Spyware-Attacke gegen WhatsApp: NSO Group will neue Verhandlung

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Das israelische Tech-Unternehmen NSO Group Technologies, das Anfang Mai zur Zahlung von etwas mehr als 167 Millionen US-Dollar Schadenersatz an WhatsApp verurteilt worden ist, möchte, dass die verhängte Strafsumme reduziert oder das Verfahren neu angesetzt wird. In der vergangenen Woche reichte der Hersteller der Überwachungssoftware "Pegasus" einen entsprechenden Antrag beim Bezirksgericht der Vereinigten Staaten für den nördlichen Bezirk von Kalifornien in Oakland ein (Az. 19-CV-07123).

Der WhatsApp zuerkannte Schadensersatz in Höhe von 167.254.000 US-Dollar übersteige die von dem Messengerdienst in dem Verfahren geltend gemachten Schäden in Höhe von 444.719 US-Dollar um "etwas mehr als das 376-fache", so NSO Group in dem Antrag. Der Schiedsspruch der Geschworenen verstoße damit "in ungeheuerlicher Weise gegen die prozessualen Beschränkungen für die Höhe des Strafschadensersatzes". NSO Group bezeichnete die Höhe des zuerkannten Schadensersatzes als "verfassungswidrig überhöht"; das Urteil spiegele "eindeutig die Berücksichtigung rechtlich unzulässiger Faktoren durch die Jury wider". "Der Neunte Bundesberufungsgerichtshof hat 'Schadensersatz auf ein Verhältnis von 4 zu 1 begrenzt, wenn ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch ein nicht besonders ungeheuerliches Verhalten entstanden ist', was hier der Fall ist", argumentiert NSO Group.

Auch sei der Schiedsspruch "rechtswidrig, weil er den unzulässigen Wunsch widerspiegelt, NSO aus allgemeiner Feindseligkeit gegenüber seinen geschäftlichen Aktivitäten in den Bankrott zu treiben". Der zugesprochene Schadensersatzbetrag übersteige "die Zahlungsfähigkeit von NSO bei weitem" und widerspiegele "ein unangemessenes Bestrafungsinteresse von NSO", heißt es in dem Antrag. Bereits während des Gerichtsverfahrens hatte die NSO Group argumentiert, dass sie sich in einer schwierigen finanziellen Lage befindet.

Der Rechtsstreit beschäftigt die Gerichte seit einigen Jahren. Der zum Meta-Konzern gehörende Messengerdienst WhatsApp warf in einer im Oktober 2019 eingereichten Klage NSO Group vor, bei der Installation der Spionagesoftware Pegasus gegen verschiedene Gesetze verstoßen zu haben. So soll NSO Group Anfang 2019 unrechtmäßig auf WhatsApp-Server zugegriffen und dadurch die Überwachung von rund 1.400 Personen, darunter Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, ermöglicht haben. NSO Group argumentierte, dass es im Auftrag nicht genannter ausländischer Regierungen arbeitet, und die Pegasus-Software Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste bei der Verbrechensbekämpfung und dem Schutz der nationalen Sicherheit unterstützt und dabei helfen soll, Terroristen, Pädophile und Schwerverbrecher dingfest zu machen.

Im Jahr 2020 lehnte ein Richter den Antrag von NSO Group auf eine Form der Immunität ab. Gegen diese Entscheidung legte das israelische Unternehmen Berufung ein. Doch das in San Francisco ansässige und oben bereits erwähnte 9. Berufungsgericht der Vereinigten Staaten bestätigte im Jahr 2021 die Entscheidung. Anfang 2023 wiesen schließlich die Richter des Supreme Court die Berufung von NSO Group zurück. In dieser hatte das Unternehmen argumentiert, es sei immun gegen eine Klage, weil es bei der Installation der Spionagesoftware als Agent für nicht identifizierte ausländische Regierungen gehandelt habe. In der Tat haben zahlreiche Regierungen weltweit die Pegasus-Spyware in den vergangenen Jahren zur politischen Überwachung genutzt.

Der Fall landete schließlich vor dem US-Bezirksgericht für den nördlichen Bezirk von Kalifornien. Ende Februar 2024 entschied die zuständige Richterin, dass NSO Group den Quellcode der Pegasus-Spyware herausrücken muss. Kurz vor dem Jahreswechsel gab das Gericht schließlich dem Antrag von WhatsApp statt. Anfang Mai sprach eine Geschworenenjury dem Messenger des US-Konzerns Meta schließlich mehr als 167 Millionen US-Dollar Schadenersatz zu.

Nach dem jetzigen Antrag auf Zurückweisung oder Neuanordnung des Verfahrens durch NSO erklärte eine WhatsApp-Sprecherin gegenüber dem US-Tech-Portal TechCrunch, dass WhatsApp den Fall weiterverfolgen wird. "In den vergangenen sechs Jahren hat NSO versucht, sich bei jeder Gelegenheit der Verantwortung zu entziehen. Dies ist ein weiterer zu erwartender Versuch, Straffreiheit zu beanspruchen, als Reaktion auf ein deutliches Zeichen der Jury von US-Bürgern, die beschlossen haben, NSO für seinen illegalen Angriff auf ein US-amerikanisches Unternehmen und seine Nutzer im Jahr 2019 zu bestrafen", sagte Margarita Franklin. "Wir werden dem Gericht antworten, während wir weiterhin eine dauerhafte einstweilige Verfügung gegen NSO anstreben, um zu verhindern, dass diese Spyware-Firma WhatsApp und unsere Nutzer jemals wieder ins Visier nimmt."

(akn)

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