AirTags, Moto Tags und SmartTag2 im Test: Drei kleine Dingefinder

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 Drei Modelle von drei Herstellern

Bluetooth-Tracker: Drei Modelle von drei Herstellern

Foto: Markus Linden / DER SPIEGEL

Man steckt sie ins Portemonnaie oder den Rucksack, befestigt sie an Schlüsselbund oder Fahrrad: Apples Airtags sollen helfen, verlorene Gegenstände mit dem Smartphone zu orten. Wohl weil das Gadget kaum größer ist als eine 2-Euro-Münze, wird es von der deutschen Wikipedia als »scheibenförmiges Ortungsgerät« bezeichnet. Nachdem die Findehelfer des iPhone-Konzerns ein Erfolg wurden, haben Samsung mit den SmartTags und Motorola mit den Moto Tags Produkte auf den Markt gebracht, die Ähnliches leisten sollen, aber nicht auf Apples Ökosystem aufsetzen.

Nah- und Fernortung

Der Fachbegriff für solche Geräte lautet Bluetooth-Tracker. Ihnen allen gemein ist, dass sie ihre Position ohne eigenen GPS-Empfänger bestimmen, indem sie sich per Funk mit kompatiblen Geräten in der Nähe verbinden und deren Position via Internet an ihre Besitzerinnen und Besitzer weitergeben. Mithilfe von Google Maps oder Apple Karten leiten sie zur Fundstelle. Für die genaue Ortung im Nahbereich wird dann die sogenannte Ultrabreitband-Technologie genutzt. Im Zusammenspiel mit einem iPhone lässt sich ein AirTag damit bis auf wenige Zentimeter genau orten. Das kann etwa hilfreich sein, wenn Sie Ihren Schlüssel in der Wohnung verlegt haben.

Damit das alles funktioniert, müssen allerdings möglichst viele Geräte in das jeweilige Findenetzwerk eingebucht sein. Um beim Beispiel Apple zu bleiben: Ein AirTag kann seine Position nur dann bestimmen und senden, wenn ein anderes Apple-Gerät samt Internetverbindung in seiner Nähe ist, das kann ein iPhone sein, aber auch ein iPad oder Mac. In einem Bürogebäude oder an einem belebten Bahnhof ist das meist kein Problem, in einem Wald vielleicht schon.

Was Sie über Bluetooth-Tracker wissen sollten

Tracker-Netzwerke

Bei unserem Test kommt es also auch auf das Findenetzwerk an, in das die Tracker eingebunden sind. Neben Apple mit seinem »Wo ist?«-Netzwerk betreibt Google sein »Mein Gerät finden«-Netzwerk und Samsung ein »SmartThings Find«-Netzwerk. Da Google derzeit keinen eigenen Bluetooth-Tracker im Angebot hat, haben wir die Moto Tags von Motorola für den Test verwendet, die Googles Technik nutzen. Vom weltweit größten Smartphone-Hersteller Samsung haben wir die SmartTag2 getestet.

Zur Größe der jeweiligen Netzwerke und damit zur Anzahl der Geräte, die einen Bluetooth-Tracker lokalisieren können, geben die drei Anbieter keine exakten Zahlen heraus. Apple spricht von »mehreren Hundert Millionen Apple-Geräten weltweit«. Samsung gibt an, dass »weltweit mehr als 300 Millionen Geräte fähig« seien, »den Standort eines Samsung Galaxy SmartTag2 zu erfassen«. Google veröffentlicht keine Zahlen zur Größe des »Mein Gerät finden«-Netzwerks.

Doch das macht nichts: Wir haben selbst ausprobiert, mit welchem Tracker und welchem Netzwerk man die besten Chancen hat, einen verlorenen Schlüssel, Rucksack oder gar ein Fahrrad wiederzusehen. Los geht’s!

Die AirTags haben sich im Test als die schnellsten und verlässlichsten Tracker erwiesen. Der frühe Start von Apple und die weite Verbreitung der dem System zugrunde liegenden Technologie auf Hunderten Millionen Apple-Geräten macht's möglich. Android-Nutzerinnen und -Nutzer müssen meist länger warten, bevor mit Trackern wie den Moto Tags versehene Dinge aufgespürt werden. Nur wer ein Galaxy-Smartphone besitzt, kann stattdessen die ähnlich erfolgreich findenden SmartTags2 verwenden, die einige schicke Extrafunktionen bieten, aber nur von bestimmten Samsung-Modelle per UWB exakt geortet werden können.

