Bundesregierung: Kiesewetter muss Kontrollgremium für die Geheimdienste verlassen

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Es gibt kaum einen CDU-Politiker, der so oft in Talkshows zu sehen ist wie Roderich Kiesewetter. Im Jahr 2023 zum Beispiel hatte aus der gesamten Union lediglich Jens Spahn mehr Auftritte in den großen Talkrunden von ARD und ZDF. Kiesewetter hat immer klare Positionen, er formuliert prägnant, geht kaum einer Debatte aus dem Weg – und schert sich dabei regelmäßig nicht um die Parteilinie. Das macht ihn für die Sender interessant. Doch in der eigenen Partei reüssiert man damit nicht.

Das muss Kiesewetter gerade mal wieder erleben. Er war bisher stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, bis 2022 sogar dessen Vorsitzender. Jetzt, nach dem Sieg bei der Bundestagswahl, darf die CDU erneut den Vorsitzenden stellen. Doch die Unionsfraktion hat dafür nicht Kiesewetter nominiert. Und nicht nur das: Kiesewetter darf nicht einmal mehr als einfaches Mitglied in das wichtige Gremium einziehen. Das PKGr, so wird es abgekürzt, kontrolliert den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst.

Aus dem Umfeld von CDU-Chef Friedrich Merz soll ein klares Signal gekommen sein

Am Dienstagnachmittag hat die Unionsfraktion die CDU-Kandidaten für das PKGr benannt. Derlei Funktionen werden in der Unionsfraktion von den sogenannten Teppichhändlern, das sind im Wesentlichen die Landesgruppenvorsitzenden, vorbesprochen. Angeblich hat Kiesewetters Landesgruppenchef ihn noch als möglichen Vorschlag in die Runde eingebracht. Doch aus dem Umfeld von CDU-Chef Friedrich Merz sei klar signalisiert worden, dass man Kiesewetter nicht im PKGr haben wolle. Sicher ist jedenfalls, dass der Name Kiesewetter in dem am Ende abgestimmten Vorschlag nicht enthalten war. Für die CDU sollen jetzt Alexander Throm und Marc Henrichmann in das PKGr einziehen – und Henrichmann der Vorsitzende werden.

„Ich bin nicht in eine Kampfkandidatur gegangen, weil ich das wichtige Amt nicht beschädigen will“, sagt Kiesewetter der Süddeutschen Zeitung. Und: „Dass ich jetzt nicht PKGr-Mitglied werde, ist der Preis, den ich für meine Haltung bezahle.“

Kiesewetter ist unbestritten ein ausgewiesener Fachmann. 2006 wurde er der jüngste Oberst in den deutschen Streitkräften. In seiner Zeit als Soldat hat er breite Erfahrungen gesammelt, zum Beispiel als Kommandeur oder im Nato-Hauptquartier Europa und bei Auslandseinsätzen. 2009 ist er zum ersten Mal in den Bundestag eingezogen, sein Mandat hat er seitdem immer direkt gewonnen.

Er gehört zu jenen, die nicht gemeinsam mit der AfD für den Migrationsantrag der Union stimmten

Kiesewetter hat manchmal schon Botschaften ausgesprochen, vor denen sich viele in der CDU noch gedrückt haben – etwa, dass eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben nötig sei. Oder dass die Ukraine auch Ziele in Russland angreifen können müsse. Und im Umgang mit der AfD war er immer für einen harten Kurs – er gehört zu den Unterstützern eines Antrags auf Prüfung eines AfD-Verbots. Im Januar hat er im Bundestag nicht mit seiner Fraktion gestimmt, als die Union dank der Zustimmung der AfD einen Migrationsantrag durchs Parlament brachte. Das alles ist die Haltung, von der Kiesewetter jetzt spricht.

Doch viele in der CDU sehen das anders. Sie beklagen etwa, dass Kiesewetter der Partei den ohnehin harten Wahlkampf vor den drei Ost-Landtagswahlen im vergangenen Jahr zusätzlich erschwert habe – dort kommen seine Forderungen nach einer stärkeren Unterstützung der Ukraine nicht so gut an.

Sie beklagen auch manche Einlassungen Kiesewetters auf der Plattform X. Für einen Tweet zog er sich besonders viel Unmut zu. „Es verdichten sich die Hinweise, dass Bundeskanzler Scholz vor dem 23. Februar nach Moskau reist bzw. Putin trifft“ – dies könne eine „Wahlkampfüberraschung“ sein, hatte Kiesewetter im Januar auf X geschrieben.  Scholz hatte dies als zutiefst unanständige Falschbehauptung kritisiert. Nach der Androhung rechtlicher Schritte löschte Kiesewetter den Tweet.

Angesichts all dessen habe Kiesewetter keinen Grund zur Klage, hieß es am Mittwoch aus der Unionsfraktionsführung. Außerdem habe er doch eine andere Funktion bekommen. Kiesewetter ist jetzt Obmann der Unionsabgeordneten im Auswärtigen Ausschuss. Man wird also weiter von ihm hören.

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