2. Bundesliga: Hamburger SV kurz vor Bundesliga-Rückkehr nach Sieg in Darmstadt

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Torschütze Reis (l.) und die HSV-Profis feiern in Darmstadt

Torschütze Reis (l.) und die HSV-Profis feiern in Darmstadt

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Uwe Anspach / dpa

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Frühlingsschlaf: Was konnte schon schiefgehen für den Hamburger SV gegen einen Gegner, der in seiner Hymne vor dem Anpfiff »Die Sonne scheint, oh Lilien, oh Lilien«  singt. Viel mehr Frühlingsstimmung ging nicht an diesem Samstagmittag bei 20 Grad im Stadion des SV Darmstadt, der »Lilien«. Nun ja, jeder weiß: Niemand verdammt den Frühling mehr als der HSV. Fast immer, wenn er beginnt, zittern den Hamburgern plötzlich die Beine, der Aufstieg zurück in die Fußball-Bundesliga wird verpasst. Auch in dieser Saison, der siebten des HSV in der zweiten Liga, nach nur einem Sieg aus den vergangenen fünf Spielen?

Das Ergebnis: Als der Schlusspfiff ertönte, rissen alle im HSV-Dress die Arme in die Höhe, die ganze Mannschaft feierte vor dem Auswärtsblock. Kollektives Aufatmen, Erleichterung pur, Frühlingskrise weggeschossen. Dank eines 4:0 (1:0) in Darmstadt springt der HSV vorübergehend an Platz eins der zweiten Liga. Mit vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz drei ist der HSV zwei Spieltage vor Saisonende nur noch einen Schritt von der Bundesliga-Rückkehr entfernt. Hier geht es zur großen Zweitliga-Übersicht mit allen Ergebnissen und der Tabelle.

Die Wade der Stadt: Hält Miro Muheims linke Wade? Das war die große Frage vor dem Spiel, denn der Linksverteidiger hat sich in diesem Jahr mit zwölf Torbeteiligungen und als perfekter Partner von Offensivmann Jean-Luc Dompé den Status eines unverzichtbaren Spielers erarbeitet. Das wurde besonders deutlich, nachdem er zuletzt in den drei Spielen gegen Braunschweig (2:4), Schalke (2:2) und den KSC (1:2) verletzt fehlte und der HSV nur einen Punkt holte, in Gelsenkirchen, wo man fast 90 Minuten in Überzahl gespielt hatte. Nun kehrte der Schweizer zurück, und es lohnte sich.

 stabilisiert die Abwehr, unterstützt den Angriff

Muheim in Darmstadt: stabilisiert die Abwehr, unterstützt den Angriff

Foto: Eibner-Pressefoto / Florian Wiegand / Eibner / IMAGO

Wer hat hier Krise gesagt? Es ist schon seltsam, dass der HSV mit dem angeblich besten Kader der Liga von einem Spieler (Muheim) abhängig sein will, aber anscheinend war an der Geschichte etwas dran. Gegen Darmstadt lief es nach 20 Minuten gar nicht gut, nach Torschüssen stand es 0:3, dann bekam der HSV einen Eckball. Muheim trat an und fand in der Mitte HSV-Kapitän Ludoveit Reis, der aus wenigen Metern zur Gästeführung einköpfte. Reis war danach bereits wieder selbstbewusst genug, um die Darmstädter Fans mit einer Schweigegeste zu provozieren.

Alle für den HSV: Es glich einem kleinen Wunder, dass der HSV nach der jüngsten Krise und vor dem 32. Spieltag mit 53 Punkten immer noch Zweiter war. In den beiden Vorjahren hatte der Zweite zu diesem Zeitpunkt der Saison jeweils 61 Punkte, also acht Punkte mehr. Doch in diesem Jahr meinten es die Gegner gut mit dem HSV: Magdeburg war vor dem Spieltag als Dritter noch der ärgste Verfolger der Hamburger. Dass der 1. FCM bereits am Freitag spielte und gegen den Abstiegskandidaten Münster im eigenen Stadion 0:5 (!) verlor, sagt viel über die Qualität der Aufstiegskonkurrenz in diesem Jahr aus.

Lucky Number Seven: Christian Titz, Hannes Wolf, Dieter Hecking, Daniel Thioune, Tim Walter, Steffen Baumgart. Der HSV hat in seiner Zweitligazeit die unterschiedlichsten Trainerschulen und Charaktere ausprobiert. Mit Merlin Polzin, dem siebten HSV-Cheftrainer seit 2018 (Horst Hrubesch war zusätzlich für drei Spieltage Interimstrainer), steht seit Ende vergangenen Jahres ein 34-Jähriger an der Seitenlinie, der zuvor nie eine Profimannschaft als Cheftrainer betreut hatte. Noch vor wenigen Jahren feierte Polzin als HSV-Fan auf der Nordkurve. Ähnlich wie einst Edin Terzić bei Borussia Dortmund; der wurde als Fan und späterer Cheftrainer in Dortmund zweimal Zweiter, in der Bundesligasaison 2023 und im Champions-League-Finale 2024. Für den HSV wäre das genug: Ein zweiter Platz reicht zum direkten Aufstieg.

Der einfache Weg: Apropos Trainer: Die Jahre unter Tim Walter (2021 bis 2024) beim HSV waren zwar sehr spektakulär und punktemäßig sogar recht erfolgreich, aber er ging auch einen sehr komplizierten Weg mit extrem offensiven Verteidigern. Verteidiger Dennis Hadžikadunić wunderte sich damals über den Ex-Trainer und sagte, er habe noch nie so verteidigen müssen. Hadžikadunić ist immer noch da, aber die waltersche Komplexität und Überforderung ist weg. Das 2:0 in der 58. Minute war symbolisch: Wieder fiel ein Tor nach einer Ecke, diesmal durch Ransford-Yeboah Königsdörffer. Hinten stand die Abwehr gegen einen offensiver werdenden Gegner weiterhin sicher, was zu Konterchancen führte: Das vorentscheidende 3:0 durch Davie Selke (80. Minute) war die Folge.

Aufstiegstrainer Polzin? Noch ein Sieg fehlt

Aufstiegstrainer Polzin? Noch ein Sieg fehlt

Foto: Uwe Anspach / dpa

Ausblick: Der HSV hat sich mit dem Sieg in Darmstadt den ersten Matchball erarbeitet und kann am Samstag gegen den SSV Ulm den Aufstieg aus eigener Kraft schaffen. Gewinnt der HSV, kehrt er nach sieben Jahren in die Bundesliga zurück. Die Vorzeichen könnten nicht besser sein: Das Volksparkstadion wird ausverkauft sein, Ulm ist Tabellenvorletzter, in der Stadt findet zudem der Hafengeburtstag statt. Eigentlich ist alles angerichtet für die große Party, und eigentlich gibt es nur noch einen einzigen Restzweifel: Wann ist beim HSV schon mal etwas nach Plan gelaufen?

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