Turnaround geschafft: Der DFB lässt die Krise hinter sich

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Beim DFB scheint die wirtschaftliche Trendwende zum Positiven nachhaltig gelungen. Nach einer angespannten Phase mit Verlusten und einem strukturellen Defizit weist der Verband für 2024 zum zweiten Mal in Folge einen Gewinn aus.

Von solchen Zahlen konnte der größte Sportfachverband der Welt in seinen noch gar nicht so lange zurückliegenden Krisenjahren nur träumen. In seiner Kapitalgesellschaft DFB GmbH & Co. KG hat der DFB im Jahr 2024 nach Pacht und Steuern einen Jahresüberschuss von 43,9 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Umsatz belief sich auf 440,5 Millionen Euro. Das operative Ergebnis der KG wurde damit um knapp 15 Millionen auf 83,6 Millionen Euro gesteigert. 2023 hatte der Umsatz bei 423,4 Millionen Euro gelegen, der Überschuss 34,2 Millionen Euro betragen. Für den gemeinnützigen DFB e.V. liegt der Jahresüberschuss 2024 nach Steuern bei 30 Millionen Euro - eine signifikante Steigerung nach dem Plus von 4,9 Millionen Euro in 2023. Im Jahr 2021 hatte der Verband noch einen Verlust von mehr als 30 Millionen Euro zu verzeichnen, im Folgejahr ein weiteres Minus von immer noch 4,2 Millionen Euro. Demgegenüber ist nun offenkundig der Turnaround geschafft.

"Vor gut drei Jahren wurden wir als neues Präsidium ins Amt gewählt, da hatte der Verband ein strukturelles Defizit von rund 20 Millionen Euro. Das war ein Brett, das hat mich schon erschrocken", blickt Präsident Bernd Neuendorf im Gespräch mit dem kicker zurück. "Die erste Wahlperiode stand deshalb ganz klar im Zeichen von Konsolidierung und Stabilisierung der Finanzen und - nach turbulenten Jahren - des Verbandes insgesamt. Ich denke: Wir haben diese Stabilität in relativ kurzer Zeit erreicht, auch dank der großen Bereitschaft und Mithilfe aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DFB. Das finde ich schon sehr bemerkenswert", betont der Verbandsboss, der beim DFB-Bundestag am 7. November 2025 in Frankfurt am Main erneut kandidieren wird.

Wir wollen wieder Akzente setzen und im Sinne des Fußballs investieren.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf

Schatzmeister Stephan Grunwald erklärt zu den getroffenen Maßnahmen und deren Auswirkungen: "Im ersten Schritt haben wir das Defizit um 10 Millionen Euro dank der Ergebnisse der verbandsintern gebildeten Arbeitskreise reduziert. Am Ende lagen wir da sogar bei 15 Millionen. Die Ergebnisse dieses Konsolidierungsprozesses schlagen 2024 erstmals aufs ganze Jahr betrachtet durch, ebenso der neue Grundlagenvertrag, von dem die Landesverbände stark profitieren. Und das Wachstum aus Sponsoring und Marketing kam hinzu. Wir haben jetzt kein strukturelles Defizit mehr, sondern sind in der Lage, unsere operativen Aufwände durch operative Einnahmen zu bestreiten."

Neuendorf kündigt unterdessen an, sich auf den positiven Resultaten nicht auszuruhen, sondern diese als Basis für gezielte Weiterentwicklung zu verstehen: "In der zweiten Wahlperiode, vorausgesetzt wir werden wiedergewählt, wollen wir die erarbeiteten Möglichkeiten nutzen, um auch wieder Akzente zu setzen und im Sinne des Fußballs zu investieren. Wir wollen ja nicht wiedergewählt werden für das, was wir in den vergangenen vier Jahren geleistet haben. Sondern in erster Linie dafür, was wir in den kommenden vier Jahren bewegen möchten. Den gewonnenen finanziellen Handlungsspielraum wollen wir nutzen. Wir werden die Mittel dabei aber nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilen, sondern klare Prioritäten setzen."

Immobilienverkäufe und positive Sondereffekte durch die EM im eigenen Land

Zurückzuführen ist das positive Ergebnis 2024 auf verschiedene Faktoren. Die Situation begünstigt für den e.V. hat beispielsweise der Verkauf diverser nicht vom DFB selbst genutzter Immobilien in Frankfurt/Main, etwa die ehemalige Verbandszentrale in der Otto-Fleck-Schneise. Der Buchwert der Liegenschaften zum Stichtag 31. Dezember 2024 lag bei rund 1,4 Millionen Euro.

In Sachen Umsatzzuwächse im e.V. sind vor allem die sonstigen betrieblichen Erträge (23,5 Millionen/+19,7 Millionen) sowie der neue Grundlagenvertrag zu nennen. Aus der Verpachtung der Bundesliga-Rechte an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) sind die Einnahmen um 6,7 auf 37,8 Millionen gewachsen. 50 Prozent dieser Verpachtungserlöse, mindestens aber 13 Millionen Euro, reicht der DFB an die Landesverbände weiter. Die größten Wachstumsfaktoren in der Kapitalgesellschaft sind die internationalen Turniere (15,8 Millionen/+13,1 Millionen), das Lizenzgeschäft (17,5 Millionen/+5,4 Millionen) - beides vor allem auf Sondereffekte durch die Männer-EM im eigenen Land zurückzuführen - ebenso wie beispielsweise auch die Fernseh- (182,4 Millionen/+3,5 Millionen) und Sponsoring-Erlöse (165,7 Millionen/+2,4 Millionen).

