Brexit: Britische Regierung plant neues Handelsabkommen mit EU

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Kurz vor einem Treffen mit EU-Spitzenvertretern in London in der kommenden Woche hat die britische Regierung ein neues Abkommen mit Brüssel angekündigt. Bereits an diesem Sonntag werde Premierminister Keir Starmer darlegen, wie eine »gestärkte, zukunftsorientierte Partnerschaft mit der Europäischen Union« aussehen könne, die britischen Arbeitnehmern zugutekommen werde, teilte die Regierung in London mit. Das neue Abkommen verspreche Gutes für Wachstum und Arbeitsplätze.

In Anspielung auf den Brexit-Deal, mit dem sich Großbritannien von der EU abgelöst hat, heißt es in der Mitteilung weiter: Die britische Öffentlichkeit habe »etwas Besseres verdient als das unter der Vorgängerregierung erreichte Abkommen, das niemandem nutzt«.

Premier Starmer empfängt am Montag EU-Ratspräsident António Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die beiden Seiten wollen unter anderem ihre Handelsbeziehungen stärken. Der Deal werde britischen Erzeugern nützen, die beim Export mit bürokratischen Hürden und Kontrollen konfrontiert seien, hieß es. Für britische Verbraucher sollen zudem die Preise sinken.

Lebensmittelhandel, Verteidigung, Fischerei stehen zur Debatte

Mit dem neuen Abkommen soll der Lebensmittelhandel gestärkt werden, sagte der britische Chefunterhändler am Sonntag. Zudem hoffe Großbritannien auf eine engere Zusammenarbeit bei Verteidigung und Sicherheit. Britischen Unternehmen soll der Zugang zu einem EU-Kreditprogramm im Wert von 150 Milliarden Euro ermöglicht werden, so ein Ziel.

Die britische Regierung wolle zudem engere Beziehungen zu den Energiemärkten aufbauen, die gegenseitige Anerkennung bestimmter Berufsqualifikationen erreichen sowie den Zugang für Künstler auf Tournee und den besseren Austausch von Daten. Auch eine stärkere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Schleuserbanden sei geplant. Im Gegenzug könnte es etwa ein längerfristiges Abkommen über die Fischerei geben.

Anti-Brexit-Demonstration im Januar 2025 in London

Anti-Brexit-Demonstration im Januar 2025 in London

Foto: WIktor Szymanowicz / NurPhoto / IMAGO

»Wir wollen ein Abkommen, das für das britische Volk einen Unterschied macht«, sagte der britische EU-Verhandlungsführer Nick Thomas-Symonds gegenüber Sky News. »Was wir morgen erreichen wollen, ist ein Abkommen, das gut für die Arbeitsplätze sein wird, das helfen wird, unsere Grenzen zu sichern, und das helfen wird, die Haushaltsrechnungen zu senken.«

Mögliches Jugendaustauschprogramm

Laut einem Bericht der »Times« könnte ein neues Abkommen mit der EU auch ein Jugendaustauschprogramm enthalten, das es jungen Menschen aus der EU erlauben soll, bis zu zwei Jahre in Großbritannien zu arbeiten und umgekehrt – ohne jedoch die Freizügigkeit wieder einzuführen. Mit dem Brexit war das Vereinigte Königreich aus dem Erasmus+-Programm ausgestiegen, was Studierenden zuvor erleichtert hatte, Semester in Großbritannien einzulegen.

Starmer braucht wirtschaftlich und damit zugleich innenpolitisch dringend positive Botschaften. Der Rechtspopulist Nigel Farage setzt ihm zu, ausgerechnet der Vorkämpfer des Brexit.

Großbritannien war vor fünf Jahren aus der Europäischen Union ausgetreten und leidet wirtschaftlich weiterhin unter den Folgen. Der EU-Ausstieg, mit dem Großbritannien Bürokratie und Regeln der EU entfliehen wollte, hat ökonomisch massiven Schaden angerichtet . Das ist vielen Menschen angesichts der Auswirkungen klar geworden. Feuerfontänen wie in der Ausstiegsnacht würden heute wohl kaum mehr gezündet werden. Heute wünschen sich viele Briten die Zeit vor dem Brexit zurück.

Die Folgen des Brexits hat das Office for Budget Responsibility (OBR) beziffert, das den Zustand der britischen Wirtschaft und die Haushaltspläne der Regierung unabhängig analysiert. Danach wird Großbritannien durch den Brexit langfristig rund 15 Prozent weniger importieren und exportieren, als es bei einem EU-Verbleib der Fall gewesen wäre.

Viele EU-Regularien gelten für britische Firmen gewissermaßen weiterhin, denn ohne sie wäre der Handel mit den europäischen Nachbarn für die Briten kaum friktionslos möglich. EU-Länder verlangen bestimmte Labels, die die Sicherheit von Produkten garantieren, oder Nachweise über deren Herkunft. Gerade kleinere Unternehmen, die ein wichtiger Teil der britischen Wirtschaft sind, können die vielen nötigen Regeln nicht leicht bewältigen.

Erst vor Kurzem hatte Großbritannien auch Handelsabkommen mit Indien und den USA vereinbart. Hintergrund sind vor allem die hohen Zölle, die US-Präsident Donald Trump erlassen hat. Nach dem Deal mit Indien sprach der britische Premierminister Starmer von einem »bahnbrechenden Abkommen«. Für die Briten bedeutet es etwa deutlich niedrigere Zölle für den Export von Whisky, Gin und Autos in die ehemalige britische Kolonie. Indien profitiert unter anderem von niedrigen Zöllen auf Bekleidung.

»In dieser Zeit großer Ungewissheit und Unbeständigkeit wird das Vereinigte Königreich sich nicht in sich selbst zurückziehen, sondern stolz seinen Platz auf der Weltbühne einnehmen, indem es seine Bündnisse stärkt und Deals im Interesse der britischen Bevölkerung abschließt«, sagte Starmer laut Mitteilung.

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