Viele Politiker zeigen sich erleichtert über das Abkommen zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz. Innerhalb Israels ist das Echo aber geteilt.
27. November 2024, 2:09 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP, kj
Das von den USA und Frankreich vermittelte Abkommen zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon ist von vielen internationalen Politikern mit Erleichterung aufgenommen worden.
US-Präsident Joe Biden sagte, das Ziel sei eine "dauerhafte Einstellung der Feindseligkeiten" und sprach von "guten Nachrichten". Israel werde in den kommenden 60 Tagen seine verbleibenden Streitkräfte aus dem Libanon abziehen, sagte Biden. Sollte die Hisbollah das Abkommen brechen und eine Bedrohung für Israel darstellen, habe Israel jedoch das Recht auf Selbstverteidigung.
Biden gab sich optimistisch. "Zivilisten auf beiden Seiten werden bald in der Lage sein, sicher in ihre Gemeinden zurückzukehren und mit dem Wiederaufbau ihrer Häuser oder Schulen, ihrer landwirtschaftlichen Betriebe und ihrer Unternehmen zu beginnen", sagte er. Gleichzeitig unterstütze das Abkommen die Souveränität des Libanon und läute "einen Neuanfang für den Libanon" ein.
Appelle auch für den Gazastreifen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete die Waffenruhe als Chance für den Libanon. "Es ist wichtig, dass diese Waffenruhe eingehalten wird und das auf Dauer", sagte er in einem Video, das auf der Plattform X gepostet wurde. Das Abkommen biete für das krisengeplagte Land die Möglichkeit zur dauerhaften Stabilisierung. Diese Möglichkeit müsse entschieden ergriffen werden, sagte Macron und verwies auf die Verantwortung der libanesischen politischen Entscheidungsträger. Auch für Israel sei die Einigung ein wichtiger Moment.
Trotz der Einigung dürfe der Krieg im Gazastreifen nicht vergessen werden, mahnte Macron. Frankreich setze sich hier weiterhin ebenfalls für eine Waffenruhe, eine Befreiung der Geiseln, humanitäre Hilfe in großem Umfang sowie eine dauerhafte und gerechte politische Lösung ein.
Der britische Premierminister Keir Starmer begrüßte die Waffenruhe und forderte ebenfalls ein Ende der Gewalt auch im Gazastreifen. Großbritannien und seine Verbündeten würden sich dafür einsetzen, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen, um einen langfristigen Frieden im Nahen Osten zu erreichen. "Wir brauchen sofortige Fortschritte in Richtung einer Waffenruhe im Gazastreifen, die Freilassung aller Geiseln und die Aufhebung der Beschränkungen für die dringend benötigte humanitäre Hilfe", sagte er.
Libanons Ministerpräsident dankt Frankreich und USA
Der libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati dankte Frankreich und den USA für ihre Vermittlerrolle und sprach von einem "grundlegenden Schritt" in Richtung regionaler Stabilität. Nun werde die Präsenz der libanesischen Armee im Süden des Landes verstärkt. Von der Hisbollah selbst gab es zunächst keine Reaktion auf die Verkündung der Waffenruhe.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach von einem "Lichtblick für die ganze Region". Hunderttausende Frauen, Kinder und Familien im Libanon könnten nun neue Hoffnung schöpfen, ebenso Zehntausende Menschen aus dem Norden Israels, sagte die Grünen-Politikerin am Abend in Berlin.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Einigung im Onlinedienst X als "sehr ermutigenden Nachrichten". Die Waffenruhe werde zur inneren Sicherheit und Stabilität des Libanon beitragen.
"Erhebliche Arbeit" bei der Umsetzung
Der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte das Abkommen angesichts der verheerenden Lage im Nahen Osten eine Entlastung. Gleichzeitig mahnte er, es sei von "entscheidender Bedeutung, dass die Waffenruhe eingehalten wird". Die Libanesinnen und Libanesen hätten das Recht, "ihre volle Souveränität über die Angelegenheiten des Landes zurückzuerlangen – ohne Einmischung von außen".
Die UN-Beauftragte für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, begrüßte die Vereinbarung, wies zugleich aber darauf hin, dass noch "erhebliche Arbeit" bei der Umsetzung bevorstehe.
Israels Sicherheitsminister kündigt Widerstand an
In Israel selbst stieß die Einigung auf ein geteiltes Echo. Mehrere Bürgermeister nordisraelischer Gemeinden kritisierten den Plan. Das Abkommen werde zu einer Wiederholung des Terrorangriffs der Hamas führen, warnten sie. Netanjahu sowie mehrere Minister trafen sich am späten Abend mit ihnen.
Kritik kam auch aus Netanjahus Regierung selbst. Der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, sprach von einem "historischen Fehler". Auf der Plattform X kündigte er an, sich dem Abkommen widersetzen zu wollen. Ob seine Partei Otzma Yehudit aus Protest die Koalition verlassen werde, hielt er sich aber offen.
In einer Umfrage im Auftrag des israelischen Senders Channel 12 sagten 37 Prozent der Befragten, dass sie "die Vereinbarung über den Libanon" unterstützen. 32 Prozent lehnten das Abkommen ab, und weitere 31 Prozent hatten keine Meinung dazu. Anders sieht es hingegen bei den Unterstützern der Regierungskoalition von Premierminister Benjamin Netanjahu aus: Hier befürworten der Umfrage zufolge nur 20 Prozent die Vereinbarung, während 45 Prozent sie ablehnen.