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Gestiegen auf der Ausgabenseite sind die sonstigen betrieblichen Aufwendungen um 7,5 auf 100,8 Millionen Euro im e.V., zu denen neben den Weiterreichungen an die Landesverbände und andere gemeinnützige Organisationen auch der mit 15,6 Millionen dotierte Punkt "Fremdarbeiten und Beratungsleistungen" zählt. Auch der Personalaufwand ist um 2,4 Millionen auf 27,4 Millionen angewachsen, was ebenfalls mit der EM-Ausrichtung erklärbar ist. Für die Kapitalgesellschaft liegen die beiden genannten Ausgabenwerte bei 54,3 Millionen (Personalaufwand/+8,9 Millionen) und 105,8 Millionen (sonstige betriebliche Aufwendungen/+11,1 Millionen).

100 Millionen Euro kommen als Signing Fee vom künftigen Ausrüster Nike

Entsprechend wächst die freie Rücklage des e.V. inklusive Umschichtungsrücklage von 54,7 auf 85,8 Millionen Euro, das Eigenkapital von 138,9 auf 168,9 Millionen Euro. Zugleich hat der DFB Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten um knapp 2 auf 68 Millionen Euro abgebaut. Die freie Rücklage des Verbandes hatte 2015 noch bei stolzen 124 Millionen Euro gelegen und war vornehmlich aufgrund des Campus-Baus und der Corona-Pandemie zwischenzeitlich (2022) auf 41,5 Millionen Euro zusammengeschmolzen.

Der Bankbestand und die Anlagen der KG wuchsen rasant von 15,6 auf 144,6 Millionen Euro - ausschlaggebend dafür war neben dem guten Jahresergebnis eine Signing Fee von Nike in Höhe von 100 Millionen Euro, die 2024 vorab geflossen ist. Mit deren Hilfe will der DFB Stück für Stück bis 2029 die Darlehen für den Bau des Campus ablösen, wie es das Präsidium im Dezember 2024 auf Vorschlag von Grunwald beschlossen hat. Mit dem US-amerikanischen Sportartikelhersteller schloss der Verband im EM-Jahr einen von 2027 bis 2034 gültigen Ausrüstervertrag. Der kurz vor der Heim-EM kommunizierte, finanziell einträgliche Wechsel weg vom jahrzehntelangen Partner Adidas sorgte seinerzeit für heftige Kritik auch aus der Politik.

Die Dynamik ist gerade unser Freund."

Holger Blask, Vorsitzender der Geschäftsführung

Holger Blask, Vorsitzender der Geschäftsführung der DFB GmbH und Co. KG, bilanziert: "Wir sind in den Hauptsäulen Medienrechte und insbesondere auch im Sponsoring- und Partnerbereich erheblich gewachsen. 2024 kamen weitere positive Effekte hinzu dank der EM im eigenen Land inklusive sportlichem Erfolg. Und das wirkt sich natürlich auch aus auf Gespräche über Verlängerungen mit aktuellen Partnern, die wir derzeit führen. Die Dynamik ist da gerade unser Freund."

Nach der Trennung von Infront kümmert sich die 100-prozentige Tochter des DFB e.V. selbst um die meisten Vermarktungsgeschäfte. "Das Vertrauen, das wir insbesondere vom Aufsichtsrat bekommen haben, auch nach der Trennung vom Vermarktungspartner die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und dafür auch in Strukturen und Personal zu investieren, hat sich ausgezahlt", bekräftigt Blask.

Die Anschubfinanzierung des Frauenfußballs trägt ebenfalls Früchte. "Wie Investitionen in den Frauenfußball funktionieren können, hat sich beim Pokal gezeigt, vor allem in der gemeinsamen Kraftanstrengung mit Sky. Als die Spiele ab dem Viertelfinale live übertragen wurden, war dann auch das Finale in Köln erstmals ausverkauft. Das ist kein Zufall. Der Wettbewerb ist sichtbarer geworden - und damit relevanter. Logischerweise auch unter Vermarktungsaspekten", so Blask.

Mehrere Verfahren anhängig, die Steuerrückstellungen wachsen stark an

20,6 Mio. Euro entrichtet der e.V. an Steuern, die KG knapp 12 Millionen Euro. Anhängig sind aktuell allerdings auch noch laufende Verfahren, etwa zur Gemeinnützigkeit der Jahre 2014 und 2015, für die der DFB 30,9 Millionen an Rückstellungen bilden musste. Die steuerbedingten Rückstellungen wuchsen insgesamt um 8,7 Millionen auf 55 Millionen Euro an.

Durch das Verfahren im Sommermärchen-Skandal könnte der Verband eine üppige Rückerstattung erhalten. Dazu klagt der DFB vor dem Hessischen Finanzgericht in Kassel. Das Finanzgericht ist jedoch nicht an das Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt von diesem Mittwoch gebunden.

Das LG hatte den Verband wegen Steuerhinterziehung im Jahr 2006 zu einer Vereinsbuße von 110.000 Euro verurteilt. Der DFB erwägt, Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einzulegen. Nachdem in Frankfurt zu Prozessbeginn vor 14 Monaten von einer Steuerverkürzung von 13,7 Millionen die Rede war, sind in dem Urteil "nur" noch 2.726.914,15 Euro festgestellt. Zugleich besteht kein Zweifel mehr darüber, dass es sich um eine Betriebsausgabe handelte. Nach Auffassung des Gerichts hätte diese allerdings bereits in den Vorjahren geltend gemacht werden müssen.

Thiemo Müller, Michael Ebert, Benni Hofmann

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