Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.
Wichtige Updates
Bas lehnt Söders Bürgergeld-Vorstoß ab
SPD sieht keinen Nutzen, CDU-Arbeitnehmerflügel mit scharfer Kritik: Diskussion über Söders Vorschlag zu Ukrainern im Bürgergeld
Klöckner dringt auf erneute Reform des Bundestagswahlrechts
SPD fordert Union zu Gespräch mit Brosius-Gersdorf auf – Kein Austausch geplant
SPD-Regierungschef Woidke für neue Richterkandidaten
Städtetag: Deutschlandticket ist für 2026 nicht gesichert
Der Deutsche Städtetag sieht die Weiterführung des Deutschlandtickets noch immer in Gefahr. Die Finanzierung für das kommende Jahr müsse schnell geklärt werden. «Wenn das Regionalisierungsgesetz vom Bund und damit die Finanzierung des Deutschlandtickets so bleiben, stehen uns wieder Wochen und Monate des Bangens ins Haus», sagte der Hauptgeschäftsführer Christian Schuchardt der Funke-Mediengruppe.
In diesem Jahr geben Bund und Länder jeweils 1,5 Milliarden Euro für das Ticket, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen. Dies soll auch für 2026 wieder so geregelt werden, dazu muss das sogenannte Regionalisierungsgesetz geändert werden. An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett den Beschluss dazu fassen. Doch das reicht nicht. Seit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 stehe die Finanzierung des Tickets auf tönernen Füßen, sagte Schuchardt. «Die 1,5 Milliarden Euro, die Bund und Länder bisher jeweils pro Jahr zuschießen, decken zusammen mit den Ticketeinnahmen nicht die Kosten, die den Verkehrsträgern entstehen.» Der Ausgleichsbedarf liege mindestens bei insgesamt 3,6 Milliarden Euro pro Jahr.
Der Bund sage das Ticket zu, wolle aber für die Mehrkosten nicht aufkommen. Die Länder lehnten Mehraufwendungen ebenfalls ab, skizzierte Schuchardt die Lage. Zudem seien im Haushaltsentwurf 2026 die Bundesmittel für das Deutschlandticket nicht berücksichtigt. «Damit ist das Ticket auch für 2026 in keiner Weise gesichert», sagte der Vertreter der Kommunen. Man wolle die «Erfolgsgeschichte Deutschlandticket» fortschreiben. «Aber es droht schon wieder eine Hängepartie mit Ansage.» Der Städtetag fordert ein langfristiges Finanzierungsmodell für das Deutschlandticket. «Das muss die neue Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern liefern», sagte Schuchardt.
Bundestierschutzbeauftragte Kari muss gehen
Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) trennt sich von der Tierschutzbeauftragten Ariane Kari, die sein Vorgänger Cem Özdemir (Grüne) 2023 eingestellt hatte. Ende Mai habe das Bundeskabinett beschlossen, den Vertrag der Veterinärmedizinerin um drei Monate bis Ende August zu verlängern, teilte ein Sprecher des Ministers mit. „Darüber hinaus ist eine Fortführung nicht geplant.“ An dem Amt möchte Rainer allerdings festhalten. Es ist beim Landwirtschaftsministerium angesiedelt, die Beauftragte arbeitet aber unabhängig.
Kari selbst hatte zuvor in einem Video auf der Plattform Instagram mitgeteilt, „dass ich das Amt in dieser Legislatur nicht weiter bekleiden werde“. Ihre Amtszeit ende hier. Die oder der Bundestierschutzbeauftragte soll bei der Gesetzgebung in Tierschutzbelangen mitwirken, Missstände beim Umgang mit Tieren bekämpfen und Ansprechpartner für Organisationen und Bürger sein. Kari wies in ihrem Video darauf hin, dass seit dem Regierungswechsel zur Debatte gestanden habe, ob und wie es mit dem Amt weitergehe. Aus den Reihen der Union war es von Anfang an als „überflüssig und falsch“ abgelehnt worden.
