Verwirrung nach Klage gegen AVM wegen Fritzbox-Firmware

vor 15 Stunden 1

Der Entwickler Sebastian Steck hat mit Unterstützung der Software Freedom Conservancy (SFC) eine Klage zur Herausgabe weiterer Quelltexte nach LGPL gegen den Router-Hersteller AVM angestrengt. Das Verfahren ging ohne Urteil Ende. Steck zog seine Klage zurück, AVM übernahm die Prozesskosten. Dabei sehen sich alle Seiten als Gewinner.

Anlass der Klage war, dass Steck mit den auf Anfrage auf AVM-Servern bereitgestellten Quelltexten der Firmware einer Fritzbox 4020 keine Bibliotheken verändern, kompilieren und auf die Fritzbox aufspielen konnte. Steck wollte insbesondere die unter LGPL lizenzierte Bibliothek uClibc anpassen. Es hakte dafür an mehreren Stellen, so der Entwickler. Da AVM auf die Anforderung der vermeintlich fehlenden Quelltext-Bestandteile und zum Kompilieren nötiger Informationen nach Stecks Ansicht nicht ausreichend reagierte, strengte der Entwickler eine Klage an und holte die SFC zur Unterstützung ins Boot.

Wenige Monate nach der Klageeinreichung hat AVM Steck die für seine Zwecke benötigten Informationen zukommen lassen. So muss etwa die undokumentierte Umgebungsvariable KERNEL_LAYOUT den Wert drgfly enthalten, damit sich die Kernel-Quellen übersetzen lassen. Zudem hat AVM eine Anleitung erstellt, mit der sich Dateien in einem vorhandenen Firmware-Abbild austauschen und das veränderte Abbild auf die Fritzbox verfrachten lassen. Dazu greift AVM auch auf Tools etwa aus dem Freetz-Projekt zurück.

Weiterer Bestandteil der Klage war demnach, ob es ausreichend ist, die modifizierte Software lediglich im RAM des Geräts laufen zu lassen oder ob eine permanente Modifikation für Nutzer möglich sein muss. Die Anleitung, die AVM im Laufe des Prozesses herausgegeben hat, ermöglicht letzteres. Damit ist eine juristische Klärung dieser Frage nicht erfolgt.

Gegenüber heise online erklärt Steck, dass er mit den Informationen in die Lage versetzt worden sei, die LGPL-Bibliotheken zu übersetzen und die dabei erhaltenen .so-Binärdateien auf der Fritzbox zu installieren. Daraufhin habe er zusammen mit der SFC die Klage für erledigt und AVM sich bereit erklärt, die Prozesskosten zu übernehmen. Was nicht Bestandteil der Klage war und unklar bleibt, ist der Umgang mit GPL-Quellen. Wie sich diese Quellen einschließlich des Linux-Kernel kompilieren lassen, wurde daher nicht geklärt.

AVM habe nicht die vollständigen Quellen auf der eigenen Webseite veröffentlicht, erklärte Denver Gingerich von der SFC gegenüber heise online. Es fehlten die Kontrollskripte für Kompilation und Installation. Diese seien für das Fritzbox-Modell 4020 erst im Laufe des Prozesses herausgegeben worden und lassen sich auf der SFC-Webseite herunterladen – als Teil der gesamten Firmware-Quellen. Steck habe zudem das Skript compile_06.83.sh veröffentlicht, mit dem sich die Quellen übersetzen lassen.

AVM betonte auf Anfrage, dass das Unternehmen "seit Jahren aktiv die Open Source Community unterstützt, da sie langfristig Innovationen sicherstellt und dass sich im Laufe dieses Verfahrens herausstellte, dass der Source Code genügend war, weshalb die Gegenseite alle Vorwürfe hinsichtlich einer potenziellen LGPL/GPL-Verletzung zurückgezogen hat." Auf die widersprüchliche Darstellung insbesondere der SFC angesprochen, führte das Unternehmen weiter aus, dass es sich um die Klage einer Privatperson handelte, "die SFC ist im juristischen Verfahren AVM gegenüber nie aufgetreten". Bezüglich der Übernahme der Prozesskosten erörtert AVM zudem: "Da hier eine Privatperson geklagt hat, die die Klage zurückgezogen hat und AVM am gütlichen Ausgang von juristischen Verfahren interessiert ist, haben wir uns freiwillig zur Begleichung der Gerichtskosten entschieden."

Die Darstellung der SFC sei demnach falsch, AVM habe bereits Korrekturen angemahnt, so das Unternehmen weiter. AVM verweist etwa darauf, dass andere Entwickler freier Software, etwa der populären Projekte Freetz und OpenWRT, keine Probleme mit den Fritzbox-Quellen hatten, auch 2021 nicht. Die Fehlermeldungen, die der Kläger erhielt, deuteten viel mehr auf Unerfahrenheit bei Cross-Compiling-Prozessen hin. So sei etwa kein Cross-Compiler in den Pfaden seines Entwicklungssystems gefunden worden. Die Umgebungsvariable, die die Ziel-Architektur festlegt, sei nicht gesetzt gewesen, auch wenn diese sich leicht aus den verfügbaren Quelltexten hätte herleiten lassen.

Rechtlich wurde daher bezüglich der Quellen und dem Genügen der Anforderungen der Lizenzen LGPL und GPL in diesem Prozess nichts geklärt. Allerdings gibt es im Ergebnis einfacher zugängliche und umsetzbare Anleitungen.

(dmk)

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