Die Alternative für Deutschland (AfD) kehrt im finalen Entwurf ihres Wahlprogramms zu einem antieuropäischen Kurs zurück. Laut dem Papier, das dem SPIEGEL vorliegt, habe sich die Partei auf einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und dem Euro-System geeinigt.
»Wir halten einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union und die Gründung einer neuen europäischen Gemeinschaft für notwendig«, heißt es in dem Papier. Die EU wolle man durch eine »Wirtschafts- und Interessengemeinschaft (WIG)« ersetzen. Dazu solle es eine Volksabstimmung über eine »Anpassung der Europaartikel des Grundgesetzes« geben.
Gleichzeitig betont die Partei dem Bericht zufolge, dass »ein harter Bruch kontraproduktiv wäre. Der Übergang in die neue WIG wäre darum sowohl mit den alten EU-Partnerstaaten als auch neuen Interessenten im Konsens zu verhandeln.«
Weiter heißt es, Deutschland müsse »aus dem Euro-System austreten« und eine stabile nationale Währung einführen, »ggf. unter paralleler Beibehaltung des Euro«. Auch dies werde »nicht ohne Umstellungsbelastungen erfolgen«. Diese seien aber geringer als »die dauerhaften Kosten des weiteren Verbleibs im Euro-System«.
Im Bundestagswahlkampf 2021 hatte die AfD ähnliche Positionen vertreten, rückte jedoch später wieder von einem möglichen »Dexit« ab. Noch im Februar hatte der AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla dem Deutschlandfunk gesagt , für einen »Dexit« sei es zu spät. Dies sei auch die Position seiner Co-Parteivorsitzenden Alice Weidel. Stattdessen wolle man sich für eine Reform der EU einsetzen.
Familienpolitik: Abtreibungen senken
In dem AfD-Entwurf finden sich weitere radikale Programmpunkte: Abtreibungen sollen demnach »die absolute Ausnahme bleiben« und nur noch »bei kriminologischer oder medizinischer Indikation« erlaubt sein. Die Zahl der jährlich gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland schätzt die Partei als deutlich zu hoch ein. Stattdessen will die AfD die verpflichtenden Beratungsgespräche vor einer Abtreibung anpassen: »Während der Schwangerschaftskonfliktberatung sollen den Müttern Ultraschallaufnahmen des Kindes gezeigt werden, damit diese sich über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind«, heißt es in dem Entwurf.
Auch zur Geschlechteridentität formuliert die Partei im Entwurf eine Haltung. Das von der Ampelkoalition beschlossene Selbstbestimmungsgesetz, das es trans Personen ermöglicht, ihr Geschlecht und ihren Namen im Personalausweis zu ändern, will die AfD zurücknehmen. Sie spricht von einem angeblichen »Trans-Kult« und vermeintlicher »Frühsexualisierung« von Kindern. Die Verwendung von Pubertätsblockern, die zur Geschlechtsangleichung von Jugendlichen eingesetzt werden, will die AfD verbieten.
Wirtschafts- und Sozialpolitik: Bitcoin deregulieren
Die AfD strebt zudem eine Wirtschaftspolitik aus »Marktwirtschaft, nationaler Eigenverantwortung und freundschaftlichem Miteinander der europäischen Staaten« an. Das beinhaltet für die Partei zunächst den Austritt aus der Eurozone. Gleichzeitig will die AfD am Bargeld als »bürgerlichem Freiheitsrecht« festhalten. Welche Währung die AfD nach dem Austritt aus der Eurozone einführen will, bleibt offen. Lobende Worte findet sie allerdings für den Bitcoin. Dieser sei weiter zu deregulieren, heißt es.
Sicherheit: Zurück zum Handel mit Russland
Der Sicherheitspolitik widmet die AfD in ihrem Entwurf mehrere Seiten. Russland kommt darin als Lieferant von billigem Gas vor, zu dem der Handel wieder aufgenommen werden solle. Die Ukraine soll ihre Zukunft als neutraler Staat »außerhalb von EU und Nato« bestreiten. Von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine: kein Wort.
Auch die Wehrpflicht taucht in dem Entwurf nicht auf. Die hatte AfD-Parteichef Chrupalla zuletzt gefordert. Noch bis vor Kurzem war die AfD die einzige Partei, die auf die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht in ihrem Grundsatzprogramm pochte.
Der Leitantrag soll auf dem AfD-Bundesparteitag im Januar beraten und beschlossen werden.