Minister Rainer sagte der Deutschen Presseagentur am Dienstag, er wolle das Amt erhalten. „Tierschutz bleibt ein zentrales Anliegen der Bundesregierung. Deshalb wird es auch künftig eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Tierschutz geben“, so Rainer. Kari habe als erste Bundestierschutzbeauftragte wertvolle Impulse für den Tierschutz gegeben. „Für das Engagement bedanke ich mich herzlich. Ich wünsche ihr für ihre weitere berufliche Zukunft alles Gute.“ Wer das Amt künftig ausüben soll, sagte Rainer nicht.
Die Grünen-Tierschutzexpertin im Bundestag, Zoe Mayer, nannte es nicht nachvollziehbar, warum die exzellente Arbeit von Kari beendet werde. Politische Motive seien die einzig naheliegende Erklärung für ihre Entlassung. Diese sollte dringend überprüft werden. Der Deutsche Tierschutzbund sprach von einem „tierschutzpolitischen Beben“, mit dieser Entscheidung habe Minister Rainer Vertrauen bei den Tierschützern verspielt.
Ariane Kari aus Pforzheim war die erste Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung. Warum ihre Stelle von Anfang an umstritten war, lesen Sie hier:
Ausbau klimafreundlicher Wärme soll beschleunigt werden
Die Bundesregierung will den Ausbau von Geothermie und Großwärmepumpen beschleunigen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) wolle das Kabinett am Mittwoch beschließen, hieß es in ihrem Ministerium. Kern des Gesetzes ist, dass Anlagen zur Nutzung der Wärme aus dem Erdreich, große Wärmepumpen und Wärmespeicher künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen. Dies soll Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen. Beschleunigt werden sollen auch Großwärmepumpen, die nicht nur Erdwärme, sondern auch Wärme aus Gewässern, Abwasser oder Industrieabwärme nutzen können.
Einer Studie des Fraunhofer-Instituts aus dem Jahr 2023 zufolge verfügt Deutschland allein durch Geothermie über das Potenzial, mehr als ein Viertel seines jährlichen Wärmebedarfs zu decken. Der Ausbau wurde jedoch bislang durch komplexe Vorschriften verlangsamt. Der Gesetzentwurf muss nun noch von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.
Bundesregierung will Gas-Kunden um 3,4 Mrd Euro entlasten
Die Bundesregierung will am Mittwoch die Abschaffung der Gasspeicherumlage auf den Weg bringen. Dadurch sollen Verbraucher und Unternehmen um insgesamt rund 3,4 Milliarden Euro entlastet werden. Für einen Vier-Personen-Haushalt bedeutet dies nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium eine jährliche Ersparnis je nach Verbrauch von 30 bis 60 Euro. Profitieren sollen vor allem gasintensive Branchen wie die Chemie- und Düngemittelindustrie, die Metallerzeugung sowie die Glas- und Keramikindustrie. Die Umlage war 2022 nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine eingeführt worden, um zur Deckung der hohen Kosten für den Ersatz von russischem Gas beizutragen.
Bas lehnt Söders Bürgergeld-Vorstoß ab
Der bayerische Ministerpräsident hat mit seinem Vorschlag, allen geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern das Bürgergeld zu streichen, für eine Debatte gesorgt. Die zuständige Ministerin Bärbel Bas (SPD) erteilt dem nun eine Absage. "Wir sollten uns alle auf den Koalitionsvertrag konzentrieren. Das kann ich nur allen anraten, ansonsten haben wir ganz andere Probleme in dieser Koalition", sagte die Arbeitsministerin dem Sender Welt-TV. Solche "neuen Streitpunkte" brauche es nicht, fügte die SPD-Vorsitzende hinzu.
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist verabredet, lediglich neu ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr zu zahlen, sondern sie wie Asylbewerber zu behandeln - im Gegensatz zu bereits hier lebenden. Die Leistungen für Asylsuchende fallen geringer aus und werden oft als Sachleistungen oder per Bezahlkarte gewährt.
