Beim Kauf von US-Militärgerät warnen einige Experten inzwischen vor einer Abhängigkeit von Washington. Um die in Europa steigende Nachfrage bedienen zu können, denkt der Chef des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, dennoch zumindest darüber nach, auf Produktionskapazitäten in den USA zurückgreifen.
»Wenn wir die Produktion in den USA ausbauen, ist es möglich, dass wir in unseren US-Werken beispielsweise auch Komponenten für unser Gefechtsfahrzeug Lynx fertigen, das in Europa bestellt wurde«, sagte Papperger dem »Handelsblatt«.
Diese Aussage ist bemerkenswert, hatten sich die USA sicherheitspolitisch doch zuletzt etwas von Europa entfernt. Das Land gilt angesichts der von der Regierung Donald Trump erlassenen Zölle und Exportbeschränkungen derzeit vielen zudem nicht mehr als zuverlässiger Handelspartner.
Rheinmetall jedenfalls arbeitet auch diesseits des Atlantiks an einer Ausweitung der Produktion. »Wir haben in Europa zehn Werke, die wir derzeit verdoppeln oder komplett neu bauen«, sagte Papperger.
Hintergrund ist die derzeit riesige Nachfrage nach Rüstungsgütern in Deutschland und Europa. »Das Budget in Europa kann bis zum Jahr 2030 auf eine Billion Euro wachsen«, sagte Papperger der Zeitung. Etwa 50 Prozent davon würden in Investitionen fließen. Papperger rechnet mit einer hohen Beteiligung. »Weil Bedarf und Budget in Deutschland größer sein werden als in anderen Ländern, rechnen wir mit einem künftigen Anteil von 25 Prozent.«
Weitere Bestellungen bei Flugabwehr erwartet
Die wohl künftige Bundesregierung unter dem designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat staatliche Investitionen in Rüstungsgüter weitgehend von der Schuldenbremse entkoppelt. Die Europäische Union wiederum plant bis 2030 rund 800 Milliarden Euro in die Verteidigungsindustrie zu investieren. Besonders im Fokus stehen dabei unter anderem auch Flugabwehrsysteme.
»Ich erwarte, dass wir in den nächsten zehn Jahren weit über 1000 Skyranger bauen werden«, sagte Papperger dem »Handelsblatt«. Deutschland hatte im Rahmen des Sondervermögens lediglich 18 Stück von Rheinmetalls Flugabwehrsystem Skyranger bestellt. »Ich gehe davon aus, dass Deutschland für Grenz-, Konvoisicherung und ähnliches zwischen 200 und 300 braucht.«
Auch in anderen Bereichen erweitert Rheinmetall seine Fertigung. Im neuen Artilleriewerk am Standort Unterlüß in Niedersachsen will der Düsseldorfer Konzern künftig mehr Granaten des Kalibers 155 Millimeter produzieren als ursprünglich geplant. »Wir haben noch während des Baus zusätzliche Maschinen ins Werk gestellt. Statt 200.000 Geschosse werden wir in der Lage sein, dort bis zu 350.000 Artilleriegeschosse zu fertigen«, sagte Papperger. Unterlüß werde damit das zweitgrößte Artilleriewerk in Europa – neben einem Werk in Spanien, wo 450.000 Granaten im Jahr produziert werden sollen. In Summe wird der Rüstungskonzern in Unterlüß nach eigenen Angaben rund 600 Millionen Euro investieren.