Union und FDP für Abschaffung: Das Heizungsgesetz wird zum Wahlkampfthema

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Jens Spahn poltert geradezu: „Die haben Unsinn gemacht“, sagt der CDU-Politiker über die Ampel-Regierung und knöpft sich vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck vor. „Das Heizungsgesetz werden wir zurücknehmen“, verspricht der CDU-Fraktionsvize und ergänzt: „Es muss eine Frage der Vernunft sein und nicht der Ideologie, welche Heizung man wählt.“

Was Spahn bereits vor einigen Tagen in einem Podcast der „FAZ“ sagte, ist der neue Wahlkampfsound der Union. Dort will man das umstrittenste Ampel-Gesetz, das vorsieht, dass seit Anfang 2024 Heizungen im Neubau zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, im Falle eines Wahlsieges zurückzunehmen. Monatelang hatten SPD, Grüne und FDP im vergangenen Jahr darüber gestritten, nun droht die nächste Heizungsdebatte.

Denn auch die Liberalen distanzieren sich auf einmal vom Gebäudeenergiegesetz (GEG), das sie vor 14 Monaten mitbeschlossen haben: „Dieses Gesetz in der jetzigen Form ist ein Bürokratiemonster, das unsere Gesellschaft wirtschaftlich und finanziell überfordert“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir Sarai am Montag in Berlin.

Doch was Konservative und Liberale genau vorhaben, ist unklar. Man könne 20 Milliarden Euro einsparen, sagte Spahn vage. Das bezieht sich jedoch gar nicht auf das GEG, sondern die BEG – die Bundesförderung für effiziente Gebäude. Dort wird der Einbau von klimafreundlichen Heizungen je nach Einkommen aktuell mit bis zu 70 Prozent gefördert. Darüber hinaus werden dort auch energieeffiziente Gebäudehüllen, Anlagentechnik und Heizungsoptimierungen gefördert.

10.500

Euro teurer könnte die Anschaffung einer klimaneutralen Heizung werden, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

Spahns Rechnung sei falsch, heißt es aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums. Bis zum Jahresende werde man rund 14 Milliarden Euro Förderungen ausgezahlt haben. Darunter würde aber ein großer Teil auf zugesagte Maßnahmen entfallen, die teils noch in der Vorgängerregierung beschlossen worden waren.

Zudem existieren im Ministerium bereits Berechnungen, was die Pläne der Union für die Anschaffung von klimafreundlichen Heizungen bedeuten würden. „Eigenheimbesitzer und Wohnungseigentümer müssten dann bis zu 10.500 Euro mehr für ihre Heizung zahlen“, heißt es aus Ministeriumskreisen. Auch Habeck hatte zuletzt im ARD-Talk „Miosga“ vor den Vorschlägen der CDU gewarnt. „Wenn man den Plänen der Union folgt, werden die Menschen in Deutschland an dieser Stelle ärmer.“

Doch auch in der FDP will man einen radikalen Kurswechsel. „Teil der notwendigen Wirtschaftswende ist es, sich auch bei der Gebäudeenergie von teuren Verboten und deutschen Sonderwegen zu verabschieden“, sagte der energiepolitische Sprecher der Liberalen im Bundestag, Michael Kruse, dem Tagesspiegel. Mit dem Emissionshandel liege „das überragende marktwirtschaftliche Instrument“ längst auf dem Tisch.

Kritik kommt auch von Bauministerin Geywitz

Selbst bei der SPD, die laut Habeck lange gegen eine sozial gestaffelte Förderung war, kommt inzwischen Kritik am GEG. Es sei „zu komplex“, sagte Bauministerin Klara Geywitz vor wenigen Tagen auf dem „Tag der Wohnungswirtschaft“. „Aus meiner Sicht müssen wir dieses Gebäudeenergiegesetz grundsätzlich reformieren und viel, viel einfacher machen“, sagte Geywitz, deren Ministerium neben Habecks Haus jedoch federführend am Gesetz mitgeschrieben hatte.

In der Heizungs-Branche ist man wenig begeistert von der erneuten Debatte. Dort fürchtet man neue Verunsicherung auf der Verbraucherseite. Schon in Folge des Streits um das Heizungsgesetz brach der Absatz von Wärmepumpen ein. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im ersten Halbjahr 2024 ganze 54 Prozent weniger Geräte verbaut. Zahlreiche Unternehmen mussten ihre Angestellten in Kurzarbeit schicken.

Entsprechend besorgt reagiert etwa der Zentralverband für Sanitär, Heizung und Klima (ZVSHK) über die Aussagen von Union und FDP: „Bürgerinnen und Bürger sollten sich von solchen pauschalen Wahlkampfaussagen nicht irritieren lassen“, sagt ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann. Das GEG könne gar nicht abgeschafft werden, erklärt er und verwies auf europäische Vorgaben.

Bramann rät Hausbesitzern, sich die aktuelle Förderung zu sichern. „Das Ziel, klimaneutral im Gebäude zu werden, bleibt, und die Möglichkeiten, hierbei Fördermittel zu erhalten, werden nicht besser werden, als sie jetzt sind.“ Warten ergebe keinen Sinn.

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