Auch Vizekanzler und Co-SPD-Chef Lars Klingbeil hatte sich ablehnend zum Vorstoß des CSU-Chefs geäußert. "Mancher Vorschlag, der jetzt in den letzten Tagen gemacht wurde, trägt, glaube ich, nicht dazu bei, dass wir in der Koalition gemeinsam vorankommen", sagte Klingbeil bei seinem Besuch in den USA.
FDP beginnt mit Arbeit an neuem Programm
Nach ihrem Debakel bei der Bundestagswahl beginnt die FDP mit ihrer inhaltlichen Neuaufstellung. Dazu soll heute eine Befragung der Mitglieder zu ihren politischen Sorgen und Erwartungen beginnen. Vorgesehen ist, diese in einigen Tagen auch auf politisch interessierte Nichtmitglieder auszuweiten.
Bei der Bundestagswahl im Februar scheiterte die FDP mit 4,3 Prozent der Zweitstimmen deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde und sitzt seitdem nicht mehr im Parlament. Den personellen Neuanfang vollzogen die Liberalen anschließend bei einem Bundesparteitag. Dort trat der frühere Fraktionsvorsitzende Christian Dürr die Nachfolge von Christian Lindner als Parteivorsitzender an. Nicole Büttner wurde zur neuen Generalsekretärin gewählt.
Die Befragungen sind der Auftakt für die Arbeiten an einem neuen Grundsatzprogramm, mit dem die Liberalen bei der nächsten Bundestagswahl wieder ins Parlament wollen. Mit Hilfe der eingegangenen Antworten sollen - auch mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz - Themenschwerpunkte identifiziert und zentrale gesellschaftliche Herausforderungen sichtbar gemacht werden.
SPD sieht keinen Nutzen, CDU-Arbeitnehmerflügel mit scharfer Kritik: Diskussion über Söders Vorschlag zu Ukrainern im Bürgergeld
Mit seinem Vorschlag, Geflüchteten aus der Ukraine künftig nicht mehr das Bürgergeld zu zahlen, sondern nur noch die geringeren Asylbewerberleistungen zu gewähren, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine Diskussion in der Bundesregierung ausgelöst. Aus der CDU gibt es Unterstützung für den Vorschlag, aber auch heftige Kritik. Bei der SPD stößt er auf Ablehnung.
"Mancher Vorschlag, der jetzt in den letzten Tagen gemacht wurde, trägt, glaube ich, nicht dazu bei, dass wir in der Koalition gemeinsam vorankommen", sagte der SPD-Chef Lars Klingbeil mit Blick auf Söders Bemerkungen. Im Koalitionsvertrag sei klar vereinbart, dass neu ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr erhalten sollten. "Das wird jetzt auch so schnell wie möglich umgesetzt", sagte Klingbeil zu. "Das ist eine Entscheidung, die ich auch richtig finde."
"Offenbar erhoffen sich einige in der Debatte durch die rückwirkende Bürgergeld-Streichung für Menschen aus der Ukraine große Einsparungen im Staatshaushalt", sagte Dirk Wiese, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag. Der Verwaltungsaufwand für die Kommunen, die mit einem solchen Schritt verbunden wäre, hebe Einsparungen "faktisch wieder auf". Stattdessen sollten sich Jobcenter darauf konzentrieren, Ukrainerinnen und Ukrainer schneller in Arbeit zu bringen.
Unterstützung für den Vorschlag erhält Söder teilweise von seiner Schwesterpartei CDU. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stimmte Söder zu, Kanzleramtsminister Thorsten Frei sagte RTL/ntv, das Bürgergeld habe dazu geführt, dass Geflüchtete schlechter in den Arbeitsmarkt integriert würden.
Kritik an dem Vorstoß kommt von Dennis Radtke, dem Chef des Arbeitnehmerflügels der CDU. Radtke warf Söder im Focus vor, "einfach einen rauszuhauen". Das Denken in Überschriften habe "sich leider zum Arschgeweih der deutschen Politik entwickelt. Eine Zeit lang nett, aber irgendwann ist man es einfach nur noch leid", sagte er. Stattdessen solle die Union handwerklich saubere und staatstragende Politik machen.
