Die Meister der Mittelrheinliga hatten in den vergangenen Jahren in der Regionalliga West ein schweres Leben. Der Bonner SC will es besser hinbekommen und darf trotz extrem kurzer Pause aus mehreren Gründen Mut schöpfen.

Hat beim Bonner SC eine erfolgreiche Einheit geformt: Trainer Sascha Glatzel (schwarzes Shirt) Bonner SC
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Im dritten Anlauf hat es geklappt. Als einziger Aufstiegsbewerber in der Mittelrheinliga machte der Bonner SC die Regionalliga-Rückkehr perfekt. Anfang Mai, wohlgemerkt. Als am viertletzten Spieltag auch Platz 1 besiegelt war, schickte man die ersten Stammkräfte in den Urlaub. Denn zwischen dem letzten Saisonakt und dem Vorbereitungsstart lagen nur acht Tage. "Die Terminierung war eine Farce", so Trainer Sascha Glatzel.
Nun richtet sich der Blick aber nach vorn: Anders als seine mittelrheinischen Vorgänger Hohkeppel und Wegberg-Beeck will der BSC den direkten Wiederabstieg verhindern. Fünf Mutmacher.
Die Fans
Nicht nur in sportlicher Hinsicht war der Bonner SC in der Mittelrheinliga eine Klasse für sich. Auch im Zuschauerranking hatte man klar die Nase vorn: Über 1000 Fans besuchten im Schnitt die Heimpartien, in der letzten gegen Merten waren es sogar 2086. Sportdirektor Daniel Zillken spricht von einem "einzigartigen Support. Der Sportpark Nord kann eine unglaubliche Wucht entfalten". Eine Wucht, die laut Trainer Glatzel "den Unterschied machen kann. Der Heimvorteil muss sogar ein Faktor sein, um in dieser Liga bestehen zu können".
Der Trainer
47 Liga-Partien, zwei Niederlagen - so lautet Glatzels Bilanz seit seinem Amtsantritt im Oktober 2023. Obwohl er in seiner Premieren-Saison keine einzige Partie verlor, wurde der BSC am Ende nur Dritter. Im zweiten Anlauf folgte nun der ersehnte Aufstieg. Bereits in der Spielzeit 2022/23 hatte er den FC Hennef 05 zur Mittelrheinliga-Meisterschaft geführt, doch der Verein verzichtete auf den Sprung nach oben. Zillken betont: "Nicht nur der BSC gehört in die Regionalliga, sondern auch Sascha." Lediglich als Co-Trainer von Viktoria Köln sammelte Glatzel bereits Erfahrung in der besagten Spielklasse (2015/16): "Ich beschäftige mich aber schon seit Januar quasi täglich mit der Regionalliga." Auch wegen stundenlanger Videostudiums bezeichnet Zillken den Coach als "besessen. Auch Saschas Handschrift ist klar zu erkennen: Die Jungs rennen bis zum Umfallen und treten als Einheit auf".
Die Zugänge
Laut Zillken hatte der BSC einen "herausragenden Mittelrheinliga-Kader. Aber uns war klar, dass wir im Falle eines Aufstiegs etwas tun müssen". Entsprechend habe man acht Akteure ziehen lassen, darunter auch "Härtefälle" wie Hamza Salman (27) oder Marc Brasnic (28). Im Gegenzug setzte man bei den bisherigen sechs Zugängen auf Kopfballstärke, Physis und Geschwindigkeit. "Wir werden weniger Ballbesitz haben - und dafür mehr Umschaltmomente", erklärt Glatzel. Während man mit Clinton Williams-Emmanuel (23/FC Pesch) und Marzouk Kotya-Fofana (20/TuS Königsdorf) zwei wuchtige Angreifer aus der Mittelrheinliga holte, kommt ein Trio vom 1. FC Düren. Abwehr-Hüne Petar Lela (31), Stürmer Yannik Schlößer (23) und Defensiv-Allrounder Julijan Popovic (25) bringen ebenso reichlich Regionalliga-Erfahrung mit wie Mittelfeldmotor Tobias Peitz (26/FSV Frankfurt). Allein Lela verbuchte bereits 198 Einsätze auf diesem Niveau.
Die Aufstiegshelden
Nicht zuletzt die zentrale Achse um Torwart Kevin Birk, Innenverteidiger Massaman Keita und 25-Tore-Mann Serhat Koruk ist geblieben. Die Flügelzange um Markus Wipperfürth und Adis Omerbasic kennt die Regionalliga zudem aus dem Effeff. Selbst bisherigen Ergänzungsspielern wie Jonas Berg traut Glatzel eine gute Rolle zu: "Seine Sprint-Qualitäten werden in der Regionalliga besser zum Tragen kommen, weil es mehr Raum zum Kontern gibt." Grundsätzlich hätten alle Dagebliebenen "das Zeug für die Regionalliga. Wir hatten schließlich keinen Kaderplatz zu verschenken".
Die Demut
Der BSC hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. "Finanzielle Experimente wird es nicht mehr geben", sagt Zillken. Seit seiner Ankunft in Bonn 2014 (zunächst als Trainer) habe er "nur mit seriösen Menschen zusammengearbeitet. Der Verein gibt kein Geld aus, das nicht da ist". Die Zeiten, in denen der damalige Mäzen Hans Viol mit der Verpflichtung von 15 kubanischen Nationalspielern für Schlagzeilen sorgte (1999) oder ein Schuldenberg den BSC zu einem Neustart in der Landesliga zwang (2011), sind längst passé. Heute setzt man auf etwa 120 Partner um die steep GmbH als Hauptsponsor. "Klar birgt der Standort noch mehr Potenzial", sagt Zillken wohl auch mit Blick auf den Basketball-Erstligisten Telekom Baskets Bonn. "Aber die Richtung stimmt." Im ligainternen Etat-Vergleich befinde man sich "im unteren Drittel. Noch gibt es also keinen Grund für Kampfansagen". Auch Glatzel räumt ein: "Für unsere Historie als Bundeshauptstadt und Zweitligist können wir uns nichts kaufen. Für uns zählt nur die Gegenwart." Eine Gegenwart, in der die "Feierabendfußballer" aus Bonn die Liga halten wollen.
Tim Miebach