Ein plötzlicher Ausfall der Stromerzeugung in einem Umspannwerk im südspanischen Granada, gefolgt von Ausfällen Sekunden später in Badajoz und Sevilla, hat laut spanischer Regierung den beispiellosen Stromausfall am 28. April in ganz Spanien und Portugal ausgelöst. Wie Spaniens dritte Vizepräsidentin und Ministerin für die ökologische Transition, Sara Aagesen, am Mittwoch erklärte, begann das Problem, das zu dem totalen Blackout auf der iberischen Halbinsel führte, mit drei aufeinanderfolgenden Stromausfällen in den Provinzen Granada, Badajoz und Sevilla.
Bei einem Auftritt vor dem Abgeordnetenhaus, über den unter anderem die spanische Tageszeitung El País berichtet, sagte Aagesen, dass es durch die drei Vorfälle innerhalb von 20 Sekunden zu einem Erzeugungsverlust von 2,2 Gigawatt Strom gekommen sei. "Unmittelbar danach begann die Phase der kaskadenartigen Überspannungsabschaltung" – und brachte in der Folge das gesamte System zum Zusammenbruch.
Laut der Ministerin lokalisiert die Regierung den Beginn der Störungskette in drei Provinzen im Süden Spaniens. Der erste Stromausfall wurde demnach am 28. April in einem Umspannwerk in der Provinz Granada drei Sekunden vor 12:33 Uhr festgestellt; nur 19 Sekunden später kam es zu einem weiteren Ausfall in einem anderen Umspannwerk in der Provinz Badajoz und 20 Sekunden später in einem weiteren Umspannwerk in Sevilla.
Ursache bleibt unklar
Die Frage nach der Ursache des größten Stromausfalls in der Geschichte Spaniens ist damit aber weiterhin nicht geklärt. Bei ihrem Auftritt dementierte Aagesen laut El País Hinweise auf einen Cyberangriff auf die Infrastrukturen des für die Versorgungssicherheit zuständigen spanischen Netzbetreibers Red Eléctrica de España (REE). "Es wurden keine Indizien gefunden, und das ist eine gute Nachricht", sagte sie. Dies schließe die Möglichkeit eines Angriffs auf Kraftwerke oder andere Phasen des Stromnetzes aber nicht aus, so das Blatt weiter. Die Ermittlungen in den Kontrollzentren der Stromversorger und in den Erzeugungsanlagen gingen weiter. Mit jedem Tag, der vergeht, ohne dass Beweise auftauchen, verliere die Spur eines Cyberangriffs aber an Fahrt, so die Einschätzung der größten spanischen Tageszeitung.
Die Ministerin wies zudem darauf hin, dass in der halben Stunde vor dem Blackout zwei Schwingungen im Stromnetz auf der iberischen Halbinsel und in anderen Teilen Europas festgestellt wurden. "In der halben Stunde vor dem Vorfall wurden im kontinentaleuropäischen Synchronbereich zwei Schwingungsperioden (Leistungs- und Frequenzschwankungen) beobachtet", hatte der Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E am Freitag die gebietsübergreifenden Oszillationen – so der Fachausdruck für solche Störungen – öffentlich gemacht. Ihre Regierung prüfe, ob diese Schwingungen "etwas mit dem Vorfall zu tun haben", so Aagesen.
Schutzmaßnahmen funktionierten nicht
Laut El País bleibt zu klären, warum die Versuche der REE, den Stromausfall auf einen Teilbereich des Netzes zu begrenzen und einen Totalblackout zu verhindern, erfolglos blieben. Die meisten von der Zeitung befragten Fachleute wiesen demnach auf ein Versagen der Protokolle und Automatismen des Netzbetreibers hin. Hätten die Sicherungsmaßnahmen korrekt funktioniert, wäre der Stromausfall nur in einigen Gebieten Spaniens und nicht auf der gesamten iberischen Halbinsel inklusive Portugals aufgetreten, so die Einschätzung der Experten.
Aagesen versicherte bei ihrem Auftritt vor den Angeordneten, dass man nach sechs Sitzungen des Blackout-Ausschusses zu dem Schluss gekommen sei, dass es sich nicht um ein Problem der Reserven oder der Abdeckung gehandelt habe. Der großflächige Stromausfall sei nicht durch eine unzureichende planmäßige Stromerzeugung zur Deckung der Nachfrage oder zur Gewährleistung der Sicherheit des Systems verursacht worden. An jenem 28. April habe die Stromerzeugung deutlich über dem Bedarf gelegen. Minuten vor dem Blackout exportierte Spanien sogar noch reichlich Strom in die Nachbarländer Frankreich, Portugal und Marokko.
Die Ermittlungen werden einige Zeit in Anspruch nehmen, und es werde wahrscheinlich keine einfachen Antworten auf dieses komplexe Problem geben, sagte Aagesen. "Wir werden nicht zulassen, dass uns Eile von der Wahrheit abhält", so die Ministerin, die bekräftigte, dass es Zeit benötige, um die Millionen von Informationen zu analysieren, die von der von der Regierung eingesetzten Kommission gesammelt werden. "Wir sind dabei, Millionen von Daten zu analysieren. Wir machen weiter Fortschritte bei der Identifizierung der Orte, an denen diese Erzeugungsausfälle aufgetreten sind, und wir wissen bereits, dass sie in Granada, Badajoz und Sevilla begonnen haben."
(akn)