Söders Vorschlag sieht vor, allen Geflüchteten aus der Ukraine das Bürgergeld zu streichen. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD geht nicht ganz so weit: Darin ist nur vorgesehen, neu ankommenden Menschen aus der Ukraine das Bürgergeld zu verwehren.
Fraktion distanziert sich von der CDU-Abgeordneten Ludwig
Die Brandenburger CDU-Politikerin Saskia Ludwig hat am Freitag an einem Fest bei einer rechten Denkfabrik in Ungarn teilgenommen. Fotos zeigen sie im Gespräch mit AfD-Chefin Alice Weidel. Die Unionsfraktion hat von dieser Reise laut eigenen Angaben nichts gewusst. "Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gilt und schließt jede Zusammenarbeit mit der AfD aus. An diesen ist jedes CDU-Mitglied gebunden", heißt es von einer Sprecherin auf Anfrage. Die Grüne Jugend fordert den Ausschluss von Ludwig aus der Unionsfraktion. Zuerst hatte die freie Journalistin Annika Brockschmidt auf Bluesky über Ludwigs Teilnahme an der Veranstaltung berichtet.
Das Mathias-Corvinus-Collegium (MCC) im ungarischen Esztergom gilt als Kaderschmiede der Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten und Rechtspopulisten Viktor Orbán. Die Denkfabrik und Bildungseinrichtung importiert unter anderem Ideen rechter Publizisten aus den USA. Beim Festival war laut Facebook-Seite des MCC Orbán zu Gast, ebenso Tech-Milliardär Peter Thiel, bekannt für rechtskonservative Positionen.
Die CDU-Abgeordnete äußerte sich auf Anfrage nicht, ein Sprecher verwies auf Zitate im Onlineportal Nius. "Freier Meinungsaustausch ist ein zentrales Element einer demokratischen Gesellschaft", sagte Ludwig dort. "Deshalb war es für mich selbstverständlich, mich mit verschiedensten Besuchern auszutauschen, ohne Angst vor Repressionen haben zu müssen." Nach Angaben ihres Sprechers war es ihr zweiter Besuch einer MCC-Veranstaltung.
Saskia Ludwig gilt als das Gesicht der Kampagne gegen SPD-Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf, schreibt Jan Heidtmann (mit SZ Plus):
Union und SPD setzen beim Bürgergeld auf Härte gegen Arbeitsverweigerer
Vertreter von Union und SPD fordern angesichts der gestiegenen Bürgergeld-Ausgaben mehr Härte gegen Betrüger und Arbeitsverweigerer. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), Reformen beim Bürgergeld seien richtig. "Wer das System ausnutzt, dem muss mit klaren Sanktionen begegnet werden. Bandenmäßiger Betrug oder Schwarzarbeit - wie etwa im Ruhrgebiet - dürfen nicht toleriert werden."
Der Staat hat 2024 für Menschen im Bürgergeld rund 46,9 Milliarden Euro an Hilfen gezahlt - rund vier Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Experten erklären den Anstieg der Gesamtsumme unter anderem mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze 2023 und 2024 als Inflationsausgleich. In diesem Jahr folgte eine Nullrunde, dies wird auch für 2026 erwartet.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban sagte dem RND: "Die neue Grundsicherung kann es nur noch für die geben, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind - nicht für die, die nicht arbeiten wollen." Wiese betonte, die große Mehrheit der Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger wolle aus der Arbeitslosigkeit herauskommen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert, Ukrainer aus dem Bürgergeldbezug auszuschließen. Die AfD will sogar noch weitergehen:
Klöckner dringt auf erneute Reform des Bundestagswahlrechts
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner besteht auf einer erneuten Reform des erst in der vergangenen Legislaturperiode geänderten Wahlrechts. „Ich habe die Fraktionen gebeten, sich des Themas anzunehmen. Der Arbeitsauftrag ist zudem im Koalitionsvertrag aufgenommen", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Einen eigenen Vorschlag will sie aber nicht vorlegen. „Ich kann jeden Vorschlag noch mal machen, der schon mal abgelehnt worden ist. Aber das ist ja wenig kreativ. Es liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch." Vielleicht gebe es ja jetzt auch Erkenntnisgewinne und eine Bereitschaft, sich auf ein Modell zu einigen, das zuvor abgelehnt worden sei.
