Wer trägt die Schuld am Chaos beim Abzug aus Afghanistan im Sommer 2021? Der damalige Außenminister macht die USA verantwortlich. Eine Koordination habe es nicht gegeben.
28. November 2024, 20:03 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, lak
Der ehemalige Außenminister Heiko Maas (SPD) führt das Chaos beim deutschen Abzug aus Afghanistan 2021 im Wesentlichen auf die einseitige Entscheidung der damaligen US-Regierung unter Donald Trump zurück. Die USA hätten den mit den Taliban in Doha ausgehandelten Abzugstermin zum 11. September 2021 nicht mit der afghanischen Regierung abgestimmt, sagte Maas im Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Die damalige US-Regierung habe der afghanischen Regierung damit "den Stuhl vor die Tür gestellt", sagte er. Dies habe die Taliban gestärkt und ihre Angriffe auf Regierungstruppen deutlich verstärkt und erfolgreicher gemacht.
Eine koordinierte Lageanalyse oder Abstimmung mit Nato-Partnern über einen gemeinsamen Abzug habe es nicht gegeben, sagte Maas. Die USA hätten ihre Pläne eigenständig umgesetzt und dabei Einwände oder Bedenken der Nato und EU ignoriert. Maas sagte, es sei nicht möglich gewesen, mit den USA Vereinbarungen über einen besser koordinierten Rückzug zu treffen. Zudem hätte sich Deutschland früher auf die Evakuierung vorbereiten können, wenn die US-Pläne frühzeitiger kommuniziert worden wären.
Das 2020 geschlossene Doha-Abkommen regelte den Abzug aller US-Truppen und ihrer Verbündeten aus Afghanistan. Im Gegenzug sicherten die Taliban zu, dass Afghanistan kein Rückzugsort für terroristische Gruppen werde. Nach einem Besuch in Kabul im April 2021 habe Maas jedoch "nicht den Eindruck eines zusammenbrechenden Regimes" gehabt. Bereits im August 2021 kehrten die Taliban an die Macht zurück, was zu einer chaotischen Evakuierung führte.
Mit Maas befragte der Untersuchungsausschuss einen der wichtigsten
Zeugen. Er gilt als einer der Hauptverantwortlichen der damaligen Evakuierung der deutschen Botschaft in Kabul. Der Ausschuss soll die Umstände des deutschen Rückzugs und die Entscheidungsprozesse zur Unterstützung von Ortskräften untersuchen.