Brettspiele für 2 Personen: Ozelot gegen Pinguin und weitere Duellspiele

vor 10 Stunden 1

»Zenith«: Planetares Tauziehen

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Hach, dieses wohlige Gefühl, als der Ausdruck wachsender Ohnmacht auf dem Gesicht meines Gegenübers sich zur Erkenntnis seiner Niederlage festigt. Zu blöd, wenn einem die richtigen Kartenfarben fehlen! Triumphierend ziehe ich den letzten Mars-Marker auf meine Seite und beherrsche einmal mehr die Galaxis. »Zenith« ist genau das Richtige für zwei Taktiker, die auf der Suche nach einer anspruchsvollen Herausforderung mit überschaubarer Regeltiefe sind und die schnell auf neue Situationen reagieren können.

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Auf fünf Planetenleisten liefern wir uns ein Tauziehen – wer zuerst drei gleiche, vier verschiedene oder fünf beliebige Marker dort abräumen kann, gewinnt. Komplizierter wird es nicht, aber der Weg dahin ist alles andere als einfach. Wir spielen Karten aus, mit denen wir die Marker bewegen, uns Ressourcen geben und auch die gegnerische Seite beeinflussen können. Ausgespielte Karten geben uns Rabatte beim Erwerb weiterer Karten. Man muss die gegnerische Seite genau im Blick haben; das macht das Spielerlebnis sehr intensiv, weil man dem eigenen Zug ebenso entgegenfiebert, wie man den gegnerischen fürchtet. Auch als Teamspiel ist »Zenith« eine tolle Erfahrung, weil jedes Team zwar offen kommunizieren, aber einander die eigenen Karten nicht zeigen darf und der Gegner immer mithört.

Das schöne Material macht das Ganze auch haptisch reizvoll. Ein wenig schade ist allerdings, dass es für jeden Planeten nur vier Marker gibt, obwohl der Fall eintreten kann, dass jeder zwei davon bekommt und man dann noch um einen weiteren kämpfen müsste. Den muss man dann durch etwas anderes ersetzen, denn die Regel sieht keine Patt-Situation vor.

Von Grégory Grard und Mathieu Roussel, für zwei oder (im Teamspiel) vier Personen ab zwölf Jahren, rund eine halbe Stunde

Hand drauf: Konfliktfreudige Taktiker

Finger weg: Paare, die offene Harmoniebaustellen haben

»Rival Cities«: Hamburg gegen Altona

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Wie kann man nur ein solcher Prozesshansel sein! Runde für Runde zahlt mein Mann etliche Ressourcen, nur um vor Gericht Recht zu behalten – und mir womöglich die dritte Justizkarte abzulocken. Meine einzige Hoffnung: Er übersieht, dass mir nur noch ein Schiff fehlt, um das Spiel zu beenden. Die Partnerstädte, deren absolute Mehrheit auch zum jähen Finale führen würde, haben wir beide ganz gut im Blick.

Das Verhältnis zwischen Hamburg und seiner Nachbarstadt Altona war über Jahrhunderte von Konkurrenz, Missgunst und Streitereien geprägt. Zeitweise besaß die liberale Nachbarin Hamburgs sogar die größere Handelsflotte, erst mit der Eingemeindung Altonas in den 1930er-Jahren fand die Rivalität ein Ende.

Der Göttinger Autor Andreas Steding hat das Städteduell in ein sehr immersives, leicht fassbares Strategiespiel übersetzt. Der Hausmann und Historiker entwickelt schon seit mehr als 30 Jahren Spiele, darunter große Strategieklopper wie »Gùgōng« und »Stroganov«. Mit »Rival Cities« zeigt er, dass ihm auch kleinere Formate liegen. Die Mechanik überzeugt, meist endet die Partie mit einem klaren Sofortsieg durch gewonnene Prozesse, Schiffs- oder Partnerstädtemehrheit oder dem Sieg auf der Ansehensleiste: spannend, interaktiv und von hohem Wiederspielreiz.

Von Andreas Steding, für zwei Personen ab zehn Jahren, 30 bis 45 Minuten

Hand drauf: Lokalpatriotinnen und Multitasker

Finger weg: Sehr friedliebende Naturen

»Toy Battle«: Fürchte mein Quietscheentchen!

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Acht Schlachtfelder stehen uns zur Auswahl, und nach der Auswahl des Plans folgen wir der Anregung der Wikinger-Ente: »Warum überlassen wir den Krieg nicht den Spielzeugen?« Jeder Kontrahent hat 48 Truppenplättchen – aber nur höchstens acht finden Platz auf dem eigenen Halter. Wer am Zug ist, kann eine seiner Truppen auf dem Plan einsetzen und so zwei Ziele verfolgen: das gegnerische Hauptquartier einnehmen oder durch das Erobern von Gebieten so viele Orden-Marker sammeln, dass es für einen Sieg reicht.

Das schnelle Duell spielt sich sehr fluffig und mit viel Interaktion zwischen den beiden Lagern. Interessant wird es durch die individuellen Fähigkeiten der einzelnen Truppen, die außer ihrem jeweiligen Kampfwert noch Effekte auslösen können: eine weitere Aktion, einen garstigen kleinen Zusatzangriff auf die gegnerischen Schlachtreihen oder außerplanmäßigen Nachschub.

Das giftige kleine Duell ist kurz und bietet bei sehr überschaubarem Regelwerk viel Varianz.

