Die Bundesregierung vollzieht bei der Filmförderung einen Kurswechsel. Mit dem Entwurf des Bundeshaushalts für 2026 will das Kabinett in seiner Sitzung am Mittwoch auch eine Verdoppelung dieser Mittel von zurzeit 133 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro im nächsten Jahr beschließen.
So steht es auf Seite 92 der Kabinettsvorlage, unter der Position des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Diese Summe soll drei Jahre lang jährlich Filmdienstleistern, deutschen und internationalen Produzenten zugutekommen und damit, so die Hoffnung, Deutschland für hochwertige Kino- und TV-Produktionen wieder attraktiver machen. Seit Jahren beklagen die Studios rückläufige Auslastungen, deutsche Produktionsfirmen zog es wegen der höheren steuerlichen Alimentierung scharenweise ins Ausland. Auch zahlreiche Filme und Serien für ARD und ZDF wurden in Spanien, Tschechien oder Ungarn gedreht.
Länder wehrten sich gegen die Hälfte der Zusatzkosten
Der Koalitionsvertrag sieht ein steuerbasiertes Anreizmodell sowie verpflichtende Investitionsabgaben von Streamingplattformen vor. Der Staatsminister Wolfram Weimer hatte am 27. Juni, nach dem Bayerischen Filmgipfel in München, erklärt, man werde das Steueranreizmodell und die Investitionsverpflichtung in Angriff nehmen. Je nach Ausgang der Gespräche, die noch vor der Sommerpause stattfinden sollen, könne man nach der Sommerpause mit der konkreten gesetzgeberischen Arbeit beginnen. Ein neues Gesetz könne im Laufe des nächsten Jahres Realität werden. Um über mögliche Selbstverpflichtungen für Investitionen zu sprechen, fand am 23. Juli ein „Streamer-Gipfel“ mit Netflix, Amazon, Disney+ und weiteren Anbietern statt. Was deren Verpflichtung zu Investitionen in deutsche Produktionen angeht, hielt sich Weimer nach dem Treffen bedeckt.
Ein Steueranreizmodell, bei dem 30 Prozent der in Deutschland anfallenden Produktionskosten gegen die Steuerlast verrechnet werden können, wie es inzwischen international Standard ist, versprach die damalige Kulturstaatsministerin Claudia Roth erstmals im Februar 2023. Da bis zum Ende der Ampelregierung 2024 jedoch kein Gesetzentwurf des Bundesfinanzmisters vorlag und sich die Länder weigerten, die Hälfte der möglichen Zusatzkosten zu übernehmen, wartet die Filmwirtschaft weiter auf einen wettbewerbsfähigen Zuschuss.
Zwar können seit Februar dieses Jahres Produktionsfirmen statt 20 Prozent 30 Prozent ihrer Kosten erstattet bekommen, doch da die Gesamtsumme des Deutschen Filmförderfonds und des German Motion Picture Funds gleich geblieben ist, hält sich der positive Effekt in Grenzen. Auch ist klar, dass sich die Verhandlungen mit den Ländern mindestens bis nächstes Jahr hinziehen werden und frühstens ab 2027 ein steuerbasiertes Anreizmodell in Kraft treten könnte. Die Filmwirtschaft klagte beim Staatsminister, dass bis dahin eine Insolvenzwelle über technische Dienstleister und Produktionsfirmen hinwegrollen würde. Also einigte man sich kurzfristig mit dem Bundesfinanzministerium, in dem Björn Böhning, ehemaliger Geschäftsführer der Produktionsallianz, Staatssekretär ist, auf die pragmatische Füllhorn-Lösung, die die Bundesländer verschont und eine schnelle Hilfe verspricht.
Doch dieser Kompromiss hat seinen Preis. Die Kabinettsvorlage sieht vor, dass 120 Millionen der 250 Millionen Euro gesperrt bleiben und der Freigabe durch den Bundesfinanzminister bedürfen. Damit wird ein Junktim zur Investitionsabgabe für Streamingplattformen geschaffen, wie sie die Produktionsallianz seit Langem in Höhe von 20 Prozent des Umsatzes in deutsche Produktionen fordert. Bisher weigern sich Netflix & Co. jedoch, unter Verweis auf geringere Festlegungen in anderen europäischen Ländern, eine solch hohe Abgabe zu leisten. In der Filmwirtschaft ist bereits von „Erpressung“ die Rede, da die dringend benötigten Fördermittel nur dann freigegeben werden, wenn Wolfram Weimer zu einer Übereinkunft mit den Streaminganbietern kommt. Der Buhmann wäre bei einem Scheitern nicht der Finanzminister der SPD, Lars Klingbeil, sondern der von der CDU vorgeschlagene Kulturstaatsminister Weimer.