. Denn das ist eine harte Liga und da geht der volle Fokus hin." Aber vielleicht erst nach einer kleinen Party auf dem Fanzaun.
pja