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte mit einer Änderung des Bundestagswahlrechts eine Verkleinerung des Parlaments von zuletzt 735 auf 630 Sitze erreicht. Dies gelang durch das Streichen von Überhang- und Ausgleichsmandaten. Eine Folge war aber, dass nach der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 23 Wahlkreissieger ihr errungenes Direktmandat nicht erhielten, weil ihrer Partei die nötige Zweitstimmendeckung fehlte. Drei Wahlkreise in Baden-Württemberg und einer in Hessen sind sogar überhaupt nicht mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten.
Auf diese Weise werde die Erststimme entwertet, kritisierte die Bundestagspräsidentin. „Entweder muss man sagen, wir wollen ein anderes Wahlrecht, keine Erst- und Zweitstimme mehr. Oder man muss der Erststimme wieder zur Geltung verhelfen."
Nach der Bundestagswahl sind erstmals ganze Wahlkreise nicht mehr in Berlin vertreten. Was heißt das für die Bürger, die Region, die Demokratie? Eine Erkundung in Tübingen.
Wirtschaftsministerin Reiche fordert Beseitigung teurer Handelshürden innerhalb der EU
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat laut einem Vorabbericht der Bild am Sonntag die Beseitigung interner Barrieren im EU-Binnenmarkt gefordert. Es gehe um eine Gesamtbelastung durch solche Barrieren von 44 Prozent, also fast das Dreifache der drohenden Trump-Zölle, sagte Reiche. „Das sind über das Jahr genommen Milliarden Verluste, die den Unternehmen und damit auch den Arbeitnehmern verloren gehen“, erklärte sie dem Blatt. Die EU müsse demnach endlich ihren Binnenmarkt vollenden, forderte die Ministerin. Zuletzt habe es „kleine Fortschritte“ auf diesem Weg gegeben. Aber: „Wir sind noch längst nicht am Ende“, sagte sie der Zeitung.
Der Schaden sei immens, erklärte auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm der Bild am Sonntag: „Diese vielen unterschiedlichen Regeln schrecken Unternehmen und vor allem Investoren ab. Nicht nur innerhalb der EU, sondern auch aus Staaten, die in die EU exportieren wollen. Unternehmen investieren nicht, wenn sie die Regelungen gar nicht mehr durchschauen. Auf EU-Ebene, in den Mitgliedsstaaten, in den Bundesländern und in den Kommunen – überall gibt es unterschiedliche oder zusätzliche Regeln.“
Digitalminister grundsätzlich offen für Palantir-Software
Digitalminister Karsten Wildberger zeigt sich grundsätzlich offen für den Einsatz von Technologien wie der umstrittenen Analyse-Software des US-Unternehmens Palantir bei deutschen Sicherheitsbehörden. „Wir sollten aber auch europäische Unternehmen haben, die solche Lösungen bieten können“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Wildberger wies darauf hin, dass Deutschland sich schützen müsse: „Menschen und Staaten, die andere wertepolitische Vorstellungen haben und ganze Länder bedrohen, nutzen zunehmend Technologie. Wir sollten ebenfalls Technologien nutzen, um unseren Staat und unsere Demokratie zu schützen“, so der Minister. „Wenn ein Anbieter eine solche Technologie bereitstellt, sollten wir in sie investieren.“
Er reagierte damit auf die Frage, ob es eine gute Idee sei, dass mehrere Bundesländer die Software von Palantir für ihre Polizei nutzen wollen.
