Borstenwurm – was in Karlsruhe und in anderen Museen Kurioses gefunden wurde

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Es ist fast 20 Jahre her, dass Ben Stiller als Nachtwärter Larry Daley im New Yorker Naturkundemuseum über die Kinoleinwände lief. In »Nachts im Museum« erwachen zur Geisterstunde Exponate zum Leben. Der Film ist weniger wegen seiner handwerklichen oder schauspielerischen Qualitäten im Gedächtnis geblieben, sondern womöglich eher wegen des Kopfkinos vieler Museumsfans.

Nun mussten sie im Naturkundemuseum in Karlsruhe nicht wie Ben Stiller mit einem Tyrannosaurus rex Apportieren spielen. Aber auch dort trieb ein nicht eingeplanter Gast nächtelang sein Unwesen: ein großer Borstenwurm.

Das etwa anderthalb Meter lange Getier, auch Bobbitwurm genannt, lebte offenbar jahrelang verborgen in einem Korallenriff im Aquarium des Naturkundemuseums. Eigenartige Fraßspuren hatten den Aquariumsleiter lange vor Rätsel gestellt, er nahm auch schnelle Bewegungen aus den Augenwinkeln wahr, wenn er nachts durch das Vivarium streifte, wie er sagte. Aber der Borstenwurm war nicht zu packen, er blieb ein Schatten in der Nacht.

Nun wurde er gefunden, tot auf dem Grund des Korallenbeckens. Museumsdirektor Martin Husemann hielt es, sagte er laut der Nachrichtenagentur dpa, zuerst für einen Aprilscherz.

 Einen kopflosen Borstenwurm gefunden

Das Naturkundemuseum in Karlsruhe: Einen kopflosen Borstenwurm gefunden

Foto:

Daniel Kalker / picture alliance

Dabei ist gar nicht klar, um welche Art es sich handelt. Dem Tier fehle der Kopf, heißt es vom Museum, das mache die Bestimmung der Art schwierig. Insgesamt gebe es rund 10.000 Borstenwurmarten, auch Vielborster genannt. Was sie eint: Die Borsten, die sie etwa als Fortbewegungsmittel nutzen. Und die nachtaktiven Tiere leben meist im Meer – bis in die Tiefen des Marianengrabens.

Wie es der Borstenwurm in das Museum schaffte, ist ebenfalls unklar. Womöglich versteckte er sich in lebendem Korallenriffgestein, das einst aus Indonesien eingeflogen worden war. Ein Exponat im Exponat gewissermaßen – und nur eine von vielen Museumskuriositäten. Eine Auswahl:

Der gelagerte Picasso

Fast 50 Jahre lang stand ein Gemälde mit kleinen, zusammengefügten Glassteinen im Lager eines Museums in Evansville im US-Bundesstaat Indiana. Erst als ein Auktionshaus bei der Recherche nach den sogenannten Gemmaux-Werken Pablo Picassos in Evansville nachfragte, schauten sie sich in der Stadt das Kunstwerk genauer an: »Picasso« steht in der rechten, oberen Bildecke in feinem Strich, aber doch erkennbar. Es ist eines von insgesamt nur rund 50 Glasbildern des Malers.

Die eingelegte Fledermaus

Museen haben offenbar nicht ganz zu Unrecht den Ruf, Dinge erst einmal anzunehmen und dann irgendwann zu schauen. So wie eine tote, zu Konservierungszwecken in Alkohol eingelegte Fledermaus, die 30 Jahre lang im Archiv des Londoner Natural History Museum (NHM) lagerte. Erst dann bemerkten Forschende, dass das zähnefletschende Tier (ein bemerkenswerter Anblick, wie Sie hier sehen können) keiner beschriebenen Art angehörte. Sie tauften die Art im Jahr 2015 Rhinolophus francisi, zu Ehren von Charles Francis, der das Weibchen im Jahr 1983 in Malaysia gefunden hatte.

Die unbeachtete Giftnatter

Auch die Aipysurus mosaicus stand in einem Glas im Museum herum, ehe man sich um sie kümmerte. Die Giftnatter lagerte seit dem 19. Jahrhundert im Naturhistorischen Museum von Kopenhagen – gemeinsam mit einer artverwandten Schlange. Erst mehr als hundert Jahre später untersuchten Forschende das Reptil und fanden heraus: Die Seeschlangenart ist neu. Ihre Erkenntnisse stellten sie 2012 vor. Einer der findigen Forscher, Johan Elmberg, sagte: »Museen sind wahrscheinlich voll von unentdeckten Arten.«

Das einst unbeachtete Fossil

Gut erhaltene Fossilien sind die geologischen Klassiker eines jeden Museums, sie sind Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit. Wie ein ungewöhnlich gut erhaltenes Fossil eines Plesiosaurus, das jahrzehntelang im Magazin des Urwelt-Museums Hauff in Holzmaden lagerte. Es sollte nach seinem Fund 1940 bereits im Jahr 1970 ausgestellt werden, laut der »Zeit« bekam jedoch ein anderes Objekt den Platz. Erst während der Coronapandemie fand das Fossil neue Beachtung. Und es wurde zum Star: Das Exemplar verändert nämlich die Sichtweise auf langhalsige Meeressaurier.

Es gibt weitere Exponate, die sich jahrzehntelang in Museumsarchiven versteckten und mehr durch Zufall dann doch noch der breiten Öffentlichkeit zugänglich wurden. Etwa 100.000 Jahre alter Schmuck aus Schneckenhäusern, den Forschende im Jahr 2006 in London und Paris entdeckten. Oder ein millionenschweres Gemälde, das ein Museumsdirektor aus Iowa in der Abstellkammer fand.

Womöglich lagern auch im Magazin des Neuen Museums in Nürnberg wertvolle, zurzeit noch unterschätzte Exponate. Oder vielleicht treiben sich seltene und exotische Würmer zwischen den Kunstwerken herum. Das Museum sorgte 2016 für Schlagzeilen, weil es ein Bild von Arthur Köpcke wohl besser im Depot hätte belassen sollen: Eine damals 91 Jahre alte Frau beschädigte ein Kunstwerk, in dem sie das abgebildete Kreuzworträtsel ausfüllte. Die Rentnerin versah auf dem Bild noch offene Kästchen mit einem Kugelschreiber mit Lösungswörtern. Der Schaden lasse sich aber recht leicht beheben, hieß es damals.

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