Ukrainekrieg: Berichte über russischen Frontdurchbruch in Donezk

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Russland soll laut militärnahen Quellen ein tiefer Vorstoß gelungen sein. Der Ukraine droht der Verlust großer Gebiete, die Asow-Brigade soll die Lage stabilisieren.

12. August 2025, 10:10 Uhr

 Ein russischer Soldat vor einem Raketenwerfer Ende Juli nahe Pokrowsk. In der Region soll Russland ein großer Durchbruch gelungen sein.
Ein russischer Soldat vor einem Raketenwerfer Ende Juli nahe Pokrowsk. In der Region soll Russland ein großer Durchbruch gelungen sein. © Evgeny Biyatov/​Sputnik/​imago images

Im Osten der Ukraine ist Russland laut Berichten ukrainischer Medien, Soldaten und Militärblogger ein tiefer Vorstoß hinter die ukrainischen Linien gelungen. Östlich der seit fast einem Jahr umkämpften Stadt Pokrowsk sollen russische Soldaten mehr als 15 Kilometer weit in nördlicher Richtung vorgestoßen sein und dort die Stadt Dobropilja bedrohen. Im Norden der Region Donezk entspricht der Vorstoß fast der Hälfte der Distanz von der aktuellen Frontlinie bis zur Nordgrenze des Gebiets, das Russland erklärtermaßen vollständig einnehmen will.

Das ukrainische Militär dementierte die Berichte zunächst. Russische sogenannte Aufklärungs- und Sabotagetrupps hätten zwar weit hinter ukrainische Linien kommen können, räumte das für den Frontabschnitt zuständige Militärkommando ein. Aber das bedeute nicht, dass sie diese Gebiete kontrollieren würden. Dazu, dass kleine russische Trupps von wenigen Soldaten hinter die ukrainischen Linien geraten, kommt es in den vergangenen Wochen laut Berichten von Militärbloggern immer häufiger, da viele ukrainische Befestigungen wegen Soldatenmangels nicht oder unzureichend bemannt sind. 

Militärblogger warnen vor drohenden russischen Eroberungen

Das militärnahe ukrainische Analystenteam DeepState berichtete bereits am Sonntag von dem russischen Vorstoß. Demmach soll Russland die Siedlung Solotyj Kolodjasj östlich von Dobropilja eingenommen haben und dort Truppen für weitere Angriffe sammeln. DeepState sprach von größeren Gruppen von Soldaten, die sich in weiteren Dörfern festgesetzt hätten. Ukrainische Medien zitierten zudem zahlreiche Berichte von Soldaten und Offizieren, die die Angaben von DeepState bestätigten. Demnach soll der Frontabschnitt personell besonders unterbesetzt gewesen sein. 

Für die Ukraine ist der Ort des gemutmaßten Frontdurchbruchs gefährlich: Mit dem Vormarsch treibt Russland einen Keil zwischen die Frontabschnitte Pokrowsk und Kostjantyniwka 60 Kilometer weiter östlich. Zudem liegt Dobropillja knapp vor den hintersten ukrainischen Befestigungslinien, sodass zahlreiche vor ihnen liegende Befestigungsanlagen keinen Schutz mehr bieten würden, falls die Angaben stimmen. 

Russische BefestigungsanlagenRussische Kontrolle Vortag seit Kriegsbeginn vor KriegsbeginnZurückerobert Vortag seit Kriegsbeginn Zusätzl. erobertQuelle: Institute for the Study of War, AEI Critical Threats Project

Ein ähnlicher Vorstoß hatte im Frühjahr 2024 nachträglich die Einnahme von Tausenden Quadratkilometern durch Russland ermöglicht und zur Bildung der jetzigen Frontlinie geführt. Damals hatte Russland nach der Eroberung der Frontstadt Awdijiwka nordöstlich von ihr eine schlecht organisierte Rotation ukrainischer Truppen für einen tiefen Vorstoß auf die Siedlung Otscheretyne ausgenutzt. Von dort aus eroberte die russische Armee in den Folgemonaten das Gebiet bis zum südlichen Stadtrand von Pokrowsk. Ein großer Teil des russischen Vormarschs seit vergangenem Sommer geht somit auf den Vorstoß bei Otscheretyne zurück. V0r einem ähnlichen Szenario warnen die ukrainischen Militärblogger auch jetzt.

Das Institute for the Study of War (ISW) teilte in seinem jüngsten Lagebericht mit, es sei noch zu früh, um von einem Durchbruch zu sprechen. Das Szenario sei aber möglich. Das ISW geht davon aus, dass der russische Vorstoß mindestens halb so tief ist, wie es die ukrainischen Militärblogger berichten. 

Asow-Korps soll Lage stabilisieren

Darauf, dass das ukrainische Militär die Lage trotz des Dementis des örtlichen Armeekommandos ernst nimmt, deutet die Entsendung des Asow-Korps in das Gebiet. Der Verband habe "vor wenigen Tagen (…) eine bestimmte Verteidigungslinie" in der Region besetzt, teilte er mit. Das Korps habe den Auftrag, "in einem bestimmten Gebiet gegnerische Kräfte zu blockieren". 

Einem Korps gehören in der Regel Zehntausende Soldaten an. In der Ukraine sind solche Großverbände erst kürzlich eingeführt worden. Das Asow-Korps dürfte daher eher mehrere Tausend Soldaten umfassen. Wie viele von ihnen tatsächlich in Pokrowsk im Einsatz sind, kann daraus nicht abgeleitet werden, da ukrainische Verbände ihre Einheiten häufig breit verteilen.

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