Mit der Software sollen Ermittler automatisiert Verdächtige identifizieren und Straftaten verhindern oder aufklären können. In Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen wird sie schon genutzt, nun soll auch die Polizei in Baden-Württemberg darauf zurückgreifen können. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) lässt prüfen, ob die Software bundesweit eingesetzt werden soll.
SPD fordert Union zu Gespräch mit Brosius-Gersdorf auf – Kein Austausch geplant
Im Streit um die Besetzung offener Richterstellen am Bundesverfassungsgericht beharrt die SPD-Fraktion auf der Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf und fordert von der Union, das Angebot einer offenen Aussprache mit ihr endlich anzunehmen. „Frau Brosius-Gersdorf ist eine hervorragende Kandidatin“, sagte der Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch der Süddeutschen Zeitung. Dazu sei alles gesagt und es gebe – auch mit Stimmen der Union eine klare Empfehlung des Richterwahlausschusses.
„Ich erwarte, dass die CDU/CSU-Fraktion und der Bundeskanzler Frau Brosius-Gersdorf die Möglichkeit des Gesprächs geben, um jenseits der aufgeheizten Stimmung eine sachliche Meinungsbildung herbeizuführen“, betonte Miersch und ergänzte: „So wie es etwa auch Vertreter der katholischen Kirche gemacht haben.”
Zuvor hatte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke seiner SPD geraten, mit der Union ein komplett neues Vorschlagstableau zu erarbeiten und drei neue Personen für die offenen Stellen am Bundesverfassungsgericht zu nominieren. Neben Brosius-Gersdorf hat die SPD Katrin Kaufhold und die Union Günter Spinner nominiert.
Mehr dazu lesen Sie hier (SZ Plus):
Bundesjustizministerin Hubig kritisiert Umgang mit Frauke Brosius-Gersdorf
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat den Umgang mit der Verfassungsgerichtskandidatin Frauke Brosius-Gersdorf scharf kritisiert. „Die Art und Weise, wie sie von manchen angegriffen worden ist, war ein unglaublicher Vorgang“, sagte Hubig. Brosius-Gersdorf sei extremen persönlichen Anfeindungen ausgesetzt gewesen. „Durch solche Kampagnen vergraulen wir gute Bewerberinnen und Bewerber, das können und dürfen wir uns nicht leisten.“
Das Verhalten der Union in dem Fall nannte Hubig „mehr als ärgerlich“. Hubig zufolge sei es mit Blick auf die große Koalition wichtig, zügig Entscheidungen zu treffen. Das Amt eines Richters und einer Richterin am Bundesverfassungsgericht sei eines der wichtigsten Ämter in unserem Staat. „Mir ist wichtig, dass die Kandidatinnen und Kandidaten – es geht insgesamt ja um drei – keinen weiteren unverschuldeten Schaden nehmen.“ Wegen des Streits um Frauke Brosius-Gersdorf war auch die Wahl von Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner von der Tagesordnung des Bundestags genommen worden.
Lesen Sie das komplette Interview mit Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hier (SZ Plus):
Dröge macht Merz für Zoll-Deal verantwortlich
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge macht Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) für das aus ihrer Sicht schwache Verhandlungsergebnis im Zollstreit mit den USA verantwortlich. "Merz verantwortet das schwache Verhandlungsergebnis der EU, weil er den Turbo-Deal wollte. Und damit die Verhandlungslinie der EU geschwächt hat", sagte Dröge der Deutschen Presse-Agentur. "Er hat der deutschen Industrie damit einen Bärendienst erwiesen."
Dröge warnte: "Wenn Merz jetzt nicht umdenkt und endlich europäisch handelt, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und Investitionen in Zukunftstechnologien geraten in Gefahr." Es brauche eine Handelspolitik, die eine Allianz all jener Staaten schaffe, die "gute Regeln, fairen Handel und Klimaschutz" wollten. Die deutsche Politik müsse sich zur Stärkung des Binnenmarkts bekennen, „statt auf nationale Alleingänge und Abschottung zu setzen“.