Rundfunkgebühren: Österreichs Haushaltsabgabe ist verfassungskonform

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Erst zum zweiten Mal in der Geschichte hat der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein Massenverfahren durchführen müssen. Grund waren zahlreiche Beschwerden gegen die Anfang 2024 eingeführte "Haushaltsabgabe" zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen ORF (Österreichischer Rundfunk). Genutzt haben sie nichts: Der VfGH weist alle Beschwerden ab; sowohl Haushalte als auch Betriebe müssen im vorgesehenen Umfang bezahlen, weil die Monatspauschale nicht verfassungswidrig ist. Damit ist der Instanzenzug ausgeschöpft.

In Österreich müssen seit Anfang 2024 alle Haushalte mit wenigstens einem Hauptwohnsitz eines Erwachsenen sowie alle kommunalsteuerpflichtigen Betriebe Rundfunkgebühren bezahlen. Das Geld fließt an den öffentlich-rechtlichen ORF, selbst wenn die Zahler keine Geräte haben, mit denen sie ORF-Inhalte nutzen könnten. Zahlreiche Österreicher hielten diese "Haushaltsabgabe" für verfassungswidrig und haben Bescheide erwirkt, gegen die sie vor das Bundesverwaltungsgericht und schließlich den VfGH ziehen konnten. Insbesondere haben sie mit dem Gleichheitsgrundsatz der österreichischen Verfassung argumentiert. Dieser sieht vereinfacht ausgedrückt vor, dass der Gesetzgeber gleiche Sachverhalte gleich zu regeln hat, aber auch, dass er ungleiche Sachverhalte unterschiedlich zu regeln hat.

Zunächst stellt der VfGH fest, dass es sich um keine Abgabe im rechtlichen Sinne, sondern um eine "erhobene Geldleistung" handelt, die direkt an eine öffentlich-rechtliche Stiftung, den ORF fließt. Damit greifen die Kompetenzregeln des Finanzverfassungsrechts nicht. Auch die Tatsache, dass Betriebe zahlen müssen, selbst wenn die Betriebsangehörigen dort gerade keine ORF-Inhalte konsumieren dürfen und können, ist zulässig: Es reicht, dass Unternehmer "betriebsspezifisches Interesse an Information haben können". Nur wenn sie "Aufgaben finanzieren müssen, die unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt in ihrem Interesse liegen (können)", wäre die Belastung unzulässig.

Vergleichbares gilt für Haushalte: "Auch ohne eine Empfangseinrichtung besteht für den Beitragspflichtigen eine reale Möglichkeit, die öffentliche Leistung zu nutzen, weil eine solche in der Regel (…) durch einen geringen Aufwand seitens des Beitragspflichtigen technisch hergestellt werden kann." Der Gleichheitsgrundsatz verlange keine Bindung der Beitragspflicht "an die Innehabung einer technischen Möglichkeit zum Empfang von Rundfunkprogrammen". Dies verletze auch nicht das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

Sind in einem Haushalt mehrere Erwachsene gemeldet, sucht sich die mit der Einhebung der Beiträge betraute ORF-Beitrags Service GmbH (OBS, früher GIS Gebühren Info Service GmbH) willkürlich einen Erwachsenen heraus. Auch das ist erlaubt, schließlich haften die erwachsenen Haushaltsmitglieder gesamtschuldnerisch. In solchen Fällen dürfen sich Gläubiger frei aussuchen, wen sie belangen. Theoretisch können sich die Zahler dann bei ihren Mitschuldnern anteilig regressieren.

Umgekehrt führt dies dazu, dass kleine Haushalte pro Kopf deutlich mehr zahlen müssen, als große Haushalte. Das ficht den VfGH ebenso wenig an, wie der Umstand, dass die Belastung für Arme viel höher ist als für Reiche: "Dass hiebei die Beitragslast je Person je nach Haushaltsgröße variiert, vermag die Sachlichkeit der Regelung schon in Anbetracht der Höhe des ORF-Beitrags nicht in Frage zu stellen."

Die OBS darf sich aus dem Melderegister, dem Vereinsregister, dem Firmenbuch, der Transparenzdatenbank, dem Gewerbeinformationssystem Austria, dem Unternehmensregister und allen Kommunalsteuererklärungen Daten holen. Zudem darf sie gegebenenfalls Schuldnerdaten an Inkassounternehmen weitergeben. Doch all das sei entgegen vorgebrachter Argumente keine Verletzung des Rechts auf Datenschutz, erkennt der VfGH. Die Datenweitergabe sei erstens rechtlich so geregelt. Zweitens seien diese Regelungen zur Erreichung des Zieles des Kassierens der ORF-Gebühren geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Kurzen Prozess macht der VfGH mit der Behauptung, die ORF-Gebühr würde das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf freien Empfang von Informationen einschränken. Es sei "nicht zu erkennen, dass die Verpflichtung zur Entrichtung des ORF-Beitrags den Einzelnen in seinen durch Art. 10 EMRK gewährleisteten Rechten verletzte, ohne Zwang selbstbestimmt zu entscheiden, welche Medien er unterstütze."

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