Foto: Markus Linden / DER SPIEGEL

Die runden Tracker von Apple haben keine Ösen, lassen sich ohne Hilfsmittel also nicht am Schlüsselbund oder Fahrrad befestigen. Der Zubehörmarkt boomt daher. Selbst ältere Smartphones wie das iPhone 7 können AirTags identifizieren, die volle Funktionalität inklusive Nahbereichssuche gibt es ab dem iPhone 11, nicht jedoch bei den iPhones der SE-Serie und dem iPhone 16e. Wie man das »Wo ist?«-Netzwerk auf unterschiedlichen Geräten aktiviert, erklärt Apple auf seinen Supportseiten . Das System unterstützt neben AirTags und iPhones auch Macs, iPads, Apple Watches, Kopfhörer und manch anderes Gadget. Sobald die Funktion aktiviert ist, werden die Geräte auch zu Relaisstationen, die bei der Ortung fremder Geräte helfen.

Im Test zeigt sich, dass Apple die breiteste Basis für die Fernortung seiner Tracker hat: In der Hamburger Innenstadt vergingen nicht mal zehn Minuten, bis mein als »verloren« markierter AirTag vom Netzwerk gefunden wurde. Fernab von Siedlungen, auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Schleswig-Holstein, dauerte es bei perfektem Ausflugswetter mit vermutlich vielen Spaziergängern rund 16 Stunden, bis ich die Meldung bekam, dass der dort versteckte AirTag lokalisiert wurde. Klingt lang, ist aber deutlich schneller als bei den beiden Konkurrenten. Auch in den folgenden Tagen wurde das im Gebüsch wartende AirTag mehrfach als gefunden gemeldet.

Die Nahbereichssuche arbeitet gut: Die iPhone-App »Wo ist« ist logisch aufgebaut und bietet mit einer Entfernungsangabe und Richtungspfeilen Tools, die helfen können, AirTags wiederzufinden. Im Test in einer Wohnung funktionierte das allerdings nur, wenn maximal eine Wand zwischen mir und dem AirTag stand. Ab zwei Zwischenwänden heißt es bloß: »Signal ist schwach. Versuche, dich an einen anderen Ort zu bewegen«. Außerdem ist der Signalton der AirTags zu leise. In der Wohnung und im Wald war er hörbar, in der verkehrsreichen Hamburger Innenstadt kaum.

Das gefällt an den AirTags: In allen drei Testszenarien wurden die AirTags schnell und präzise geortet.

Das weniger: Es gibt keine Verlaufsfunktion.

Foto: Markus Linden / DER SPIEGEL

Die Moto Tags von Motorola arbeiten mit Googles Dienst »Mein Gerät finden«, der in Deutschland erst im Jahr 2024 aktiviert wurde. Zwei Dinge machen sie besonders: Anders als andere Tracker für das Android-System beherrschen sie UWB und damit die Nahsuche. Zudem entsprechen sie vom Formfaktor her fast exakt den AirTags von Apple. Sie passen somit in nahezu alle Halterungen, die für AirTags auf den Markt gebracht wurden. Eines haben sie den AirTags voraus: Einen Knopf, dessen Funktion sich per App konfigurieren lässt. So kann er etwa als Fernauslöser für die Smartphonekamera dienen oder genutzt werden, um das Smartphone klingeln zu lassen, wenn man es verlegt hat.

Die Motorola App hilft zwar bei der Ersteinrichtung und der Konfiguration des erwähnten Buttons, wird ansonsten aber nicht benötigt. Moto Tags lassen sich mit Googles »Mein Gerät finden«-App  steuern.

Am verlässlichsten funktionierten sie an belebten Orten. In der Hamburger Innenstadt waren sie den AirTags ebenbürtig und genauer als die SmartTag2 von Samsung. Anfang Juni hat Motorola ein Update veröffentlicht, das die Moto Tags um UWB-Fähigkeiten erweitert, die denen der Konkurrenz vergleichbar sind: Sie können bis auf zehn Zentimeter genau geortet werden und ein Pfeil zeigt in der App an, in welcher Richtung man sie finden wird. Zwischenzeitlich hatte Motorola das Update wegen Softwareproblemen zurückgezogen. Der Konzern verspricht, in Kürze eine aktualisierte Software zu veröffentlichen.

Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz haben sie versagt. Fünf Tage musste ich auf eine Meldung warten. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Womöglich aktivieren nur wenige Menschen Googles »Mein Gerät finden«-Netzwerk auf ihren Android-Smartphones. Zudem sieht die Standardeinstellung vor, dass Standortinformationen nur dann an den Besitzer oder die Besitzerin weitergegeben werden, wenn »auch andere« das Gerät oder Gadget erkannt haben. Ein Tracker muss demnach von mindestens zwei Smartphones geortet werden, bevor seine Position an den Besitzer weitergereicht wird. Nur wer in den Android-Einstellungen auf die Option »Mit Netzwerk an allen Orten« umschaltet, sorgt dafür, dass der Kontakt mit nur einem Gerät dafür ausreicht. Doch das scheint kaum jemand zu tun.

Zwar lassen sich Moto Tags mit Geräten ab Android 9 nutzen, die Nahbereichsanzeige funktioniert aber nur mit den Pro-Varianten von Googles Pixel-Smartphones ab der Serie 6 sowie mit einigen UWB-fähigen Smartphones von Samsung und Xiaomi. Von Motorola selbst kommen das Edge 50 Ultra und das Razr 60 Ultra dazu.

Das gefällt an den Moto Tags: Sie passen in AirTag-Halterungen und können als Fernauslöser für die Kamera dienen. An belebten Orten sind sie schnell und präzise.

Das weniger: An wenig frequentierten Orten muss man lange auf die Ortung warten. Es gibt im Nahbereich keine Richtungsanzeige.

Foto: Markus Linden / DER SPIEGEL

Der SmartTag2 hat einen anderen Formfaktor als die beiden Konkurrenten. Der integrierte Ring erleichtert den Einsatz am Schlüsselbund ohne weitere Hilfsmittel, erschwert aber die Befestigung zum Beispiel am Fahrrad. Anders als für AirTags und Moto Tags gibt es nur wenige passende Halterungen.

Die SmartTags2 arbeiten ausschließlich mit Galaxy-Smartphones von Samsung zusammen. Voraussetzung für ihren Einsatz ist ein Samsung-Konto, das Galaxy-Smartphones ohnehin bei der Ersteinrichtung einfordern. Wer diesen Schritt übersprungen hat, muss ihn beim Koppeln eines SmartTag2 nachholen.

Wer die Ultrabreitbandsuche mit den Richtungsangaben nutzen will, benötigt ein Galaxy-Smartphone mit UWB-Chip. Dazu gehören einige faltbare Geräte der Z-Serie sowie Smartphones der hochpreisigen S-Serie seit der Serie 21. Hier aber immer nur die Geräte mit dem Zusatz »Plus« oder »Ultra«. Selbst das aktuelle S25 wird ohne UWB-Chip ausgeliefert.

Die Nahbereichssuche per Samsung-Find-App erwies sich im Test als zickig. Gelegentlich wollte sie nicht anspringen, nachdem mich Google Maps in die Nähe des gesuchten Trackers geführt hatte. Nach einem Neustart zeigt sie dessen Position dann aber auf zehn Zentimeter genau an und blendet auch Richtungspfeile ein.

Im Fernbereich fällt die Bilanz gemischt aus: Rund 41 Stunden musste ich warten, bis der Standort des auf dem Truppenübungsplatz verborgenen SmartTag2 korrekt gemeldet wurde. In den Tagen darauf wurde die Position noch zweimal bestätigt. Innerhalb von fünf Tagen haben also drei Galaxy-Smartphones Kontakt mit dem Tracker aufgenommen.

In der Hamburger Innenstadt dauerte es zwar nur zehn Minuten, bis ich eine Positionsmeldung für den SmartTag2 bekam. Allerdings schickte mich mein Samsung-Gerät per Google Maps rund 50 Meter neben die eigentliche Fundstelle. Dort angekommen, konnte die App keinen Kontakt herstellen, mich also nicht per Nahbereichssuche an den Tracker heranführen. Hätte ich nicht gewusst, wo ich ihn versteckt hatte, hätte ich es schwer gehabt, den SmartTag2 zu finden.

Anders als bei der Konkurrenz kann man sich bei Samsung eine Übersicht der in den vergangenen fünf Tagen gespeicherten Standorte anzeigen lassen. Den Knopf eines SmartTag2 kann man per App mit verschiedenen Funktionen belegen, etwa um Smarthome-Geräte zu steuern. So wird er beispielsweise zum Lichtschalter für vernetzte Leuchten.

Das gefällt an den SmartTag2: Sie können ohne Zubehör am Schlüsselbund befestigt werden. Auch an wenig frequentierten Orten werden sie lokalisiert.

Das weniger: Die App ist im Nahbereich unzuverlässig und muss gelegentlich neu gestartet werden.

Hintergrund: Produkttests im Ressort Tests

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