»60 Minutes« bei CBS: Produzent tritt nach politischem Druck zurück

vor 11 Stunden 1

Weit über hundert Emmys hat das investigative TV-Format »60 Minutes« seit seiner Gründung 1968 erhalten – mehr als jede andere Prime-Time-Sendung im US-Fernsehen. Nur drei Personen haben »60 Minutes« in dieser Zeit beim Sender CBS als Executive Producers geleitet: Don Hewitt von 1968 bis 2004, danach Jeff Fager und seit 2019 Bill Owens. Nun kündigte Owens seinen Rücktritt an, der offenbar nicht freiwillig erfolgt.

»60 Minutes«-Moderatoren Mike Wallace und Harry Reasoner (1968)

»60 Minutes«-Moderatoren Mike Wallace und Harry Reasoner (1968)

Foto: CBS / Everett Collection / picture alliance

Als Grund nennt der TV-Produzent Bedenken hinsichtlich der redaktionellen Unabhängigkeit. Das geht aus einem internen Dokument hervor, das mehreren US-Medien und der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. »In den letzten Monaten ist klar geworden, dass es mir nicht erlaubt sein würde, die Sendung so zu führen, wie ich sie immer geführt habe: Unabhängige Entscheidungen auf der Grundlage dessen zu treffen, was für ›60 Minutes‹ und das Publikum richtig ist«, schrieb Owens in einer Mitteilung an die Belegschaft. Nachdem er die Sendung »in alle Richtungen und mit allem, was mir zur Verfügung stand« verteidigt habe, habe er sich nun entschlossen, zurückzutreten.

Die »New York Times« berichtet  von einer emotionalen Zusammenkunft in der CBS-Zentrale in Manhattan. Demnach habe Owens mit heiserer Stimme gesagt, es sei klar, dass »die Firma fertig mit mir ist«. Der TV-Mann verwies auf zusätzliche neue Kontrollinstanzen, die CBS und das Mutterunternehmen Paramount eingeführt haben. Dies könne ein Dammbruch sein, warnte Owens.

Der Rücktritt des Nachrichtenmanns dürfte auch mit politischem Druck zu tun haben, erfolgt er doch mitten in einem schwelenden Rechtsstreit mit US-Präsident Donald Trump. Vor der Wahl hatte der damalige Kandidat der Republikaner CBS verklagt, Grund war ein »60 Minutes«-Interview mit seiner demokratischen Rivalin Kamala Harris, das Trump als zu freundlich empfand, weshalb er dem Sender Manipulationen unterstellte. In der Milliardenklage wurde behauptet, der Sender habe die Zuschauer in die Irre geführt, weil er zwei unterschiedliche Antworten von Kamala Harris auf eine Frage zum Krieg im Gazastreifen ausgestrahlt habe. »60 Minutes«-Chef Owens hatte stets betont, dass an der Berichterstattung in seiner Sendung nichts zu beanstanden sei – und eine Entschuldigung ausgeschlossen.

Paramount bemüht sich seit einiger Zeit  um eine gütliche Einigung mit dem US-Präsidenten, bis jetzt aber ohne Erfolg. Zuletzt hatte Donald Trump Mitte April über Beiträge des CBS-Nachrichtenmagazins in seinem Social-Media-Kanal Truth Social gewettert ; er äußerte seine Hoffnung, dass der Leiter der Medienaufsichtsbehörde FCC den Sender bestrafen werde. Tatsächlich geht es für den Mutterkonzern von CBS um mehr als nur ein Investigativmagazin. Paramount benötigt derzeit die Zustimmung einer Regierungsbehörde für die Übernahme der Filmproduktionsfirma Skydance.

Owens an seinem CBS-Arbeitsplatz (2011)

Owens an seinem CBS-Arbeitsplatz (2011)

Foto: Natan Dvir / Polaris / laif

Innerhalb des Senders wurde der Abschied von Owens mit Bestürzung aufgenommen. In den CBS-Abendnachrichten wurde der Rücktritt als Meldung in eigener Sache angekündigt. Die Nachrichtenmoderatoren Maurice DuBois und John Dickerson würdigten Owens’ »Integrität, Weisheit und Freundschaft«.

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Korrespondentin Lesley Stahl, eines der prominentesten Gesichter von »60 Minutes« und seit 1971 in Diensten der CBS-Nachrichtenabteilung, sagte dem Branchenblatt »Variety« , sie sei am Boden zerstört. Owens habe alles gehabt, was man sich von einem Chef wünschen könne.

 »Am Boden zerstört«

»60 Minutes«-Veteranin Stahl: »Am Boden zerstört«

Foto: CBS News / AP / picture alliance

CBS-Präsidentin Wendy McMahon versicherte nach der Rücktrittsnachricht, der Sender stehe weiterhin zu »60 Minutes«. Man werde sicherstellen, dass »unsere Aufgabe und unsere Arbeit Priorität haben«.

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