
Michael Olise: Letzte Saison schon der überragende Münchner, diesmal gleich zum Start mit dem Doppelpack
Foto: Angelika Warmuth / REUTERSDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Die Nonchalance mit Löffeln gefressen: Michael Olise gibt sich gern betont lässig, auf dem Platz wie daneben. So betont, dass authentische Reaktion und Imagepflege beim Franzosen mitunter verschwimmen. Wie cool ist einer, der es sein möchte? Im Fall Olise: Leider sehr cool. Denn der 23-jährige, neben Harry Kane als einziger Bayern-Profi für den Ballon d'Or der Männer nominiert, begann die neue Saison so überragend, wie er die alte beendet hatte. Scharf und halbhoch überwand Olise RB-Torwart Peter Gulacsi zum ersten Tor der Saison (27. Minute), feierte dann mit verschränkten Armen. Ohne Florian Wirtz, ohne den verletzten Jamal Musiala scheint es an Olise, der Bundesliga ein aufregendes Gesicht zu geben.
Das Ergebnis: 6:0 (3:0) setzt sich der FC Bayern München gegen RB Leipzig durch, im Freistaat nennt man das eine Watschn für die Gäste. Der Grundstein für einen Start-Ziel-Sieg im Rennen um die Meisterschale ist damit gelegt.
Leihentheater: Für die Startaufstellung des FC Bayern zeichnete sich auf dem Papier Trainer Vincent Kompany verantwortlich. De facto stellte sich die Mannschaft in der Offensive allerdings von selbst auf: Kane, Olise, Serge Gnabry, Sommer-Zugang Luis Díaz, so lauten die vier Optionen für vier Positionen im Angriff. Auf der Bank warteten noch drei Nachwuchsspieler, mehr Kadertiefe wollen sich die Bayern nicht leisten. Also, eigentlich schon – aber der nächste Top-Spieler soll bitte kostengünstig zur Leihe kommen, wie Uli Hoeneß jüngst verfügte. Darüber hatte Manager Max Eberl sich jüngst noch herrlich echauffiert, gab sich dem Leih-Befehl gegenüber vor Anpfiff aber versöhnlich: »Das ist keine leichte Aufgabe, aber der stellen wir uns.«
Mode und Musik: Ehe es losging, wurde in der Allianz Arena um Aufmerksamkeit gestritten: In der Bayern-Fankurve wurde ein überlebensgroßes rotes Trikot ausgerollt. »Größer als alle anderen« sei dieses eine Trikot, vor allem fehlte ihm die weiße Musterung auf der Brust, die manch Anhänger am tatsächlichen Jersey sauer aufgestoßen war. Doch mit der Stilkritik nicht genug: André Schnura, laut Stadion-Ansage »der Typ mit dem Saxofon«, spielte die deutsche Nationalhymne, die Fans sangen weiter ihre Lieder. Auf dem Rasen wird Sportkultur offenbar anders interpretiert als an der Graswurzel.
Oh weh, OW: Dann aber: Fußball. Also, zumindest von einer Mannschaft. Gegen den SV Sandhausen im DFB-Pokal hatte sich Neu-Leipziger Ole Werner mit seinem Team noch schadlos gehalten. Der Härtetest gegen den Rekordmeister ging dann völlig schief. Ein Vorstoß von Yan Diomandé (5.), danach kam RB kaum geordnet über die Mittellinie. Und die Bayern zauberten. Laimer scheiterte per Volley an Gulacsi (11.), Kane traf das Lattenkreuz (25.), Olise (27.) und Díaz (32.) das Tor. Gnabry ließ mit einem abgefälschten Schuss ein zweites Mal das Aluminium zittern (40.), wieder Olise schickte die Gäste mit 0:3 in die Pause (42.). Der Tabellensiebte des Vorjahres möchte kommende Saison in Leipzig wieder Champions-League-Fußball spielen – für den Moment wäre es geboten, mit Bundesliga-Fußball zu beginnen.

Ole Werner sah noch nicht den Fußball, den er sich von seiner Mannschaft vorgestellt hatte
Foto: Angelika Warmuth / REUTERSSerge Engine: Ein Gewinner der ersten Hälfte spielte bei den Bayern zentral im offensiven Mittelfeld – und ist dort eigentlich selten zu finden: Serge Gnabry wird für gewöhnlich als Außenstürmer eingesetzt, vielleicht mal als hängende Spitze. Ein Spielmacher ist der 30-Jährige eigentlich nicht, gegen Leipzig aber glänzte der Hin-und-wieder-Nationalspieler als Motor des Münchner Offensivspiels und legte zwei Tore vor: Fein mit der Hacke auf Díaz, ehe dieser den Ball unter die Latte wuchtete, später der Steckpass auf Olise, der im Strafraum cool blieb.

Serge Gnabry umarmt Luis Díaz: Die Bayern-Offensive ist numerisch klein, aber fein
Foto: Alexander Hassenstein / Getty ImagesMeckern ist die beste Verteidigung: Nach dem Seitenwechsel war Leipzig besser im Spiel. Per Gewaltschuss aus spitzem Winkel donnerte Antonio Nusa den Ball zum vermeintlichen Ehrentreffer an Manuel Neuer vorbei ins Tor (66.). Dann aber hatte Florian Kimmich das eine oder andere Hühnchen mit Referee Florian Badstübner zu rupfen, redete und redete, sah Gelb, hielt aber zumindest die Spielfortsetzung auf. Und siehe da: Kimmichs Intervention hatte Erfolg. Nach VAR-Untersuchung kam heraus, dass Castello Lukeba den Treffer eingeleitet, als er tief in der eigenen Hälfte einen Freistoß nicht ausführte, sondern einfach losdribbelte. Zulässig ist das nicht, und so hielten die Bayern mit Verspätung die Null (71.).

Diese Gelbe nimmt er gerne: Aushilfs-VAR Joshua Kimmich setzte sich rhetorisch für eine makellose Bayern-Defensive ein
Foto: Alex Grimm / Getty ImagesKane kann nicht ohne Kanone: So blieb das Toreschießen auch nach der Pause den Bayern vorbehalten, Harry Kane brauchte für seinen Hattrick nur 15 Minuten (64., 74., 78.). »Wir wollten mit einem Statement starten, und das haben wir getan«, freute sich der englische Nationalmannschaftskapitän nach Abpfiff. Auch sein Weg zur nächsten Torjägerkanone scheint vorgezeichnet. Kommende Woche gibt es im Pokal gegen Wiesbaden (Mittwoch, 20.45 Uhr) und am Samstag in Augsburg (18.30 Uhr) die Chance auf weitere Torfestivals.