Dietmar Hamann ist Fußballexperte beim TV-Sender Sky. Es gehört zu seinem Geschäftsmodell, mit provokanten Thesen Aufmerksamkeit herzustellen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass er mit Einschätzungen daneben liegt oder seine Aussagen schlecht altern. In den vergangenen Wochen kritisierte Hamann Jamal Musiala (»Alleinunterhalter«), Kylian Mbappé (»Bringt keine Leistung«), Bayer Leverkusen (»Nur ein Schatten«) und: Harry Kane.
Der englische Topstürmer des FC Bayern München beeindruckt in dieser Saison mit seiner Torquote, in bisher 17 Pflichtspielen hat er 20 Treffer erzielt und neun Tore aufgelegt. Trotzdem muss sich der 32-Jährige, der in seiner Karriere noch keinen bedeutenden Titel mit einer seiner Mannschaften gewinnen konnte, häufig mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass er in wichtigen Spielen gegen große Gegner zu selten treffe. Auch Hamann hatte diese Kritik vor wenigen Wochen geäußert.
»Er wurde nicht geholt, um gegen Darmstadt einen Hattrick zu erzielen«, schrieb Hamann Anfang Oktober in einer Kolumne auf Sky. »Er wurde geholt, um im Viertelfinale der Champions League oder gegen Topteams wie Leverkusen zu treffen.« Wenige Tage zuvor hatten die Bayern in der Königsklasse bei Aston Villa 0:1 verloren, Hamann schrieb von einem »ernüchternden Abend« für Kane und zweifelte die Berechtigung der hohen Ablösesumme für Kane an. Die Bayern hatten 2023 fast 100 Millionen Euro für Kane bezahlt.
Am Abend spielen die Bayern wieder in der Champions League, diesmal gegen Paris Saint-Germain, und diese Partie dürfte in die Kategorie Topspiel fallen. Kane saß im Vorfeld des Spiels bei der Pressekonferenz und wurde nach den Vorwürfen gefragt. »Meine Zahlen sind die besten meiner Karriere«, antwortete der Kapitän der englischen Nationalmannschaft.
Dass es Kritik gebe wie von Hamann, sei normal. Dessen Aussage, Kane treffe in den Topspielen nicht oft genug, sei womöglich »aus dem Zusammenhang gerissen« worden, sagt er. Und weiter: »Es ist vielleicht ein bisschen weit hergeholt, wenn man die Tore in der letzten Saison in den großen Spielen sieht, in Dortmund, in Stuttgart, alle diese Spiele.«
In dieser Saison gab es für die Bayern noch nicht allzu viele Topspiele, trotzdem steht der Klub mit sechs Punkten Vorsprung an der Spitze der Bundesliga. Beim 1:1 gegen Leverkusen blieb Kane torlos, gegen Stuttgart traf er dreimal, gegen Barcelona gelang ihm bei der 1:4-Niederlage der Ehrentreffer. Nun folgen allerdings gleich drei Topspiele in einer Woche. Nach PSG geht es für die Bayern am Samstag zum BVB, am Dienstag folgt im DFB-Pokal das Heimspiel gegen Leverkusen.
Er werde seine eigene Leistung trotzdem nicht nur an Toren messen. »Wenn wir drei Siege holen, ohne dass ich treffe, dann sind wir alle glücklich. Und auch der Trainer wird glücklich sein«, sagte Kane zu den drei Spielen binnen acht Tagen.