Vera C. Rubin Observatory in Chile: Spektakuläre erste Aufnahmen von Nebeln und Galaxien

vor 4 Stunden 1

3200-Megapixel-Kamera Vera-Rubin-Forscher präsentieren die ersten Bilder des Teleskops

Das Rubin-Observatorium in Chile liefert erste spektakuläre Bilder von Nebeln in der Milchstraße und einem Galaxienhaufen. Forschende sind »begeistert von der Tiefe und Größe der Aufnahmen«.

23.06.2025, 11.45 Uhr

 678 Einzelbilder in einem kombiniert

Trifidnebel und Lagunennebel: 678 Einzelbilder in einem kombiniert

Foto: NSF-DOE Vera C. Rubin Observatory

Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.

Nach jahrelangem Bau und monatelanger Kalibrierung ist der Moment gekommen: Das Team des Vera C. Rubin Observatory , kurz Rubin-Observatorium, hat seine ersten Aufnahmen aus den Tiefen des Alls veröffentlicht – und sie sind beeindruckend. Eines der neuen Bilder zeigt unter anderem den Trifidnebel im Sternbild Schütze, ein leuchtendes Farbenspiel von Wolken aus Gas und Staub. Das zweite zeigt den Virgo-Galaxienhaufen.

Nie zuvor wurde diese kosmische Szenerie in solch einer Tiefe und Weite auf einem einzigen Bild eingefangen. Damit ist schon jetzt klar: Das Rubin-Observatorium eröffnet einen neuen Blick auf das Universum und könnte unser Verständnis des Kosmos revolutionieren.

Die Bilder geben einen Vorgeschmack auf die Pressekonferenz am Montagabend um 17:30 Uhr deutscher Zeit. In einem YouTube-Livestream  wollen die Verantwortlichen des Observatoriums den sogenannten First Look ausführlicher präsentieren.

Bisher unsichtbare Details sichtbar

Das erste Bild zeigt den Trifidnebel und den Lagunennebel. Es besteht aus 678 Einzelaufnahmen, die das Rubin-Observatory laut der Verantwortlichen in etwas mehr als sieben Stunden Beobachtungszeit gemacht hat. Durch die Kombination vieler Aufnahmen werden sonst schwache oder bisher unsichtbare Details deutlich sichtbar, wie die Gas- und Staubwolken des Trifidnebels (oben rechts im Bild) und des Lagunennebels.

Der Trifidnebel liegt circa 2660 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er ist bekannt für seine markanten dunklen Staubbänder, die ihn in drei Teile teilen – daher der Name »Trifid« (lateinisch für »dreigeteilt«). Der Lagunennebel wiederum ist ungefähr 5200 Lichtjahre von der Erde entfernt. Beide Nebel liegen im Zentrum der Milchstraße im Sternbild Schütze und sind beliebte Beobachtungsobjekte für Hobby- und Profiastronomen.

Verschmelzung von Galaxien im Virgo-Cluster

 Die größte Digitalkamera, die je gebaut wurde

Ausschnitt aus dem Virgo-Galaxienhaufen: Die größte Digitalkamera, die je gebaut wurde

Foto: NSF-DOE Vera C. Rubin Observatory

Das zweite Bild zeigt einen kleinen Ausschnitt aus dem Gesamtblick des Observatoriums auf den Virgo-Galaxienhaufen. Zu sehen sind zwei auffällige Spiralgalaxien (unten rechts im Bild), drei verschmelzende Galaxien (oben rechts im Bild), mehrere Gruppen entfernter Galaxien, zahlreiche Sterne der Milchstraße und mehr.

Der Virgo-Cluster ist ein großer Galaxienhaufen außerhalb der Milchstraße. Er befindet sich in Richtung des Sternbilds Jungfrau (Virgo) in einer Entfernung von etwa 50 Millionen Lichtjahren. Er beinhaltet nach jetziger Kenntnis mehr als 2000 Galaxien, die in verschiedenen Untergruppen verteilt sind. Die größte Konzentration von Galaxien liegt in der Nähe des Zentrums des Clusters.

»Das lässt sich nur schwer mit den Aufnahmen vergleichen, die wir bisher zur Verfügung hatten.«

Markus Hundertmark, Astronom

Ein 8,4 Meter großes Teleskop und die größte Digitalkamera, die je gebaut wurde, haben die Aufnahmen ermöglicht. Allein die Kamera wiegt 2,8 Tonnen, ist so groß wie ein Kleinwagen und nimmt Bilder mit 3200 Megapixeln auf, das entspricht 3.200.000.000 Bildpunkten. Die ersten Bilder zeigen, dass die Technik funktioniert.

»Ich bin begeistert von der Tiefe und Größe der Aufnahmen mit den zahllosen Details, die wir erkennen können. Das lässt sich nur schwer mit den Aufnahmen vergleichen, die wir bisher zur Verfügung hatten«, sagte der Astronom Markus Hundertmark , wissenschaftlicher Mitarbeiter am Astronomischen Recheninstitut der Universität Heidelberg, dem SPIEGEL. »Die Verschmelzung von Galaxien im Virgo-Cluster und die orange Staubstruktur habe ich noch nie auf diese Weise gesehen.«

Laut Hundertmark sind die Aufnahmen und die Beobachtungszeit vielversprechend: »Auch wenn die Science Verification und Validation noch anstehen, bin ich dank der Bilder sehr zuversichtlich, dass die eigentliche zehnjährige Durchmusterung dieses Jahr im Regelbetrieb startet.« Denn Stand jetzt soll Ende 2025 die eigentliche Mission des Observatoriums beginnen: Zehn Jahre lang soll es Nacht für Nacht den Himmel absuchen und jede noch so kleine Veränderung festhalten. Das Ergebnis wird eine Art Zeitrafferfilm des Universums. Forschende sind überzeugt, dabei Millionen bisher unbekannter Asteroiden, Kometen und interstellarer Objekte zu finden.

Bessere Asteroidenabwehr dank Rubin

»Das NSF-DOE Rubin Observatory wird mehr Informationen über unser Universum erfassen als alle optischen Teleskope der Geschichte zusammen«, sagte Brian Stone, kommissarischer Direktor der NSF, in einer Pressemitteilung.

Das Observatorium ist nach Vera Rubin benannt, einer Astronomin, die vor allem für den Nachweis von Dunkler Materie im Kosmos bekannt ist. Die Anlage soll unter anderem helfen, zu klären, was Dunkle Materie und Dunkle Energie sind.

Auch wollen Forschende mithilfe des Teleskops die Asteroidenabwehr revolutionieren. Jährlich werden von allen anderen boden- und weltraumgestützten Observatorien insgesamt etwa 20.000 Asteroiden entdeckt. Das Rubin-Observatorium allein soll in den ersten zwei Jahren Millionen neuer Asteroiden aufspüren und möglicherweise solche identifizieren, die die Erde oder den Mond treffen könnten.

Auf dem Cerro Pachón herrschen ideale Bedingungen für astronomische Beobachtungen: besonders viele klare, dunkle Nächte mit sehr wenig Lichtverschmutzung und trockene, stabile Luft. Das sorgt für eine ausgezeichnete Sicht in den Nachthimmel und ermöglicht besonders scharfe, detailreiche Aufnahmen.

Gesamten Artikel lesen