Der Haushalt der neuen Bundesregierung wird der deutschen Wirtschaft schnell einen ordentlichen Schub verleihen. Mittelfristig hilft die Finanzplanung dem Wachstum aber kaum. Das ist problematisch, weil die hohen Schulden die Zinslast stark steigen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt die Denkfabrik Dezernat Zukunft. Sie hat die Folgen des neuen Etats und der Finanzplanung bis 2029 für die Wirtschaft durchgerechnet. Der Report liegt der Süddeutschen Zeitung vor.
Die Wirtschaft könnte demnach in diesem und im kommenden Jahr stärker wachsen als zuvor gedacht. Die Ökonomen der Denkfabrik erwarten nun ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent 2025 und 1,9 Prozent 2026. Zum Vergleich: Das Münchner Ifo-Institut hat kurz vor der Haushaltseinigung ein Wachstum von 0,3 Prozent für dieses und 1,5 Prozent für kommendes Jahr geschätzt. Dass ihre Schätzungen jetzt höher ausfallen, sagt die Berliner Denkfabrik, ist ein Verdienst der schwarz-roten Regierung. „Der Haushalt kann die Konjunktur spürbar beleben“, sagt Florian Schuster-Johnson vom Dezernat Zukunft.
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat diese Woche den Haushalt für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 vorgestellt. Die Ökonomen der Denkfabrik haben die drei größten finanzpolitischen Neuerungen darin analysiert. Das sind das kreditfinanzierte Sondervermögen Infrastruktur, die rasant steigenden und ebenfalls schuldenfinanzierten Verteidigungsausgaben sowie der sogenannte Investitionsbooster. Die Regierung meint damit schnellere Abschreibungen und eine künftige Senkung der Körperschaftsteuer.
Mittelfristig reichen die Milliardenschulden allein nicht, damit Deutschland wieder stärker wächst
Alle drei Projekte werden von Klingbeil groß gefeiert. Für die Konjunktur zählt allerdings fast nur das Sondervermögen, zeigen die Rechnungen der Denkfabrik. Die schuldenfinanzierten Staatsausgaben schieben die Wirtschaft spürbar an. Die zusätzlichen Ausgaben für die Bundeswehr haben deutlich weniger Folgen für die Konjunktur. Und der „Investitionsbooster“ mache so gut wie nichts aus, sagt Ökonom Schuster-Johnson. Trotzdem kam Schwarz-Rot den Bundesländern finanziell weit entgegen, um ihre Zustimmung für den „Investitionsbooster“ zu bekommen. Dieses Geld fehlt jetzt anderswo.
Im Vergleich zum kurzfristigen Effekt enttäuscht die mittelfristige Perspektive. Die ist allerdings besonders wichtig, weil die Zinsen des Bundes sich bis 2029 auf rund 62 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Wächst die Wirtschaft stark, steigen auch die Steuereinnahmen und die höheren Zinsen für die Rekordkredite können leichter bezahlt werden. Schwächelt die Wirtschaft, drückt die Last der Zinsen dagegen umso schwerer. Ob Klingbeils Schuldenwette aufgeht, entscheidet sich in diesem Punkt.
Wie stark eine Volkswirtschaft mittelfristig wächst, schätzen Ökonomen über das sogenannte Potenzialwachstum. Trotz der wuchtigen Investitionen legt dies laut Dezernat Zukunft allerdings nur um 0,2 Prozentpunkte zu. „Das ist nicht nichts, aber weniger als die Regierung sich vorgenommen hat“, sagt Schuster-Johnson.
Mittelfristig reichen die Milliardenschulden also nicht, damit Deutschland wieder deutlich stärker wächst, zeigt die Analyse der Denkfabrik – die grundsätzlich bei schuldenfinanzierten Staatsausgaben nicht ängstlich ist. Schuster-Johnson zieht aus diesem Ergebnis den Schluss, dass Schwarz-Rot mit weiteren Reformen nachlegen muss. Schafft es die Regierung, dass mehr Frauen, Arbeitslose, Rentner und Zuwanderer arbeiten, würde die Wirtschaftsleistung mittelfristig viel stärker profitieren. „Wenn die Regierung das Potenzialwachstum erhöhen will, muss sie an den Arbeitsmarkt rangehen“, sagt Schuster-Johnson. „Da kann man sich nicht herausinvestieren.“