Utah: Besuch im größten Tierheim der USA

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In ihrer Mittagspause macht Sierra Stucki Katzen glücklich. Sie setzt sich im Schneidersitz auf den Boden eines sonnendurchfluteten Zimmers in einem der Katzenhäuser des größten Tierheims der USA. Es vergehen keine zehn Sekunden, schon klettern vier Katzenkinder auf ihr herum. Auf Sofas und Kratzbäumen verteilt liegen 15 weitere Katzen. Die meisten dösen vor sich hin, andere spielen mit Stoff-Fetzen oder Bällen. Sierra krault die Tiere, dann schleckt ein getigertes Kätzchen mit seiner rauen Zunge die Hand der jungen Frau ab. »Wer Katzen liebt, ist hier im Paradies«, sagt sie, »wer eine Katzenallergie hat, für den ist es die Hölle.«

Sierra Stucki arbeitet im größten Tierheim der USA

Sierra Stucki arbeitet im größten Tierheim der USA

Foto: Sunny Stroeer / DEIN SPIEGEL

Sierra Stucki hat den ganzen Tag mit Heimtieren zu tun. Sie arbeitet im größten Tierheim der USA. Es heißt »Best Friends Sanctuary«, auf Deutsch etwa: »Zufluchtsstätte für beste Freunde«. Hier leben mehr als 1600 Tiere, die von ihren bisherigen Besitzern ausgesetzt oder abgegeben wurden. Hunde, Katzen, Pferde, Reptilien, eine einäugige Eule, Esel, Hamster, Schweine, Kaninchen, Ziegen. Viele Tiere hat die Polizei sichergestellt, weil Menschen sie vernachlässigt oder gequält hatten. Und Sierra und die 400 anderen Mitarbeitenden von »Best Friends« haben die Aufgabe, neue »Eltern« für die Tierwaisen zu finden, damit die verlassenen Tiere nicht immer im Heim leben müssen.

 Das Gelände des Tierheims in Utah ist riesig

Gassirunde mit Aussicht: Das Gelände des Tierheims in Utah ist riesig

Foto: Molly Wald / Best Friends Animal Society

»Best Friends« liegt im US-Bundesstaat Utah, im Westen der USA. Das Gelände mit Dutzenden Gebäuden ist riesig, es erstreckt sich über 17 Qua­dratkilometer. Zum Vergleich: Das ist 100-mal so viel Fläche wie die des größten deutschen Tierheims in Berlin. Hier in der Wüstenlandschaft verteilen sich Tierkliniken, ein Besucherzentrum, Ställe, ein Tierfriedhof und viele Tierhäuser und Gehege. Die einzelnen Gebäude sind so weit voneinander entfernt, dass man mit dem Auto fahren muss, um sie zu erreichen. Bei »Best Friends« arbeiten nicht nur viele Pfleger und Büroangestellte, sondern auch Bauarbeiter, Lastwagenfahrer, drei Tierärzte, mehrere Tierpsychologen. Es gibt sogar eine Art Fitness-Center mit einem 1500-Liter-Wassertank, in dem Hunde mit verletzten Beinen sanft das Laufen trainieren können.

 Die Pferdekoppel des Tierheims ist von Felsen umgeben

Tolle Landschaft: Die Pferdekoppel des Tierheims ist von Felsen umgeben

Foto: Best Friends Animal Society

Eigentlich arbeitet Sierra im Büro, in der Transportabteilung von »Best Friends«. Sie organisiert, wie Tiere ins Heim gebracht werden – und wie sie zu ihren Adoptiveltern kommen. Doch sie mag Tiere so gern, dass sie sich auch in ihrer Mittagspause lieber bei den Katzen als im Pausenraum aufhält. »Es gibt nichts, was mich mehr entspannt, als hier eine halbe Stunde zu verbringen«, sagt Sierra. »Andere machen Yoga oder Meditation, ich gehe zu den Katzen.« Allein für die Katzen gibt es elf Häuser, manchmal leben bis zu 700 im Tierheim.

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Zu tun gibt es immer etwas im Riesen-Tierheim: Hasen füttern, verletzte oder kranke Tiere pflegen, Hunderte Hunde Gassi führen, Katzenklos reinigen, Besuchern Tiere zeigen, die sie adoptieren können, Zäune oder Gebäude reparieren. Sierras Kollegin Rosalie Wind ist zum Beispiel für 41 Hängebauchschweine zuständig. Sie bringt den Tieren Futter, putzt ihre Ställe, buddelt Löcher für Schlammpfützen oder reibt die Schweine mit Sonnenschutz ein, wenn die Sonne zu stark scheint. Rosalies Lieblingsschwein heißt Willow. »Viele Menschen kaufen sich ein süßes kleines Schweinchen«, sagt Rosalie, »aber, wenn die Tiere erwachsen werden und 50 oder 60 Kilogramm wiegen, wollen ihre Besitzer sie nicht mehr.« So landete auch Schwein Willow vor 13 Jahren im Tierheim. »Ich glaube, Willow wird wohl immer hier bleiben«, sagt Rosalie, »kaum jemand interessiert sich dafür, sie aufzunehmen.« Dann schaut sie Willow an. Willow erwidert den Blick. Rosalie streichelt die Ohren des Tiers. »Wenn die Leute nur wüssten, wie cool und intelligent du bist.«

Allein die Hunde im Heim vertilgen 60 Tonnen Futter jedes Jahr, 230 Kilogramm Streu brauchen die Katzen am Tag, die Hasen fressen 6500 Salatköpfe jährlich. All das – dazu die Gehälter der Pfleger, die Reparaturen der Häuser – kostet viel Geld. »Best Friends« finanziert sich durch Spenden von Tierfreunden oder von Erbschaften, also wenn Menschen ihr Vermögen nach dem Tod dem Tierheim vermachen. Dafür muss die Organisation Werbung machen. Sie veröffentlicht alle zwei Monate eine Zeitschrift, betreibt eine Website, auf der man sich Tiere ansehen kann. 40.000 Tierfans besuchen das Wüsten-Tierheim jedes Jahr. Etwa 2500 Tiere kann »Best Friends« so im Jahr an neue Adoptiveltern vermitteln.

Manche der neuen Besitzer holen die Tiere im Tierheim persönlich ab. Andere möchten ihre neuen Haustiere erst kennenlernen und verbringen ein paar Tage und Nächte mit ihnen in den Gästehäusern von »Best Friends«. Die meisten Menschen suchen sich ihre Tiere auf der Website der Organisation aus. Einmal im Monat steigt Sierra Stucki in einen Lieferwagen und bringt 20 bis 30 Tiere in verschiedene Tierheime an den Heimatorten der neuen Adoptiveltern, wo sie abgeholt werden. Neulich fuhr sie nach San Francisco, einer großen Stadt im Bundesstaat Kalifornien. »Ich wechsle mich mit einer Kollegin beim Fahren ab«, sagt Sierra, »wir fahren dann zwölf Stunden ohne Pause durch.« Wenn sie ankommen, sind die beiden Fahrerinnen sehr erschöpft. »Aber es gibt nichts Befriedigen­deres, als zu sehen, dass unsere Tiere ein neues Zuhause gefunden haben.«

Dieser Artikel erschien in DEIN SPIEGEL 5/2025.

Foto: DEIN SPIEGEL

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