Von Paolo Mori und Alessandro Zucchini, für zwei Personen ab acht Jahren, rund 15 Minuten

Hand drauf: Gelegenheitskämpferinnen und Trash-Talk-Liebhaber

Finger weg: Strategen mit Sehnsucht nach größeren Aufgaben

»Herr der Ringe: Duell um Mittelerde«: Saures von Sauron

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Das Land, in dem die Schatten drohen – das ist Mordor, und auch, wenn das angesichts des Klimawandels gar nicht mehr so furchtbar klingt, ist der Herrscher des bergigen Reichs doch ein fieser Unsympath, dem das Handwerk gelegt gehört. Jedenfalls sieht es von meiner Seite des Tischs so aus. Das »Duell um Mittelerde« ist eine aufgebohrte Version des Duellklassikers »Seven Wonders Duel«, das eines der besten Spiele seines Genres ist.

Kann man das noch verbessern? Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass einfach viel mehr Zeug auf dem Tisch ist, um das man sich auch noch kümmern muss: eine Landkarte mit Heeren und Festungen, die Ringleiste, die Ortsplättchen. Aber das alles hat seinen Sinn und sorgt für ein großartiges Erlebnis, das sich auch noch sehr thematisch anfühlt.

Wir spielen bis zu drei Kapitel und nehmen uns abwechselnd Karten, wenn wir sie uns leisten können, erobern Ortsplättchen und schließen Bündnisse mit den Völkern Mittelerdes. Das Spiel kann jäh enden, wenn entweder Frodo und Sam den Schicksalsberg erreichen oder aber Saurons Schergen ihnen den Ring abluchsen. Ebenfalls Schluss ist, wenn eine Fraktion alle sieben Regionen unter ihre Kontrolle gebracht oder sechs Völkersymbole gesammelt hat. Geschieht all das nicht, wird gezählt, wer mehr Gebiete erobert hat.

Das bietet eine Fülle taktischer Optionen, die man eigentlich alle einmal ausprobiert haben möchte. Das traumhaft schöne Material und die klug ersonnene Ringleiste, auf der der Abstand zwischen den Gegnern nur kleiner, aber nicht größer werden kann, machen das Spiel auch haptisch und optisch zum Ereignis. Es hat eine schöne Tischpräsenz, wie die Nerds zu sagen pflegen.

Von Antoine Bauza und Bruno Cathala, für zwei Personen ab zehn Jahren, rund 30 Minuten

Hand drauf: Fantasyfans und Strategen

Finger weg: Antimilitaristen und Regelpuristen

»Steinreich«: Ode an die Geode

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

In drei funkelnden Höhlen suchen wir nach den tollsten Edelsteinen. Optisch ist das Spiel eine Pracht: Ein Steampunk-Pinguin und ein Ozelot in Anzug mit Brokatweste untersuchen Kavernen voller punkteträchtiger Kostbarkeiten. An den Randfeldern des Planrasters platzieren sie ihre Werkzeuge – Kompasse, Lampen und Spitzhacken – und dürfen sich nehmen, was in der Sichtachse dreier verschiedener Hilfsmittel oder des eigenen eingesetzten Gehilfen liegt.

Sieht toll aus, ist aber sehr fummelig: Der hübsche Stoffspielplan liegt leider nicht ganz plan auf, weil man ihn für die Schachtel falten muss. Ich habe wenig Lust, vor jeder Partie das Bügeleisen herauszuholen. Die Sucherei danach, welches Werkzeug jetzt auf welchen Stein weist, kann zudem auch mühsam und fehleranfällig sein. Wer knifflige räumliche Aufgaben mit etwas Taktik liebt, könnte hier dennoch gut bedient sein.

Ein Schwachpunkt ist aus meiner Sicht allerdings die flache Spannungskurve: Jeder trifft für sich seine Entscheidungen und ärgert sich, wenn der andere sich die beste Geode schnappt. Man bekommt aber insgesamt wenig davon mit, wo man in diesem Duell punktemäßig steht. Abgerechnet wird erst zum Schluss, man zählt aus – und einer hat gewonnen.

Von Chris Dahlmann, für zwei Personen ab acht Jahren, 20 bis 30 Minuten (laut Schachtelaufdruck 20, laut Anleitung 30)

Hand drauf: Optimierer und Leute mit gutem räumlichem Vorstellungsvermögen

Finger weg: Interaktionsfreudige und Aus-dem-Bauch-Spielerinnen

»Soul Dice«: Diese Seele gehört mir!

Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL

Himmel oder Hölle? Für jede Seele gibt es den passenden Platz. Nur welcher das ist, darüber streiten Engel und Teufel. Wir kämpfen um Seelen, indem wir unsere eigenen Aktionskarten mit Würfeln aktivieren und gegenüberliegend an die armen Seelen legen. Wer die Mehrheit hat, gewinnt. Außerdem können wir noch Kristalle, Dreizack und Harfe einsetzen, um das Spiel zu unseren Gunsten zu drehen.

»Soul Dice« ist ein kleines Glücksspiel für zwischendurch, das aber wenig eigenen Gestaltungsspielraum bietet – wer Würfelpech hat, hat halt Würfelpech. Man kann sich allenfalls damit trösten, dass das vielleicht alles Teil eines großen göttlichen (oder teuflischen) Plans ist. Mit den fortgeschrittenen Sonderfähigkeiten wird das Ganze allerdings etwas taktischer. Und auch eine Soloversion ist im Regelwerk enthalten.

Von Axel Streubel, für eine oder zwei Personen ab acht Jahren, rund 25 Minuten

Hand drauf: Würfelsüchtige und Zockernaturen

Finger weg: Taktikgourmets und Kirchenmäuse

Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests

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